Der 72-jährige Hans-Peter Rust stellt sein Buch übermorgen Freitag in Küssnacht vor. Bild: Edith Meyer
Der 72-jährige Hans-Peter Rust stellt sein Buch übermorgen Freitag in Küssnacht vor. Bild: Edith Meyer

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Er ruft den hl. Nikolaus mit einem Buch ins öffentliche Gedächtnis

Hans-Peter Rust hat sein Wissen über den St. Nikolaus und das gelebte Brauchtum in der Innerschweiz zwischen zwei Buchdeckel gefasst.

«Wer in Küssnacht aufwächst, den lässt das Klausjagen nicht mehr los», sagt Hans-Peter Rust. Seine Passion ist sein Interesse am althergebrachten Brauchtum um den wohl populärsten christlichen Volksheiligen. «Die Leute nennen mich hier den Chlausenpapst oder Buda», erzählt Hans-Peter Rust. Das kommt nicht von ungefähr: Als sechsjähriger Bub durfte er mit den Oberdörflern Fussball spielen. «Als Jüngsten stellten sie mich ins Goal.» Weil er so gut hechtete und den Ball krallte, gab ihm Robert Hüppi den Übernamen «Buddha mit den tausend Fingern». Das ganze Dorf, sogar der Pfarrer und die Lehrer, nannten ihn von da an nur noch Buda. Aus dem Fussballer und Trychler wurde später ein Brauchtumsexperte.


35 Jahre lang als Samichlaus unterwegs


«1978 gründete ich eine Samichlausgruppe in Küssnacht.» Tausende Kinder hat er während 35 Jahren besucht, Schulen, Altersheime, Firmen, Vereine – und alles gesammelt, was ihm über Nikolaus von Myra in die Hände kam. «Es gibt wohl keinen zweiten wie mich, der sich 365 Tage pro Jahr mit dem Nikolaus beschäftigt». Hans-Peter Rust durchstöberte jahrzehntelang Klosterbibliotheken, Antiquariate, machte historische Recherchen, nutzte alte Quellen aus Einsiedeln, Schwyz und Küssnacht. Daneben sammelt er Kultgegenstände, Fotos und Dokumente. Sein Interesse gilt aber auch Kirchen, die dem Heiligen geweiht sind. Bis heute sammelt er alles, was ihm zum Chlausen in die Hände fällt. Kaum einer weiss mehr über den heiligen Nikolaus als Hans-Peter Rust. Über seine jahrzehntelangen Forschungen zur Entwicklung des Sankt Nikolaus hat er nun ein Buch geschrieben. Sein Werk heisst «St. Nikolaus. Verehrung und gelebtes Brauchtum.» Für ihn ist klar: «Kein anderer Heiliger ist über Jahrhunderte derart populär geblieben wie Sankt Nikolaus.» Er sei zum Ausgangspunkt einer Fülle von Brauchtumsformen geworden, von pädagogisch und kulturell wertvollen Bräuchen bis hin zum profanen Marketing mit dem Weihnachtsmann. Das Buch von Hans-Peter Rust widmet sich im ersten Kapitel der religiösen Verehrung des heiligen Nikolaus von Myra. Der Kult um den Heiligen, der um 300 in der heutigen Türkei lebte, kam über Bari in den Westen. Rust befasst sich in seinem Werk mit den vielen Legenden, die den St. Nikolaus als «Vater der Armen und Witwen» schildern. Er ist aber auch Patron der Seefahrtfahrt und der Schüler und Kinder.


Kantone und ihre Bräuche im Fokus


«Die Verehrung prägt mit St. Nikolaus geweihten Altären und Kirchen die Sakrallandschaft in der Innerschweiz vielfältig », sagt Rust. Er dokumentiert in seinem Buch die Verehrung in den Kantonen Uri, Schwyz, Nidwalden, Obwalden Luzern und Zug. Im zweiten Teil schildert das Werk die Brauchtumsentwicklung im Innerschweizer Raum. Es erzählt vom wilden Treiben und Lärmumzügen in früheren Zeiten, von faszinierenden Umzügen und begeisternden Veranstaltungen rund um Nikolausbesuche. Der Autor schreibt unter anderem über das Klausjagen Küssnacht, den Klausenumzug in Arth, «Am Chlaus bätä» in Illgau oder über die Chlausnächte in Gersau.


Drei Stiftungen unterstützten das Buchprojekt


«Es war immer mein Traum, ein Buch zu schreiben», sagt der pensionierte Journalist. Unterstützung für sein Buchprojekt erhielt er von der Albert Koechlin Stiftung, der Carl und Elise Elsener-Gut Stiftung und von der Stiftung Fondation Herzog. Wenn Hans-Peter Rust nicht gerade schreibt, erteilt er Samichlaus-Schulungen, hält Vorträge und pflegt Kontakte mit Nikolaus-Interessierten in Deutschland, Belgien, Holland und England.


Ausstellung mit Küssnachter Infuln und Film in Italien


«Speziell am Herzen liegt mir das Centro Studi Nicolaiani in Bari, Apulien, Italien.» In Bari im Castello Svevo hat Hans-Peter Rust mit seinem umfangreichen Quellenmaterial und zur Verfügung gestellten Exponaten eine Ausstellung mitgestaltet, die noch zwei Jahre dauert. «Es wird unter anderem ein Film des Küssnachter Klausjagens, eine grosse Inful und eine Kindergarten-Inful gezeigt», freut sich Hans-Peter Rust. Und was folgt als nächstes Projekt? «Aktuell widme ich mich vertieft dem Küssnachter Klausjagen.»



Der Geschenkebringer


«Für das Buchcover habe ich den Nikolaus als Geschenkebringer und das Küssnachter Klausjagen im Hintergrund gewählt», sagt Hans-Peter Rust. Das Bild steht im Zusammenhang mit der Legende, dass der Bischof eines Nachts am Haus einer Familie vorbeikam, die derart mittellos war, dass die drei Töchter ihr Geld als Prostituierte verdienen mussten. Damit die jungen Frauen dieses Tun beenden und heiraten konnten, warf der Nikolaus drei Goldklumpen durch das Fenster des Hauses. «Darum wird der Heilige heute oft mit drei goldenen Kugeln oder Äpfeln dargestellt», sagt Hans-Peter Rust. Den Nikolaus beschreibt er als selbstlos, der als Bischof sein gesamtes Erbe und Vermögen den Armen vermachte.



Anno 1925 in Küssnacht


Im Buch findet sich ein Bericht der «Schweizer Wochen-Zeitung – Illustriertes Extra-Blatt» über den Niklaus-Vorabend von 1925 in Küssnacht: Ausführlich und spannend schildert der Autor darin, wie er 1908 zusammen mit seinem Onkel als Gast auf einem Hof in Küssnacht weilte und wie er die Nacht vom 5. zum 6. Dezember erlebte. Der Beitrag schildert nicht nur die Vorfreude der Kinder auf die Bescherung, das sogenannte «Schleicken», sondern auch die Auswüchse dieser Nacht mit Streitereien oder der «persönlichen Abrechnung » bei privaten Fehden und den Lärmumzug. Die Erzählung ist ein Beispiel, wie sich das wilde Brauchtum in den vergangenen Jahrzehnten zum feierlichen Niklausfest verändert hat.


Bote der Urschweiz / Edith Meyer

Autor

Bote der Urschweiz

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Kategorie

  • Brauchtum / Feste
  • Literatur

Publiziert am

23.10.2019

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