Literatur
Musik
Vielerlei Wege zu Joachim Raff
Ein neues, vielseitiges und originelles Handbuch über das Joachim-Raff-Archiv in Lachen ist erschienen.
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zählte der 1822 in Lachen zur Welt, als äusserst vielseitiger Musiker und als Direktor des Hoch’schen Konservatoriums in Frankfurt am Main zu hohem Ansehen gekommene Joseph Joachim Raff zu den erfolgreichsten Komponisten seiner Zeit. Als er 1882 in Frankfurt starb, hinterliess er 216 Kompositionen mit Opuszahlen und viele weitere Werke. Seit 1972 setzt sich die auf Anregung des Musikers Anton Marty- Feldmann in Lachen gegründete Joachim-Raff-Gesellschaft mit Konzerten, Vortragsreihen, Büchern, Editionen und Ausstellungen für das nach 1900 immer seltener aufgeführte Schaffen des von Felix Mendelssohn Bartholdy, Franz Liszt, Hans von Bülow und anderen Grössen geförderten Spätromantikers ein.
Mustergültiges Archiv
Der Initiative von Res Marty, Sohn des oben genannten Lachner Musikers und selber Sänger und Kulturvermittler, ist es zu verdanken, dass in Raffs Geburtshaus 2018 ein Archiv eröffnet werden konnte, das mittlerweile Modellcharakter besitzt. Jetzt vom Musikwissenschaftler Severin Kolb geleitet, macht es Interpretinnen und Interpreten sowie der Forschung rund 10 000 Objekte zugänglich, die sich auf Raff beziehen. Wie Carine Bachmann, Direktorin Bundesamt für Kultur (BAK) im Eidgenössischen Departement des Innern, schreibt, leistet das Archiv «einen wertvollen Beitrag zur Sichtbarmachung des reichen musikalischen Erbes der Schweiz», um zu ergänzen: «Die Forschungs- und Vermittlungsarbeit der Joachim-Raff-Gesellschaft, ebenso wie jene von weiteren Akteurinnen und Akteuren, trägt dazu bei, dieses Erbe zu bewahren, weiterzugeben und neu zu entdecken.»
Ein einzigartiges Handbuch
Unter den Sammlungen von Schweizer Komponisten nimmt das Joachim-Raff-Archiv nicht nur als eine der umfangreichsten, sondern auch mit einem Handbuch am besten erschlossene Sonderstellung ein. In zehn Kapitel gegliedert, die jeweils eine konzentrierte Inhaltsangabe auf violettem Papier enthalten, informiert das Buch mit dem Titel «Linien & Klang. Dokumente & Geschichten aus dem Joachim Raff-Archiv» sowohl über das Notenmaterial, Briefe und Bücher als auch über Bilder, Fotografien und Druckgrafik, über Konzertprogramme und Fachartikel sowie über Tonträger und eigene Publikationen.
Res Marty verfasste zu den abgebildeten Dokumenten gemäss einem vereinheitlichenden Raster eine Beschreibung des Objekts, um auch über dessen Provenienz – meistens die Sammlung Marty, dem Joachim-Raff-Archiv zur Verfügung gestellt – zu informieren. Ergänzende Anmerkungen erscheinen unter dem originellen, höchst unkonventionellen Titel «Damit nicht genug». Ob es sich um die Originalhandschrift der Sinfonie Nr.10 «Zur Herbstzeit», einen Brief von Goethe oder die Entstehung des Raff-Denkmals des Maillol-Schülers Josef Bisa aus Brunnen handelt, um das Daven-port Tafelservice aus dem Hause von Joachim Raff, um dessen Stimmgabel oder um das «Beethoven-Album» (1845) mit einer Widmungskomposition, von diesen Kommentaren, die von gründlichstem Quellenstudium zeugen, bekommt man nie genug.
Aktuelle Empfehlungsschreiben von Kulturschaffenden und von Persönlichkeiten aus dem Bildungswesen, auf rosarotem Papier eingefügt, erhöhen den Reiz der brillanten Strukturierung. Unter den 100 Kommentaren fallen nebst einem graphologischen Gutachten etwa solche zu einer Aufführung der Sinfonie Nr.3 «Im Walde» mit dem Boston Symphony Orchestra von 1893 oder zu Raffs kritischem Buch «Die Wagnerfrage» (1854) auf. Ihr widmet Severin Kolb den 2. Band der Raff-Studien (Schriftenreihe des Joachim Raff-Archivs), der 2026 erscheinen wird. Zum guten Gelingen des Buches trug als Redaktorin Res Martys Partnerin Yvonne Götte wesentlich bei. Von ihrem zusätzlichen organisatorischen Können profitiert die Joachim-Raff-Gesellschaft seit vielen Jahren.
Buchvernissage in Lachen
In Anwesenheit von kulturpolitischer Prominenz und Sponsoren wurde dieses jüngste Buch von Res Marty im Joachim-Raff-Archiv in Lachen am 6. Dezember der Öffentlichkeit vorgestellt. An die Begrüssung durch den Präsidenten der Joachim-Raff-Gesellschaft, Roland A. Müller, schloss sich die Einführung des Autors und Ehrenpräsidenten an. Das mit der Gesellschaft eng verbundene, in Glarus ansässige Klavierduo Vilma & Daniel Zbinden bot Kostproben aus Raffs Zyklus «Reisebilder » op.160 dar, indem es sowohl die lyrischen als auch die humorvollen Seiten des Komponisten wirkungsvoll zum Ausdruck brachte. Zu seiner vortrefflichen, gewissermassen raff-inierten Buchgestaltung äusserte sich der Grafiker David Clavadetscher. Das zum Kunstwerk gewordene Buch bereitet unalltägliches ästhetisches Vergnügen und trägt Geschenkcharakter.
In seiner Grussbotschaft lobte Landammann Michael Stähli, Vorsteher Bildungsdepartement Kanton Schwyz, den «akribischen Sammler» Res Marty und den Aufbau des Raff-Archivs. Er schrieb dazu im Buch: «Die Eingliederung dieses bedeutenden und umfassenden Komponistenwerkes im Geburtshaus von Joachim Raff macht das Archiv für die Gemeinde Lachen und den Kanton Schwyz zu einer aussergewöhnlichen kulturellen Perle.»
Info
Das Buch «Linien & Klang» der Joachim Raff-Gesellschaft in Lachen ist zu beziehen bei info@joachim-raff.ch oder direkt im Archiv in Lachen.
Höfner Volksblatt und March-Anzeiger / Walter Labhart
Autor
Höfner Volksblatt & March Anzeiger
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- Literatur
- Musik
Publiziert am
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www.schwyzkultur.ch/P5BG1u