«Eine längst vergangene Liebe»: Moritz Kälin und Helga Kuriger in Schwarz, zusammen mit ihren inneren Stimmen, dargestellt von (von links) Urs Voser, Rosmarie Oechslin, Rita Noser und Franz Camenzind. Fotos: Victor Kälin
«Eine längst vergangene Liebe»: Moritz Kälin und Helga Kuriger in Schwarz, zusammen mit ihren inneren Stimmen, dargestellt von (von links) Urs Voser, Rosmarie Oechslin, Rita Noser und Franz Camenzind. Fotos: Victor Kälin

Bühne

Im Kokon der Erinnerung gefangen

Theaterpremiere im Museum Fram des Stücks «Memento Momentum» von Livia Stampfli-Huber: Innig und heiter inszeniert die Theatergruppe Chärnehus ein Stück über die Gegenwart, die vergeblich die Vergangenheit zu verdrängen versucht.

Keine einfache Aufgabe hat die im Kanton Zug lebende Einsiedler Autorin Livia Stampfli-Huber übernommen. Ein Stück zu schreiben und gleich noch einzuüben, das thematisch zur aktuellen Ausstellung im Museum Fram passt: «Vanitas – Gedankenspiele über Eitelkeit und Vergänglichkeit. » Was leicht in philosophischer Trockenheit hätte münden können, präsentiert sich als Geschichte der vielen Farben, die abwechselnd heiter und melancholisch, ernst und witzig aufleuchten. «Memento Momentum» heisst das Stück, das am letzten Freitag, 29. April, seine Premiere feierte. Der Titel lässt sich mit «Gedenke des Augenblicks» übersetzen. Doch trotz Hier und Heute ruht die Vergangenheit nie. 51 Jahre, 10 Monate und 3 Tage haben sich die beiden Einsiedler Dorli und Philip (feinfühlig und herausragend: Helga Kuriger und Moritz Kälin) nicht mehr gesehen. Ihr Zusammentreffen ist dem Zufall geschuldet: Der weltgereiste und auf Besuch in Einsiedeln weilende Philip erinnert sich an die Weinhandlung, währenddem die sesshaft gebliebene und unglücklich verheiratete Dorli an gleicher Stätte eine Ausstellung besucht: Aus der Weinschenke ist längst ein Museum geworden. Und in diesem nimmt die Erinnerung die Gegenwart nach und nach in Beschlag. Dorli und Philip, Philip und Dorli: Da war doch ’was. Die Erinnerungen überlässt Livia Stampfli-Huber aber nicht nur den beiden Protagonisten: Dramaturgisch geschickt stellt sie Dorli und Philip je zwei personifizierte Gedanken zur Seite, Verführung und Entsagung sozusagen, welche die inneren Dramen sichtbar und somit erlebbar machen – nicht selten zur Gaudi des Publikums. «Wie wäre mein Leben verlaufen, wenn ich mit ihm weggezogen wäre? Was wäre gewesen, wenn ich sie nicht verlassen hätte?» Das Publikum erfährt es nicht: Die Antwort ist ohnehin hypothetisch. Und auch was Dorli Philip unbedingt noch sagen wollte, bleibt letztlich unausgesprochen; doch aus Spiel und Ort heraus erschliesst sich die Antwort fast von selbst …

Vielschichtig und berührend

Mit einem warmen Applaus entliess das Publikum alle Beteiligten in die Premierenfeier. Es klatschte über eine Inszenierung, die es noch rechtzeitig schaffte, ein schleppendes Intro vergessen zu machen und dafür überzugehen in eine vielschichtige und berührende Aufführung, gipfelnd in innigen Szenen (Bänkligespräch von Dorli und Philip) und tumultösem Klamauk (die Gedanken Urs Voser und Franz Camenzind im Kampf und die Deutungshoheit). Momente reinen Theaterglücks.

Infos

«Memento Momentum», Museum Fram, Eisenbahnstrasse, Einsiedeln.
Spieldaten Mai: 6 / 7 / 13 / 14 / 20 / 21. Im Juni: 2 / 3 / 10 / 11 / 17 / 18 / 23 / 24.
Die Aufführung beginnt um 20 Uhr.

Einsiedler Anzeiger / Victor Kälin

Autor

Einsiedler Anzeiger

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Kategorie

  • Bühne

Publiziert am

03.05.2022

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