Sabine Kappeler beim Flötenspiel und Rita Weber an der Orgel. Bild: Gallus Bucher
Sabine Kappeler beim Flötenspiel und Rita Weber an der Orgel. Bild: Gallus Bucher

Musik

Musik in Sprache holen

Rita Weber und Sabine Kappeler musizierten an Flöte und Orgel in der Pfarrkirche.

Es war ein sanfter, heller Herbstabend am Sonntag, 11. November. Dennoch: Revolutionäre Töne erklangen in der altfryen Republik Gersau, und das erst noch in der teils klassizistischen, teils spätbarocken Pracht der Pfarrkirche St. Marzellus. Dort würde man ja nichts Aggressives erwarten. Und doch: Der Abend begann zwar mit einer «Biblischen Sonate» von Joachim Kuhnau, aber mit einer, die den berühmten Kampf zwischen David und Goliath aus dem Alten Testament in wuchtige Akkorde fasst. Da klang die Musik nachgerade kämpferisch. Und das in einer Kirche? Vergessen wir nicht, dass David auch Freiheit erlangt. Sie kommt nicht einfach nur aus dem Sieg über den riesigen Goliath, sondern aus dem Vertrauen in Gott, das sich von den Anfechtungen der Welt nicht beirren lässt. Freiheit, das war so etwas wie der Leitfaden des Abends, der immer auch die Sprachähnlichkeit der Musik betonte: «Klänge des Waldes» (Sofia Gubaidulina) waren etwa zu hören; die Eingangsakkorde der «Marseillaise» wurden vielfach und reizvoll variiert (Claude Balbastre); die innere Freiheit trotz Kriegsdesaster wurde in Stephan Thomas’ Fantasie über das berühmte Beresinalied spürbar; und schliesslich gibt es auch eine Freiheit von den Vorgaben, sogar von tonalen: In «La fête du double cinq» war ein Fünftonschema die Grundlage, nicht wie üblich das der Oktaven. Schliesslich, als Höhepunkt dieser freiheitlichen Konzertdramaturgie, erklang die «Fantasie brillante nach Motiven aus Bizets Oper «Carmen». Die Musik war denn auch brillant vorgetragen, und dies während des ganzen Abends, bis hin zur Zugabe mit einer Variante von Mozarts «Türkischem Marsch». Die beiden Musikerinnen, die Organistin Rita Weber und die Flötistin Sabine Kappeler, holten die Melodien und Akkorde in ausdrucksvolle Sprachlichkeit, gestalteten ausgewogen die Übergänge und wussten dennoch zu überraschen, wenn etwa ein Akkord wie ein Kanonenschuss ins Musikgewebe einfiel. Godi Weber führte klug, einfühlsam und humorvoll in die verschiedenen Musikstücke ein. Resultat für den ganzen Abend: langer Applaus für diesen Anlass des Gersauer Herbstes.


Bote der Urschweiz / Daniel Annen

Autor

Bote der Urschweiz

Kontakt

Kategorie

  • Musik

Publiziert am

13.11.2018

Webcode

www.schwyzkultur.ch/S9gQSh