Kunst & Design

Phänomen Camera obscura

Eine zylindrisch geformte Büchse mit Deckel, an der Seite ein stecknadelfeines Loch, verschlossen mit einem schwarzen Klebestreifen – das ist die geheimnisvolle Camera obscura von Elisabetha Günthardt.

So einfach es klingt, so anspruchsvoll ist die Handhabung der «Mutter aller Kameras». Das lichtempfindliche Fotopapier entlang der Büchseninnen­wand wird durch das zeitweise Öffnen des kleinen Loches belichtet, oft auch mehrmals hintereinander. Dies kann Minuten, Stunden, ja sogar Tage dauern. Sie selbst entwickelt die Fotos anschliessend in ihrer Dunkelkammer. Aber nicht nur die Belichtung, sondern auch die Ausrichtung der Camera obscura beim Fotografieren verlangt einen enormen Erfahrungsschatz und hängt sehr vom gewünschten Effekt ab.

 

Magie

Die so entstandenen Fotografien strahlen eine ganz eigene Magie aus. Krümmungen durch Wölbung der Büchse sind bewusst eingesetzte perspektivische Verfremdungen, entgegen den wirklichkeitsgetreuen Abbildungen bei Verwendung einer Schachtel. Schärfe und Unschärfe gehen eine harmonische Verbindung ein und bezaubern mit ihrer teils pastosen, teils viskosen Wirkung. In zahlreichen Ausstellungen zogen ihre einzigartigen Arbeiten die Betrachter in ihren Bann.

 

Farbig bis schwarz-weiss

Elisabetha Günthardt entfernte sich im Laufe der Zeit immer mehr von den anfangs noch farbigen Fotografien hin zu anmutig wirkenden, geheimnisvollen Schwarz-Weiss-Aufnahmen. Ihr Alterswerk, wie sie selbst es nennt, entstand über mehrere Jahre. Unzählige Tagebücher - schriftlicher Spiegel ihres Lebens, viele Kinder- und Liebesbriefe steckte sie auf insgesamt drei Stelen, deren Abschluss jeweils eine ihrer Büchsen bildete und setzte diese jahrelang den Witterungsbedingungen aus. Die «Seelenblätter», grossformatige Aufnahmen mit Doppelbelichtung, zeigen sie selbst am Boden liegend, darüber die verwitternden Stelen.

 

Künstlerinfo

Elisabetha Günthardt, 1943 in Muotathal geboren, lebt und arbeitet in Uznach. Sie schrieb zahlreiche Gedichte, Geschichten und Briefe, fotografierte für Keystone, widmete sich der Malerei, bis die Arbeit mit der Camera obsura zu ihrer grossen Leidenschaft wurde.

 

Artikel erschienen im szene Magazin (Kulturmagazin des Kantons Schwyz: Ausgabe 5 - Juni 2025) / Text: Marie-Eve Hofmann-Marsy

Autor

SchwyzKulturPlus

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Kategorie

  • Kunst & Design

Publiziert am

20.06.2025

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