Die neue Ausstellung im Vögele Zentrum in Pfäffikon beleuchtet unterschiedlichste Aspekte des Sterbens und des Todes: Eine vielseitige Betrachtung in vier Kapiteln. Bild Martin Risch
Die neue Ausstellung im Vögele Zentrum in Pfäffikon beleuchtet unterschiedlichste Aspekte des Sterbens und des Todes: Eine vielseitige Betrachtung in vier Kapiteln. Bild Martin Risch

Dies & Das

Auch die Hand Gottes musste loslassen

Die neue Ausstellung im Vögele Zentrum in Pfäffikon beleuchtet unterschiedlichste Aspekte des Sterbens und des Todes: Eine vielseitige Betrachtung in vier Kapiteln.

Wie möchten Sie sterben? Wann haben Sie das letzte Mal an den Tod gedacht? Hätten Sie was dagegen, wenn man mit Ihnen am Ende ein Selfie macht? Solche und viele andere Fragen mehr um den Tod werden in der Ausstellung «Der Tod, radikal normal » gestellt und multimedial beleuchtet. Monica Vögele, Stiftungsratspräsidentin des Kulturzentrums, erklärte am Medienrundgang am Freitag, das Thema Tod und Endlichkeit werde zwar radikal dargestellt, aber in «einer Intimität, eingefangen in kleinen Räumen, und gleichzeitig auch in einer grösstmöglichen Transparenz ». Das Resultat sei «eine gelungene Einheit von Poesie und Tod», wofür sie den Kuratoren Karolina Widla und Jean-Daniel Strub ausdrücklich dankte. Trotz des Themas könnten die Ausstellung auch ungeniert Kinder besuchen, zum Beispiel Ferienpass- Kinder, denn «Kinder haben keine Mühe mit der Sterblichkeit, es sind die Eltern, die Erwachsenen, die Mühe haben».

«Darf man das?»


Anschliessend führten die Kuratoren durch die Exponate. Die Besucher sind eingeladen, sich über die eigene Beziehung zum vermeintlichen Tabu «Tod» bewusst zu werden. Wer die Ausstellung begeht, kann dem Unvermeidlichen nicht ausweichen. Nach vier thematischen Kapiteln geht man garantiert mit neuen Einblicken und Erkenntnissen nach Hause. Im ersten Teil wird der Tod als «radikal normal» erklärt. Er lässt einen nicht unberührt. So sprechen beispielsweise sieben Personen in einer Videoproduktion darüber, was sie mit dem Tod verbinden. Auch dem, wie es ist, zu sterben, wird nachgegangen. Ein Sterbebett und die letzten Dinge werden präsentiert. Statistische Tabellen zeigen auf, an was in der Schweiz Menschen am häufigsten sterben, wo und woran sie sterben. Die erwähnte Frage betreffend Selfie spielt auf den fussballerisch unsterblichen Mara-dona an (unvergessen sein WM-Tor im Jahr 1986 mit «der Hand Gottes»), der von einem Bestattungsunternehmer im offenen Sarg abgelichtet wurde. «Darf man das?», heisst eine der Fragen, die der Besucher auf einer Fragenkarte beantworten kann.

Sargbar lädt zum Dialog


Die quantitative Auswertung aller Antworten wird einen Überblick geben darüber, wie wir, die Besucherinnen und Besucher, gewisse Tabus heute einschätzen. Das zweite Kapitel lautet «Was bleibt?». «Der Tod beendet ein Leben, nicht eine Beziehung », heisst es. Nach dem Tod wird vieles neu oder zum ersten Mal verhandelt. Wohin mit der Asche des Verstorbenen? Wer erbt wie viel und wer nicht? Wie trauert man eigentlich rich-tig und wie kondoliert man richtig? Auch dazu finden Betrachter zahlreiche Anregungen und auch konkrete Antworten. Die Faszination Tod wird im dritten Kapitel behandelt. Totenschädel auf T-Shirts, als Kaffeetassen, an Gürtelschnallen oder als Tätowierung. Der Tod ist auch Pop. Warum bekleiden wir uns mit ihm, schmiegen ihn um uns? Weil wir selbstbewusst mit ihm umgehen, weil wir ihn trivialisieren oder als Zeichen, dass wir immer noch auf der Suche sind nach dem richtigen Umgang? Vom (richtigen) Umgang mit dem Tod handelt schliesslich das vierte Kapitel. In einem wilden Friedhof aufgestellt zeigen zeitgenössische Künstler ihre Antworten und Denkanstösse. «Wo finden die besten Gespräche statt?», fragte Kuratorin Widla. «Natürlich an der Bar, an der Sargbar.» Dieses Werk lädt ein, innezuhalten, sich im Dialog mit dem Tod zu beschäftigen. Auch die Wissenschaft hat ihren Platz auf dem Friedhof, indem sie der Unsterblichkeit nachjagt, sei es im digitalen Leben danach oder dem Versuch, den Tod mit anderen Techniken zu überlisten.


Memento mori


Am Ende steigt man im Museum die Treppe empor zum gedeckten Tisch für das Leidmahl. Die Garnituren, der Tisch und die Stühle stammen vom lokalen Restaurant Schiff. Wer möchte, kann noch an einer Jukebox aus einer Titelliste seinen letzten Musikwunsch abspielen, für alle im Museum hörbar. An diesem Freitag erklingt Enyas «Only Time», der Song, den die Älteren unter uns unzertrennlich mit den einstürzenden Twin Towers assoziieren, einem unvergesslichen Tag in der Geschichte um Leben und Tod. Als dann der Rundgang nach gut eineinhalb Stunden zu Ende ist, hat sich eine in Neonfarbe an die Wand projizierte Zahl um sieben erhöht und zeigt 26’407: So viele Menschen sind gemäss BAG in diesem Jahr in der Schweiz schon gestorben.

Memento mori. Ausstellung: «Der Tod, radikal normal » im Vögele Kultur Zentrum, Pfäffikon, dauert bis am 18. September – geöffnet jeweils Dienstag bis Sonntag von 11 bis 17 Uhr und am Donnerstag bis 20 Uhr.

Einsiedler Anzeiger / Martin Risch

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Einsiedler Anzeiger

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  • Dies & Das

Publiziert am

17.05.2022

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