Thematisiert die Bankenkrise: Der Künstler Sebastian Sieber zeigt in der Ausstellung «Der helle Wahnsinn» im Vögele-Kulturzentrum in Pfäffikon seine Installation «Return On Investment». Bild zvg
Thematisiert die Bankenkrise: Der Künstler Sebastian Sieber zeigt in der Ausstellung «Der helle Wahnsinn» im Vögele-Kulturzentrum in Pfäffikon seine Installation «Return On Investment». Bild zvg

Dies & Das

Das Vögele-Kulturzentrum ist dem Wahnsinn auf der Spur

Spinner oder Visionär? Verrückt oder innovativ? Das Vögele-Kulturzentrum in Pfäffikon beschäftigt sich derzeit mit den Facetten der Normalität und ihren Abweichungen.

In der Ausstellung «Der helle Wahnsinn», die momentan im Vögele-Kulturzentrum in Pfäffikon im Kanton Schwyz zu sehen ist, verfolgt Kuratorin Alexandra Könz Fragen wie «Wer legt Normalität fest?» oder «Was geschieht, wenn ich mich abseits der Norm bewege?». Auf 1000 Quadratmetern verdeutlichen Bilder, Installationen und Skulpturen, wie schwer und gleichzeitig hilfreich es sein kann, sich von der meinungsbildenden Mehrheit zu entfernen. Entstanden ist eine bunteAusstellung, die zum Spiel mit der persönlichen «Normlinie» einlädt.

Es beginnt mit den kleinen Abweichungen im Alltag. Dabei geht es um das leicht irritierende Gefühl, wenn etwas anders als bei den anderen ist, ob Rocklänge, Haarfarbe oder Gartenzaun. Ein kurzer Blick zur Seite vergewissert, wie sich das Umfeld verhält. Ein beruhigender Eckpfeiler der Orientierung oder Einengung? Ab wann schlägt dieAkzeptanz der Mehrheit um in Ausgrenzung? Ist jener der Glückliche, der sich auf der Seite der «Guten» befindet und mit dem Finger auf den «Bösen» deutet? Die Museumsmacher widerstehen der Versuchung, die Frage nach Normalität zu einer moralischen oder sozialpolitischen Diskussion verkommen zu lassen. Sie bleiben in der Realität und holen künstlerische Verrücktheiten nach Pfäffikon.

Spinner oder Philosoph?

Jeder kennt sie, Menschen, die sich anders als die Mehrheit verhalten. Im täglichen Leben heissen sie «Original », weniger wohlwollend «Spinner ». Der Luzerner Emil Manser war in den Neunzigerjahren so einer, und ihm widmet dieAusstellung eine eigene Ecke.Auf grossen Kartons zeigte er seiner Umwelt, wie er dachte, und was ihm wichtig war. Seine Texte waren weder grammatikalisch noch politisch korrekt. Ironisch nahm er sich selbst wie auch jene auf die Schippe, die das andere Leben führten, angepasst, vermeintlich in der Mitte der Gesellschaft.Während er anfangs immer wieder in der Psychiatrie landete, avancierte er später zum Stadtoriginal. Nicht wenige suchten das Gespräch mit ihm, enthielten seine Verrücktheiten doch innere Logik und Aufrichtigkeit. 2004 erfuhr er von seiner schweren Krankheit und wählte den Freitod. Das Beispiel Manser demonstriert, wie schnell es geht, vom dünnen Grat der Konvention abzurutschen und im Abseits zu landen.

Sich buchstäblich einen anderen Kopf aufzusetzen, ermöglicht die Schweizerin Nina Stählin mit «Head Download». Überdimensionierte Köpfe von Fantasiegestalten hängen von der Decke. Mutige Besucher ziehen sie sich auf die eigenen Schultern und tauschen das Gewohnte gegen das Unbekannte. Beim Ritt durch die Verrücktheiten der Moderne streifen die Besucher in Pfäffikon auch die globalisierte Welt. Der Wahnsinn 2008 hatte einen Namen: Bankenkrise. Der Schweizer Sebastian Sieber greift mit seiner Installation «Return On Investment» diese zentrale Kennzahl der Bilanzierung auf. Beinahe zu plakativ verwischt er die Grenzen zwischen Kunst und Kommerz und verkauft exakt definierte Stücke aus seinem Patchwork-Werk.

Klassen erarbeiten eigene Werke

Die Grenze zum Künstler überschreiten im Vögele-Kulturzentrum auch Schüler. Seit Langem pflegen die Museumsmacher Kooperationen mit Klassen, die im Vorfeld eigene Werke entwickeln und umsetzen. Die Erfahrung zeigt, wie sich die Perspektive der frischgebackenen Künstler während des kreativen Prozesses verändert. Sich kreativ-gestalterisch mit einem Thema auseinanderzusetzen, öffnet das Fenster in ein ungewöhnliches Metier. Die Teilnehmenden erfahren, wie sie selbst ein Stück ihrer eigenen Normalität aufweichen.

Wer sich mit einer Ausstellung dem Überschreiten der Norm widmet und über Unangepasstes spricht, übt sich im Verzicht und konzentriert sich auf weniges.Auch in Pfäffikon stellen die Besucher fest, dass es zu den einzelnen Bereichen unzählige weitere Beispiele und Kunstwerke gäbe. Auch liessen sich viele andere Ausprägungen und Kritikpunkte der Kategorie «Abweichung, Mainstream & Co» integrieren. Spätestens bei solchen Gedanken zeigt sich der Erfolg einerAusstellung, die anregen und anstossen

Autor

Höfner Volksblatt & March Anzeiger

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  • Dies & Das

Publiziert am

21.07.2014

Webcode

www.schwyzkultur.ch/GWkf3u