Musik
Erinnerungskultur lässt Kulturleben eines Dorfes neu entdecken
Eine neue Publikation des Joachim-Raff-Archivs widmet sich vor allem Musikdirektor August Oetiker als erstem Raff-Förderer in Lachen. Die Dokumentation überrascht auch mit vielen Anekdoten und Hinweisen zur Lachner Kultur und Politik sowie deren Persönlichkeiten.
Der Lachner Musikdirektor August Oetiker (1874– 1963), der in diesem Jahr den 150. Geburtstag feiert, lebte und wirkte als Musiker über 60 Jahre in Thun. Seine Leistungen um das Schweizerische Musikschaffen sind bedeutend. In der neuesten Publikation des Joachim-Raff-Archivs werden seine Verdienste, nicht zuletzt im Zusammenhang mit der Förderung des Andenkens an den in Lachen geborenen und aufgewachsenen Joachim Raff (1822–1882) wieder bewusst gemacht.
Neue Publikation deckt spannende Geschichten auf
Die eben erschienene neueste Publikation widmet sich Aspekten der Erinnerungskultur an Joachim Raff in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts in Lachen. Während die Geschichte der Joachim-Raff-Gesellschaft in Lachen beinahe lückenlos aufgearbeitet wurde, ist die Zeit nach dem Tod von Raff (1882) und der Gründung der Joachim- Raff-Gesellschaft (1972) bisher erst lückenhaft untersucht. Die spannenden Geschehnisse in Lachen rund um die Erinnerung an Joachim Raff in dieser Zeitepoche ist geprägt vom Namen des diesjährigen Jubilaren August Oetiker. Die Ergebnisse einer Recherche unter anderem im Stadtarchiv Thun sind für die Erinnerung an August Oetiker für das Schweizerische Musikschaffen ausserordentlich aufschlussreich. Eine nicht nur auf Lachen bezogene, ausführliche Biografie ist Teil dieser vorliegenden Dokumentation.
Gedenktafel an Joachim Raff löste Dispute auf
Oetiker zeichnete verantwortlich für die Schaffung einer Gedenktafel an Joachim Raff im Jahre 1902 an der Geburtsstätte des Tonschöpfers. In Zusammenarbeit mit dem Männer- und Töchterchor Lachen, verschiedenen international bekannten Instrumentalisten und verschiedenen Lachner Solistinnen wurde dies bereits 1901, anlässlich eines Spendenkonzerts, zu einem eigentlichen Dorfereignis. Dass diese Geschichte auch einen veritablen Zeitungsdisput zwischen liberalen und christlich-konservativen Kreisen in Lachen auslöste, machte die Geschichte nochmals spannend und lesenswert. Dank dem «March-Anzeiger»-Archiv in Lachen und dem Staatsarchiv Schwyz konnte die lückenlose lokale Berichterstattung in der öffentlichen Presse nachverfolgt werden. August Oetiker war es auch, der 1899, nach dem Tod von Joachim Raff im Jahre 1882, das erste öffentliche Konzert mit einem Werk von Joachim Raff in Lachen organisierte und gleich selbst auch als Pianist durchführte.
Festansprache von Dr. Arnold Diethelm als Zeitdokument
In der Publikation wird aber auch die detailreiche Festansprache des vielseitig begabten Politikers, Arztes, Kulturaktivisten Dr. Arnold Diethelm (1828– 1906) anlässlich des Spendenkonzerts vom 13. Januar 1901 abgedruckt. Diethelm kannte Raff als Zeitgenosse noch persönlich. Auch der interessante, gesamte Briefverkehr zwischen August Oetiker und der Gattin des verstorbenen Joachim Raff, Doris Raff-Genast, wird erstmals veröffentlicht. Der in Lachen bekannte und beliebte Arzt Carl Ebnöther (1890–1948) stand in brieflichem Kontakt mit Helene Raff (1865–1942), der Tochter der Raffs. Dieser Brief konnte in der Bayerischen Staatsbibliothek gefunden werden. Und nicht zuletzt wird der Berichterstattung über das imposante 4. Zentralschweizerische Sängerfest vom Juni 1923 in Lachen, mit viel Würdigung des Schaffens von Joachim Raff, breiter Raum gewährt (Festspiel und Festkonzert).
Überraschende Aktualität sorgt für Schmunzeln
Dass man in Lachen mit seinen Kulturgütern (Gedenktafel und Denkmal) sorgsam umgehen sollte, darf in die-ser Dokumentation nicht unerwähnt bleiben. Aktuelle Anekdoten beleben daher die umfangreichen Recherchen zusätzlich. Die heutige Diskussion bezüglich Sport- und Kulturräume in Lachen konnte mit Schmunzeln und Erstaunen beinahe im Massstab 1:1 auch vor rund 100 Jahren beobachtet werden. Im Jahre 1925 war es der Gemeinderat von Lachen, der Pläne für eine «Turn- und Concerthalle» in Auftrag gab. Das Resultat war, dass zwar in Lachen bis heute immer wieder Turnhallen und Sportanlagen gebaut wurden, aber auf einen Kultursaal mit Kulturräumen wartet man bisher vergeblich.
So kommt man zur Dokumentation
Die 59-seitige, reich bebilderte Dokumentation kann kostenlos auf der Website der Joachim-Raff-Gesellschaft (www.joachimraff. ch) heruntergeladen werden. In Printform kann sie gegen einen Unkostenbeitrag im Spielund Läselade Lachen oder im Joachim-Raff-Archiv zu den üblichen Öffnungszeiten bezogen werden. Die Mitglieder des Vorstandes der Joachim-Raff-Gesellschaft arbeiten ehrenamtlich zugunsten der Kulturentwicklung von Lachen.
Höfner Volksblatt und March-Anzeiger / Res Marty
Autor
Höfner Volksblatt & March Anzeiger
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Kategorie
- Musik
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www.schwyzkultur.ch/q63Jrv