Sieben Kunstschaffende aus dem Kanton Schwyz zeigen ihre Werke im und um den Gasometer im liechtensteinischen Triesen. Bild Tatjana Schnalzger
Sieben Kunstschaffende aus dem Kanton Schwyz zeigen ihre Werke im und um den Gasometer im liechtensteinischen Triesen. Bild Tatjana Schnalzger

Kunst & Design

«Zollfrei» – für Kunst gibt es keine Grenzen

Das Gasometer, ein Kulturzentrum im liechtensteinischen Triesen, wird anlässlich des Jubiläumsjahres «100 Jahre Zollvertrag Schweiz – Liechtenstein» von sieben Kunstschaffenden aus dem Kanton Schwyz zum Kunsttempel.

Der Kanton Schwyz ist der Kanton mit den Mythen, dem kleinen und dem grossen. Ob die vier Künstlerinnen und drei Künstler aus dem Kanton Schwyz, die bis am 12. November im Triesner Gasometer ausstellen, ebenfalls Mythen geschaffen haben, muss das Publikum entscheiden. «Zollfrei» ist auf alle Fälle eine spannende und abwechslungsreiche Ausstellung. Den Anstoss dazu gaben die 100-Jahr-Feier des Zollvertrags zwischen Liechtenstein und der Schweiz und der Schweiz/Liechtensteiner Doppelbürger Toni Ochsner. Der Leiterin und Kuratorin des Gasometers, Petra Büchel, ist eine perfekte Ausstellung gelungen. An der Vernissage nannte die Triesner Vorsteherin Daniela Erne die Ausstellung «unglaublich vielseitig» und der Schwyzer Regierungsrat Michael Stähli meinte in seiner Rede, dass Kultur sehr oft eine Signal- und Pionierfunktion hat. «Wir Schwyzer sind eher konservativ und stolz auf unsere Tradition», sagte er und fügte hinzu: «Was im Alltag oft zu wenig gelingt, kann Kultur leisten.» Sie führe Menschen zusammen. «Es ist an uns, diese Chance gewinnbringend zu nutzen».


Ausstellung beginnt im Aussenraum

Der Architekt und Künstler Toni Ochsner hat sich mit dem Gasometer selbst auseinandergesetzt. Sein weisser Raumfahrer winkt auf einem Gerüst am markant hohen Kamin mit einer Liechtensteiner Fahne. «Expansion» nennt er dieses Werk. Auch im Innenhof, auf der Brücke zwischen dem Trakt 2 und 6, beweist er seinen Schalk. «Velo abstellen verboten» heisst es da, dabei ist hoch oben auf der Metallbrücke ein Fahrrad angekettet. Der Siebner Künstler Urs Martin Traber hat ein Stück New York mit nach Triesen gebracht: Auf der Rasenterrasse an der Dorfstrasse stehen 37 Holzköpfe auf Eisenstativen, jeder sieht anders aus und doch bilden die «Freaks» gemeinsam eine Gruppe, die den Autofahrern zuzunicken scheint. Auf der Wiese oberhalb des Amphitheaters gruppierte Traber drei aus Eisen geschweisste Möwen. Zum Kontrast wird der Kubus aus Feuerwehrschläuchen von Katrin Odermatt, hingegen scheint Maritta Winters Modell für die Bronzeskulptur «Flamenco» den Möwen das Tanzen schmackhaft zu machen und René Habermacher lädt auf diesem Skulpturenweg mit gebogenen schwarzen Aluminiumrohren zum Betrachten ein.


Von draussen nach drinnen

In der Eingangshalle des Gasometers erzählen die grossformatigen Bilder von Toni Ochsner Geschichten. Er spielt darin mit Formen und Farben, die er in Beziehung zueinander setzt wie in «Blick aus dem Fenster» oder in «Ferne II», bei dem zwei Dreiecke davonzuschweben scheinen, sehnsüchtig mit «Blicken» verfolgt von einer grossen und einer kleinen Kuben-Gestalt. Auf der Wand gegenüber die leisen Acryl-Bilder von Barbara Schneider-Gegenschatz aus Pfäffikon, die aber auch laut kann. Das beweist sie mit ihrem Stammbaum – einem Turm auf einem massiven Holzstamm mit vielen Köpfen in Form von Fensterladehaltern und Geweihen an der Spitze. Markant in diesem Raum ihre Installation «Zollfrei» – da fliegen pastellfarbene standhafte Federn auf Teppichen dahin – Brieftauben der besonderen Art. Markant auch das grosse grüne «Blattwerk» von Katrin Odermatt aus Nylongurten auf Holz gefertigt – ein Kubus, der zum Betreten einlädt. Im Maschinenraum scheinen Maritta Winters Bronze-Skulpturen auf ihren Sockeln mit den alten Apparaturen zu flirten. Da tanzt der «Aufschwung» mit dem «Kuss» den «Flamenco» und erinnern dabei entfernt an Henry Moore. Ganz anders hingegen die Skulpturen aus Feuerwehrschläuchen von Katrin Odermatt, die sich zur «Wolke» ballen oder auf dem Sockel eine «Sitzende » bilden. Als Wandobjekte haben sie dann sogar noch Kupplungen an sich. Schwere Materialien, die als Geflecht leicht werden. Überraschend dann der erste Blick im Erdgeschoss des Turmes. Da sitzt die «Stille» völlig in sich versunken, eine schwarze Skulptur mit bunten Sprenkeln auf Kopf und linkem Oberkörper. Rings um sie an der Wand sieben «Still(e)leben» – und was zunächst nach alten Meistern aus dem 17. Jahrhundert aussieht, sind Fotografien von Marie-Eve Hofmann-Marsy aus Wangen – Fotos in je sieben verschiedenen Farbtönen. Da lohnt sich das Schau-Stöbern. Einen Stock höher zeigt René Habermacher, wie ein einfacher Karton, der am Boden steht an der Wand zum Kunst-Würfel werden kann. «Inside out» – das Innere ist nun aussen und die herausgeschnittenen Quadrate bilden neue Formen.


Die Ruhe vor dem Sturm

Im Obergeschoss des Turmes dann zunächst ein grosser Schreck: Die Besucher werden von sieben eisernen Kindersoldaten mit Gewehren empfangen. Die lebensgrossen Buben stehen in einer bunten Wiese voller grosser Blüten – eine schmerzhafte Installation, die auf unsere Gegenwart hinweist und zugleich voller Poesie ist. Mit ihr gestalten die comic-artigen «Biografischen Fragmente des Alois P.» von Toni Ochsner den Raum.

Höfner Volksblatt und March-Anzeiger / Desiree Vogt

Autor

Höfner Volksblatt & March Anzeiger

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Kategorie

  • Kunst & Design

Publiziert am

04.09.2023

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