Dies & Das
Geschichte des Kantons neu geschrieben
Der historischeVerein des Kantons Schwyz tagte gestern in Gersau. Höhepunkt des nächsten Jahres ist die Veröffentlichung der siebenbändigen Kantonsgeschichte, die neue und überraschende Einblicke in die Entstehung des Kantons gibt.
Über 100 Personen fanden sich im «Schwert» in Gersau zur traditionell an Mariä Himmelfahrt stattfindenden Generalversammlung des 1605 Miglieder umfassenden «historischen Vereins des Kantons Schwyz» ein. Viel war dabei auch vom «Sonderfall Gersau» die Rede, dieses Talkessels mit seiner ganz speziellen Geschichte.
Referat über altfrye Republik
Albert Müller, der versierteste Kenner dieser Materie, hielt am Schluss der Versammlung ein interessantes Referat zum Werdegang der «altfryen Republik». Die Unabhängigkeit begann 1359 mit der Aufnahme in den Bund der vier Waldstätte und wurde 1390 mit dem Loskauf von der Vogtei besiegelt. Sie endete 1817 mit einem Beschluss der Tagsatzung, der Gersau dem Kanton Schwyz einverleibte – «mit der löblichen Stimmenthaltung des Standes Schwyz», wie Albert Müller schmunzelnd anfügte.
Spannende Kantonsgeschichte
Für den «historischen Verein» von grosser Tragweite wird der 22. Oktober 2011 sein: Dann wird die sieben Bände umfassende, neu geschriebene Kantonsgeschichte veröffentlicht. Sie ist eine Sicht zurück aus heutiger Deutung und unter Berücksichtigung der neuesten Erkenntnisse. Das «Jahrhundertprojekt » werde «neue Aspekte enthalten und einige Kapitel neu beleuchten, die anders klingen, als das, was wir bisher hörten», sagte der verantwortliche Redaktor Andreas Meyerhans. Das umfangreiche, von 40 verschiedenen Autoren geschriebene Werk hat ein Budget von 3,25 Mio. Franken und kann nur dank der grosszügigen Unterstützung durch den Lotteriefonds des Kantons und der Schwyzer Kantonalbank verwirklicht werden.
Michel als Präsident bestätigt
Der «Historische Verein des Kantons Schwyz» ist sehr aktiv, dank etlicher Mitglieder, die sich für die Geschichte unserer Region engagieren. Einer, der die Geschicke prägte, trat gestern nach 24-jähriger Vorstandstätigkeit aus dem Leitungsgremium zurück: Erwin Horat war seit 1991 verantwortlich für die «Mitteilungen», in denen jährlich wichtigeneue Forschungsergebnisse publiziert werden. «Ohne ihn wären wir nicht da, wo wir heute sind», sagte Vereinspräsident Kaspar Michel. Sein Nachfolger im Vorstand und verantwortlich für die «Mitteilungen » ist Ralf Jakober, wissenschaftlicher Archivar des Staatsarchivs. Linus Lienert trat als Vertreter des Bezirks Einsiedeln zurück und wurde durch Susanne Bingisser ersetzt. Die übrigen Vorstandsmitglieder wurden für drei weitere Jahre im Amt bestätigt, darunter auch Kaspar Michel als Präsident.
Kritik am Geschichtsunterricht
Der leidenschaftliche Höfner Historiker und Pädagoge Werner Röllin kritisierte am Schluss des offiziellenTeils der GV die Lehrpläne an unseren Schulen, bei denen das Fach «Geschichte » weitgehend ausgeklammert werde. Es finde «kein systematischer Geschichtsunterricht» mehr statt, der nun im Fach «Mensch und Umwelt» angesiedelt sei. Dieses gleiche einem «russischen Salat». Die Folge sei, dass die Jugend heute fast nichts mehr von der Schweizer und Schwyzer Geschichte verstehe. Auch das aktuelle Lehrmittel sei «sehr dürftig», denn «die Region Ausserschwyz geht dabei vergessen», sagte Röllin. Er forderte den Vorstand auf, mit der Leitung der Pädagogischen Hochschule in Goldau das Gespräch zu suchen, denn diese sei offen für das Anliegen.
Mauerblümchendasein der Denkmalpflege
Schliesslich wurde auch Kritik laut an der kantonalen Denkmalpflege, die ein Mauerblümchendasein friste. Sie müsse von einer auf drei Stellen aufgestockt werden. Kaspar Michel entgegnete, dass man jetzt die Pensionierung des Denkmalpflegers abwarte, «danach müssen wir das neu diskutieren und aushandeln». Die Winteraktivität des historischen Vereins beginnt morgen Samstag mit dem öffentlichen Vortrag von Oliver Landolt über die Finanzgeschichte des Standes Schwyz im Mittelalter und der frühen Neuzeit.
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