Dies & Das
Halbzeit, keine Katastrophe
Niemand weiss, wann er die Lebensmitte erreicht hat. Mit dieser Unsicherheit und dem, was Menschen seit jeher damit anfangen, befasst sich eine Themenausstellung im Vögele Kultur Zentrum unter dem programmatischen Titel «Halbzeit».
Die neue Ausstellung im Vögele Kultur Zentrum eröffnet mit einer Schau über verschiedene Darstellungsformen der Lebenstreppe, auf der sich die Entwicklung des Menschen zuerst treppauf und nach der Hälfte treppab entwickelt. Besonders aus der Zeit des Jugendstils sind zahlreiche solche Darstellungen überliefert. Ein anderes, zirkuläres System wird auf einem Modell des Wartsaals des Bahnhofs Biel von 1923 gezeigt. Das Panoramafresko im Stil Ferdinand Hodlers zeigt einen Lebensweg auf, der sich nach der Hälfte wieder dem Anfang zuwendet und in der vollen Umrundung des Bildes den Kreis schliesst. Die Kuratoren der Ausstellung, Beate Schappach und Andreas Schwab, sahen in der Arbeit eine Herausforderung, weil sie selber in der Lebensmitte stehen und sich unweigerlich Fragen zu ihrem weiteren, restlichen Leben stellen müssen.
Witzige und ernste Fragen
So haben die beiden Kuratoren eine vielfältige Schau zusammengetragen, die viele wichtige Fragen rund um den Themenkomplex auf zum Teil witzige, zum Teil tiefsinnige Art aufwerfen. Ohne allerdings den Anspruch an sich zu stellen, diese Fragen allesamt beantworten zu können. Ein Höhepunkt der Ausstellung sind die zahlreichen Dokumentarfilme, die Theresa Renn und Rouven Rech beigesteuert haben. In sogenannten Expertengesprächen kommen diverse, zum Teil bekannte Therapeuten für Seele und Körper zu Wort. Da philosophiert der Paartherapeut Klaus Heer in getragenem Ton darüber, was Menschen, die bei ihm Rat suchen, mit ihrer Lebenszeit anfangen. In einer anderen Videobox erklärt am Beispiel seines eigenen Gesichts ein jungenhafter Schönheitschirurg, wie jede Frau und jeder Mann sich das Altern ersparen kann. Dabei entgeht er nicht der unfreiwilligen Komik, da er beim Sprechen mit seiner mit Botox vollgespritzten Oberlippe kaum artikulieren kann.
Kunst als Seismograf
Kunst zu zeigen, ist auch im neuen Ausstellungskonzept ein erklärtes Ziel von Monica Vögele. Aber nicht nur. Sie will mit Hilfeder Kunst auf vielfältige gesellschaftliche Tendenzen hinweisen, Denkprozesse anstossen und Diskussionen ausserhalb des Museums anregen. Das ist eigentlich, was die Kunst spätestens seit der Renaissance immer getan hat. Einerseits lenkt die Kunst die Wahrnehmung auf Verborgenes und stösst damit Prozesse an. Anderseits wirkt sie als gesellschaftlicher Seismograf, der leiseste Veränderungen im gesellschaftlichen Gefüge anzeigen kann.
Das Leben auf der Schiefertafel
Auf kleinen Schiefertafeln haben die beiden Filmemacher eine Lebenstreppe aufgezeichnet und beliebigen Menschen die Aufgabe gegeben, ihre derzeitige Position darauf einzuzeichnen und diese zu begründen. Dabei wurden viele spannende Gedanken zum Lebensweg formuliert und aufgezeichnet. Dies soll wiederum die Besucher zu eigenen Fragen anregen. Die Fragestellungen innerhalb der Ausstellung sind so vielfältig, wie sie nur sein können. Aus grossformatigen Fotos schauen unterschiedlichste Menschen auf den Betrachter herab. Die Journalistin Regula Tanner und der Fotograf Adrian Moser haben die Lebenswünsche dieser Menschen mit ihren Mitteln aufgezeichnet und wiedergegeben. So kommt auch ein aufmerksamer Besucher nicht um die Frage herum, was er selber mit seinem Lebensrest anfangen will. Eine gute Idee wäre es, die Ausstellung im Vögele Kultur Zentrum zu besuchen.
Ausstellung Halbzeit
Vögele Kultur Zentrum
Pfäffikon
6.11.2011 bis 11.3.2012
Mittwoch bis Sonntag
11 bis 17 Uhr
Donnerstag
11 bis 20 Uhr
Infos
www.voegelekultur.ch
March-Anzeiger und Höfner Volksblatt
Autor
Höfner Volksblatt & March Anzeiger
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