Wie das Vorbild im Mittelalter: Szenen werden aufgemalt, besungen und mit Stöcken von der ganzen Gruppe dramatisch angezeigt. Bild Josias Clavadetscher
Wie das Vorbild im Mittelalter: Szenen werden aufgemalt, besungen und mit Stöcken von der ganzen Gruppe dramatisch angezeigt. Bild Josias Clavadetscher

Brauchtum / Feste

Schnitzulbank wie im Mittelalter

Die Muotathaler Fasnacht kennt eine Tradition, die im tiefen Mittelalter ihren Ansatz hat. Die Schnitzulbank gleicht auffallend dem Auftritt der einstigen Moritaten-Sänger.

Gestern sind sie wieder aufgetreten, die schwarz befrackten Sänger der Muotathaler Fasnachtsgesellschaft mit ihrer Schnitzelbank, die ortstypisch als «Schnitzulbank» bezeichnet wird. Durchs ganze Tal wurde diese vorgetragen, vom Ried bis ins Bisisthal. Ein Plöder wie an Dreikönige im Talkessel, das kennt man im Thal nicht. Das ist eben die Schnitzulbank am Güdelmontag. Der Vortrag ist sehr beliebt, überall verfolgt viel Volk die Auftritte und amüsiert sich über die Pleiten, Pech und Pannen des letzten Jahres, die da recht handfest aufgedeckt werden.

Verblüffende Parallelen

Absolut verblüffend aber ist, wie diese Schnitzulbank dem Ur-Vorbild aus dem Mittelalter gleicht. Der Name Schnitzelbank geht auf die damaligen Bänkelsänger zurück, die für ihren Aufritt auf eine Bühne, oder eben eine Bank, gestanden sind und ihr Texte – die Papierschnitzel – anschliessend verkauft haben. Bänkelsänger waren europaweit präsent und haben mit erzählenden Liedern ihr Publikum gefesselt. Sie zogen von Ort zu Ort, traten häufig auf Jahrmärkten und Chilbenen auf und haben zur Untermalung der meist dramatischen Schilderungen auch mehrere Szenen auf Tafeln gemalt. Diese wurden zur Erhöhung der Dramatik mit einem Stock angezeigt, genau wie im Muotatal. Derartige Bänkelsänger erlebten im 19. Jahrhundert ihre Blütezeit, die letzten Moritaten-Sänger sind sogar erst in den 1930er-Jahren ganz verschwunden. In den heutigen Schnitzelbänken ist ein Rest dieser Kultur erhalten geblieben. Im Mittelpunkt steht heute die satirische Rüge. Diese Form des Schmähgedichts ist seit der Barockzeit bekannt und dient heute dem satirischem Spott für alles und jedes.

Bote der Urschweiz

Autor

Bote der Urschweiz

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  • Brauchtum / Feste

Publiziert am

04.03.2014

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