Der Historiker Joseph Jung fesselt die Zuhörerinnen und Zuhörer mit lebendiger Schweizergeschichte. Bilder Peter Arbenz
Der Historiker Joseph Jung fesselt die Zuhörerinnen und Zuhörer mit lebendiger Schweizergeschichte. Bilder Peter Arbenz

Musik

Raff und seine nicht immer erspriessliche Schweizerreise

Die Jubiläumsausstellung «Unterwegs mit Joachim Raff im Alpenraum» ist am Samstag in Lachen mit einer gehaltvollen Vernissage eröffnet worden.

Es war die fünfte von vierzehn Veranstaltungen im reich befrachteten Jahresprogramm zum 200. Geburtstag des Lachner Komponisten Joachim Raff und anlässlich des 50-Jahr-Jubiläums der Joachim- Raff-Gesellschaft, und für einmal standen Wort und Bild im Mittelpunkt des Interesses und Raffs Musik bildete «nur» den Rahmen, allerdings einen würdigen und berührenden. Res Marty war die Freude über den grossen Publikumsaufmarsch anzusehen, als er die Vernissage im Temporären Kunsthaus Lachen eröffnete. Hätte er die lokale und kantonale Prominenz namentlich begrüsst, wäre der angedachte Zeitplan schon von Anfang an Makulatur gewesen. So beschränkte er sich auf Redner und Musiker und auf den Lachner Gemeindepräsidenten.

Regierungsrat und Gastredner


Kaspar Michel gab sich anschliessend nicht mit der offiziellen Grussbotschaft der Schwyzer Regierung zufrieden, sondern bewies als studierter Historiker, dass er das Einmaleins der Schweizer und Schwyzer Geschichte des 19. Jahrhundert in der Zeit als kantonaler Finanzdirektor nicht vergessen hat. Er mutmasste, dass Raffs umtriebiger Grossvater Joachim Schmid, Lachner Ochsenwirt und streitbarer Politiker, der es bis zum Landammann des kurzlebigen Kantons Ausserschwyz gebracht hatte, für Charakter und Werthaltungen seines Enkels prägend gewesen war. Dem Gastredner Prof. Dr. Joseph Jung, bekannt durch seine Publikationen über Alfred Escher, fiel die Aufgabe zu, Joachim Raffs Schweizerreise von 1867 in den geschichtlichen, wirtschaftlichen und touristischen Kontext zu stellen. Er tat dies auf humorvolle und mit Anekdoten gespickte Weise und erntete Lacher mit Zitaten aus Mark Twains «Rigireise». Über die Gründe, welche Joachim Raff zur Emigration nach Deutschland motivierten, konnte auch er nur mutmassen.

Briefe an seine Schwägerin


Den Abschluss des offiziellen Teils bildeten vier Originalbriefe von Joachim Raff, welche er während der Schweizerreise an seine Schwägerin geschrieben hatte, und aus welchen Res Marty mit gewohnt markiger Stimme zitierte. Der Zuhörer konnte sich des Gefühls nicht erwehren, dass die langen Eisenbahnfahrten, Kutschenreisen, Bergwanderungen und Übernachtungen in der damals noch wenig erschlossenen Schweiz vor allem für seine Erholung suchende Frau nicht immer vergnüglich waren. Nichtsdestotrotz inspirierten ihn diese Erlebnisse wohl zu einigen Stücken aus seinem Werk «Reisebilder» Op. 160, wie die Titel «Eisenbahnfahrt», «Gemütliche Herberge» oder «Bergbesteigung » vermuten lassen. Das Klavierduo Vilma und Daniel Zbinden aus Glarus interpretierte diese Kompositionen virtuos und mit Leichtigkeit. Nach den Dankesworten von Kuratorin Yvonne Götte, spürbar betroffen über die schlimmen Ereignisse in der Ukraine, applaudierte das Publikum minutenlang und bewegte sich dann zum Aperitif ins Freie. Die Ausstellung im alten EW Lachen dauert noch bis am 5. Juni.

Höfner Volksblatt und March-Anzeiger / Peter Arbenz

Autor

Höfner Volksblatt & March Anzeiger

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Kategorie

  • Musik

Publiziert am

16.05.2022

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