Veranstaltet das Stradivari-Fest in leicht veränderter Besetzung zum sechsten Mal: Stradivari-Quartett. Bild: Denise Gerth
Veranstaltet das Stradivari-Fest in leicht veränderter Besetzung zum sechsten Mal: Stradivari-Quartett. Bild: Denise Gerth

Musik

Corona steigert in Konzerten die absolute Ruhe und die Aufmerksamkeit

Hinreissende Mendelssohn- und Beethoven-Interpretationen zum Auftakt des Stradivari-Fests in Gersau.

Wenn man im Internet nachsieht, wo es nach der langen Pause wieder Konzerte in der Schweiz gibt, findet man vor allem viele abgesagte Festivals. Umso schöner, dass sich Veranstalter trotz der Auflagen entschlossen haben, wieder Livekonzerte zu wagen. So fanden letztes Wochenende die Rigi- Musiktage mit ausverkauften Konzerten statt, und nun startete das Stradivari-Fest Gersau. Im August gibt es das Seeklang- Festival in Hergiswil, und auch die «Zwischentöne» in Engelberg werden im Herbst stattfinden. Man merkt es in allen Konzerten, wie sehr Publikum und Musiker einander vermisst haben. Und die speziellen Orte auf dem Berg oder am See haben ihren besonderen Reiz. Wenn das Wetter dann auch noch mitspielt und die Künstler wie im Höhenflug musizieren, dann ist es perfekt.

Viele Masken in Schwarz und Gold


So war es im Eröffnungskonzert am Mittwochabend im Mythensaal des Hotels Waldstätterhof in Brunnen. Der Saal war bis in die letzten Reihen gefüllt – natürlich mit Abständen. Etwa die Hälfte der Besucher trug Masken in allen Farben. Besonders viele aber in Schwarz mit Gold. Das Stradivari-Quartett hatte extra Masken anfertigen lassen, die man beim Einlass erwerben konnte. Auf die Frage an die Musiker nach dem Konzert, ob das nicht merkwürdig sei, in so viele halbbedeckte Gesichter zu sehen, sagten sie: «Nein, eigentlich nicht. Aber dass gar niemand gehustet hat, das war besonders eindrucksvoll.» Es stimmt: Aufmerksamkeit und absolute Ruhe im Publikum waren auffallend. Ein besonderer Nebeneffekt von Corona? Es lag aber vor allem an dem unglaublich intensiven Musizieren des Stradivari-Quartetts. Das Stradivari-Fest Gersau findet zum sechsten Mal statt, im Quartett aber gab es einen Wechsel. Der zweite Geiger, Sebastian Bohren, hat das Quartett verlassen, wird aber in grösseren Besetzungen immer wieder dazu kommen (so am Sonntag im Abschlusskonzert an der Bratsche). Maya Kadosh nimmt nun seinen Platz ein. Es ist, als habe sie schon immer in diesem Quartett mitgespielt. Das überraschte und beglückte nicht nur das Publikum, sondern auch die Musiker selbst. Und das merkte man ihrem Spiel deutlich an. Felix Mendelssohn-Bartholdy komponierte das Streichquartett a-Moll, op. 13, im Alter von 18 Jahren. Diesen jugendlichen Elan, der sich mit hörbaren Bezügen auf Beethoven in vielerlei Klangfarben durch das Werk zieht, übernahm das Stradivari-Quartett vollendet. Vom elegischen Anfang bis in stürmische Läufe und Dissonanzen, von melancholischen Liedthemen in elfenhaft schwirrende Pizzicati. In die Musik hinein hörte man starken Regenguss von draussen – auch solches gehört zu den Festivals an See und Berg. Im Streichquartett in e-Moll, op. 59, 2, von Beethoven war der Regen wieder vorbei, sodass die Atempausen, nach denen die Musik wie von neuem beginnt, ihre Kraft entfalten konnten.

Helle Begeisterung beim Publikum


Das beseelte Spiel von Xiaoming Wang, das bis in höchste Töne samtig leuchtet, verband sich stimmungsvoll mit dem warmen Klang von Maya Kadoshs Violine. Mit Lech Antonio Uszynskis dunkelschmelzendem Bratschentimbre und Maja Webers fein ausbalancierten Cellokantilenen begeisterten sie das Publikum. Als Zugabe erklang der «Gersauer Ländler», alpenländisch gespielt von den Musikern, die aus China, Israel, Frankreich, Polen und der Schweiz zusammengefunden haben.

Bote der Urschweiz / Gerda Neunhoeffer

Autor

Bote der Urschweiz

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Kategorie

  • Musik

Publiziert am

24.07.2020

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