Man sollte sich weder von komplizierten Jurybegründungen noch von eigenwilligen offiziellen Fotografien abschrecken lassen – Judith Kellers preisgekrönter Roman «Wilde Manöver» ist lesenswert. Bild © BAK / Julien Chavaillaz
Man sollte sich weder von komplizierten Jurybegründungen noch von eigenwilligen offiziellen Fotografien abschrecken lassen – Judith Kellers preisgekrönter Roman «Wilde Manöver» ist lesenswert. Bild © BAK / Julien Chavaillaz

Literatur

Judith Keller heimst nationalen Preis ein

Die aus Altendorf stammende Autorin Judith Keller arbeitet sich Stufe um Stufe empor. Nach dem kantonalen Kultur-Förderpreis und dem Zentralschweizer Förderpreis folgt nun ein Schweizer Kulturpreis.

Viele Kulturinteressierte wollten schon einmal ein Werk der Schriftstellerin Judith Keller lesen. Aber Hand aufs Herz, die wenigsten dürften diesen Vorsatz schon umgesetzt haben. Gründe dafür gibts jedoch mehr und mehr. Die in Altendorf aufgewachsene und heute in Zürich lebende Autorin räumt die Literaturpreise nämlich regelrecht ab, und zwar in kürzester Zeit und systematisch von unten nach oben.

 

Marsch durch die Preise

Mal abgesehen von den Anerkennungspreisen von Stadt und Kanton Zürich vor einigen Jahren ist noch kein Jahr vergangen, seit der Kanton Schwyz der 38-Jährigen den Kultur-Förderpreis 2023 verlieh. 5000 Franken betrug die Preissumme, fast noch wichtiger war allerdings die stimmungsvolle Übergabefeier im Herbst in Einsiedeln. Gemeinsam mit Anja Gmür alias Kings Elliot, die ebenfalls den Förderpreis erhielt, sowie mit Res Marty, dem gleichzeitig der Anerkennungspreis überreicht wurde, kam ein Ausserschwyzer Trio zu kulturellen Ehren. Wenige Monate danach, anfangs dieses Jahres, wurde Judith Keller schon die nächste Ehrung zuteil. Diesmal war es der Literatur-Förderpreis der Zentralschweizer Kantone, dieser Werkbeitrag machte bereits 15 000 Franken aus. Und nun folgt fast schon folgerichtig der erste nationale Kulturpreis: Judith Keller ist eine von sieben Autorinnen und Autoren, denen der Schweizer Literaturpreis 2024 des Bundesamts für Kultur verliehen wird. Dieser Preis ist immerhin mit je 25 000 Franken dotiert.

 

Wahrlich wilde Manöver

Dass die Jurys offensichtlich hell begeistert vom Schaffen Kellers sind, ist ihrem aktuellen Werk «Wilde Manöver» geschuldet, das vergangenes Jahr im Verlag Luchterhand erschienen ist. Eine eigentliche Poetik des Schmetterlingseffekts entwickle die Autorin in ihrem Roman, heisst es in der Laudatio der bundesamtlichen Jury. Zitat: «Wir lesen im absurden Protokoll eines Polizeiverhörs, wie sich eine junge Frau um Kopf und Kragen fabuliert. In der Wucht der weiblichen Selbstermächtigung, im wahnwitzigen Strudel von Kasualien und Kausalitäten entstehen aus winzigen Flügelschlägen (Flucht durch einen Notausgang) Tornados (der Zürcher Hauptbahnhof landet im Indischen Ozean). Während Raum und Zeit implodieren, bleibt der wilde Rausch der Erzählung als einzige Gewissheit.»

 

Der nächste Streich …

Wer diese Beschreibung nun als etwas gar abgehobenen Kultur-Jargon empfindet, sollte sich nicht von der Lektüre dieses Romans abhalten lassen. Judith Keller selber bezeichnete anlässlich der kantonalen Preisübergabe im persönlichen Gespräch genau dieses Werk als guten Einstieg, um ihr Schaffen kennenzulernen. Ausreden, warum man noch kein Buch von Judith Keller gelesen hat, gelten also nicht mehr. Und man kann dann endlich auch mitreden, wenn die aufstrebende Autorin ihren nächsten, wohl internationalen Preis einheimsen wird.

 

Höfner Volksblatt und March-Anzeiger / Andreas Knobel

Autor

Höfner Volksblatt & March Anzeiger

Kontakt

Kategorie

  • Literatur

Publiziert am

04.03.2024

Webcode

www.schwyzkultur.ch/iwn2nZ