Nach dem Film bedankte sich der Filmemacher beim Künstler mit einer Flasche Baileys. Immer wenn sie sich getroffen haben, hätten sie Kaffee Baileys getrunken. Und der Zufall wollte es, dass die Flasche in seinem Atelier am Premieren-Morgen leer war … Das perfekte Geschenk also! Foto: Angela Suter
Nach dem Film bedankte sich der Filmemacher beim Künstler mit einer Flasche Baileys. Immer wenn sie sich getroffen haben, hätten sie Kaffee Baileys getrunken. Und der Zufall wollte es, dass die Flasche in seinem Atelier am Premieren-Morgen leer war … Das perfekte Geschenk also! Foto: Angela Suter

Film

«Ich hoffä, äs stiigt mir nüd i Grind …»

«Der Förster und St. Benedikt» feierte in der Cineboxx eine stimmungsvolle Premiere

Zwei Künstler – der Filmemacher Franz Kälin und dessen Protagonist, der Maler Christian Jimmy Lienert – luden am Mittwoch zur Premiere von «Der Förster und St. Benedikt». Die rund 250 Premierengäste kamen in den Genuss des neuesten Werks des Einsiedler Filmemachers Franz Kälin. Der Film über den Einsiedler Kunstmaler Christian Jimmy Lienert zeigte dem Publikum dessen ebenso spannendes wie aussergewöhnliches Leben und Wirken.

Enorme Bandbreite


Schon die Begrüssung durch Franz Kälin sorgte für einige Lacher, denn dieser vermutete,dass wohl noch nie so viele «Lienert» gleichzeitig im Kino gewesen seien. In den anschliessenden 90 Minuten sorgte dann der 79-jährige Hauptdarsteller immer wieder für Lacher, einerseits durch seine witzigen Erzählungen, aber andererseits auch durch seine zum Teil ebenso humorvollen wie nachdenklichen Bilder. Seien es die mit Wasser vom Marienbrunnen gemalten Schutzengel-Aquarelle, die Titanic, die im Sihlsee versinkt, oder auch der Eisbär, der davonschmilzt. Die Bandbreite des künstlerischen Schaffens von Jimmy Lienert ist enorm und die Bilderauswahl von Franz Kälin bietet eine gute Übersicht. Die Szenen, wie Lienerts Werke entstehen, sind sehr natürlich: das Tablet als Vorlage, der Pinsel und die Palette in der Hand und nicht zu vergessen das «Beedi» im Mund. Die 19-jährige Enkelin von Jimmy Lienert, Ann Busch, die selber künstlerisch tätig und im Film ebenfalls zu sehen ist, freute sich nach der Premiere: «Seit ich klein bin, habe ich mit Popa (so nennt sie ihren Grossvater Jimmy) gemalt und ich bin quasi im Atelier grossgeworden. Daher war der Film auch für mich sehr emotional. Und es ist sehr schön, dass wir diese Erinnerungen nun für die Ewigkeit haben.»

Schwieriger Start in Einsiedeln


Im Film erfährt man, wie sich Jimmys künstlerisches Talent entwickelt hat, wie seine eher schwierige Kinder- und Jugendzeit verlief und wie er vom Coiffeur zum Förster wurde. Jimmy und seine beiden Schwestern, Marianne und Helen, erzählen auch mehr über ihre spannende, aber auch traurige Familiengeschichte und wie ihre Familie nach Einsiedeln kam. Jimmy selber erzählt im Film: «Ich habe unseren schwierigen Start im Klosterdorf noch heute nicht ganz verarbeitet.» Aber schon früh konnte er durch das Malen Dinge vergessen. Franz Kälin hielt mit der Dokumentation das Leben des interessanten, feinfühligen Menschen fest, den die Zweifel an seinem Schaffen bis heute begleiten. Und der Filmemacher lässt mit Jimmy einen witzigen Zeitgenossen erzählen, der allerlei lustige Anekdoten kennt. Die eindrücklichen Bilder unserer Region – einerseits vom Künstler hinter der Kamera und andererseits vom Künstler mit dem Pinsel – sorgen für ein richtiges Heimatgefühl. Wunderbare Sihlseelandschaften und bekannte Bergketten zaubert Lienert auf die Leinwände. Franz Kälin gelangen tolle Impressionen rund um den Sihlsee mit spannenden Blickwinkeln. Und dem Filmemacher gelang es wunderbar, die Erzählungen von Jimmy, die gefilmten Alltagssequenzen und eine Auswahl von Lienerts Gemälden zu einem liebenswert-berührenden Dokumentarfilm zu komponieren.

Ein überwältigender Film!


Franz Kälin gelang es, die Art von Jimmy perfekt einzufangen. Nichts wirkt gespielt. «Christian ist einfach so, wie er ist!», erzählt dessen ältere Schwester Marianne beim Apéro Riche nach der Premiere. Jimmy war sehr nervös im Vorfeld, er wusste ja nicht genau, was ihn erwartet, auch er sah den Film an der Premiere zum ersten Mal. «Ich dachte mir vorher nur: Die armen Leute müssen jetzt so lange hier sitzen und den Film anschauen …», lacht er nach der Premiere. Und witzelt: «Ich hoffä, äs stiigt mir jetzt nüd i Grind …» Da besteht kaum Gefahr, denn im Film sagt Jimmy über sich selbst: «Ich sehe mich nicht als grossen Künstler.» Das sehen vermutlich viele anders und das ist auch richtig so. Die Reaktionen nach der Premiere waren durchs Band positiv und auch der Protagonist strahlte: «Ich merke an den Reaktionen der Besucher, dass ihnen der Film sehr gefallen hat. Und mir auch: Ich musste ab und zu wegen mir selber lachen!» Auch sonst waren sich die Gäste einig: überragend, sehr sympathisch, genial, sehr passende Musik und viele weitere Komplimente waren zu hören. Ein Gast meinte: «Danke Jimmy, du warst einfach dich selber!» Und ein anderer: «Du hast es verdient, dich feiern zu lassen! Du selber nimmst dich ja gerne zurück …» Und auch Franz wurde mit Lobesreden überhäuft: «Herzliche Gratulation: Die Bilder und der Ton passen einfach perfekt!» Man spürt im Film die freundschaftliche Verbindung zwischen Franz und Jimmy. Der Kunstmaler sagte vor den Dreharbeiten zum Filmemacher, er könne nicht malen, wenn ihm jemand zuschaue. Glücklicherweise klappte das mit Franz Kälin so gut, dass nun alle Kinobesucher in diesen Genuss kommen dürfen. Die beiden Künstler sind sich sehr ähnlich: absolut bescheiden, aber mit viel Herzblut für ihre Kunst! Und beide Kunstschaffenden lassen sich vom Leben inspirieren, Jimmy drückt es im Film folgendermassen aus: «Die Ideen kommen einfach so aus mir heraus …» Das Resultat lässt sich sehen: Ein grossartiges Zeitdokument von Franz Kälin über den grandiosen Künstler Jimmy Lienert.

Kino-Aufführungszeiten unter www.cineboxx.ch

Einsiedler Anzeiger / Angela Suter

Autor

Einsiedler Anzeiger

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Kategorie

  • Film

Publiziert am

03.03.2023

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