Wunsch nach Einfachheit wird mit Hightech-Material erfüllt: Monica Vögele, Leiterin des Vögele Kultur Zentrums, Kurator Felix Sattler und Szenograf Jean-Lucien Gay. Bilder Hans-Ruedi Rüegsegger
Wunsch nach Einfachheit wird mit Hightech-Material erfüllt: Monica Vögele, Leiterin des Vögele Kultur Zentrums, Kurator Felix Sattler und Szenograf Jean-Lucien Gay. Bilder Hans-Ruedi Rüegsegger
Handwerkliche Tätigkeiten haben in unserer Arbeitswelt einen sinkenden Stellenwert, deshalb schaffen wir künstliche Orte der Bewegung. Felix Sattler benützte den «Forest Master» des ungarischen Künstlers Antal Lakner.
Handwerkliche Tätigkeiten haben in unserer Arbeitswelt einen sinkenden Stellenwert, deshalb schaffen wir künstliche Orte der Bewegung. Felix Sattler benützte den «Forest Master» des ungarischen Künstlers Antal Lakner.

Dies & Das

Verschwendung und Verzicht miteinander vereinbaren

Die Ausstellung «Askese – Ekstase … oder mehr von weniger. Die Sehnsucht nach Einfachheit und die Lust am Überfluss» im Vögele Kultur Zentrum in Pfäffikon zeigt, wie die scheinbaren Gegensätze einander bedingen.

Wie viele Dinge habe ich – wie viele Dinge brauche ich? Yvonne Scarabellos Installation «Hab + Gut» im Eingangsbereich des Vögele Kultur Zentrums zieht die Besucherin und den Besucher gleich mitten ins Thema – weniger zu Ekstase oder Askese, sondern eher zu mehr von weniger. Mehr als 2000 Artikel ihres Besitzes hat die Künstlerin aus Frauenfeld fotografiert und inventarisiert. «Eine fotografische Bestandesaufnahme», sagt Felix Sattler, einer der beiden Kuratoren der Ausstellung.Da stelle sich natürlich die Frage,ob man dieses noch braucht und sich von jenem trennen könne. Mit immer weniger Dingen auszukommen, sei durchaus im Trend. Aber: «Durch Zählen erhalten Dinge Bedeutung», sagt Sattler. Das eine – weniger – steckt im andern – mehr.

«Verschwenden – Verzichten» sollte die Ausstellung heissen, als vor rund zwei Jahren die beiden Kuratoren Nina Wiedemeyer und Felix Sattler an Monica Vögele herangetreten waren. «Verschwenden, verzichten, das tönt moralisierend », sagt die Stiftungsratspräsidentin und Leiterin des Vögele Kultur Zentrums. Ihr war es ein Anliegen,die Wechselwirkung aufzuzeigen: Ohne Verzicht weiss man nicht,was verschwenderisch ist, und ohne Verschwendung weiss man nicht, was verzichten heisst. Letztlich habe man sich auf den Titel «Askese – Ekstase» geeinigt. Wobei das «Ekstatische » und «Asketische» in der Ausstellung nicht gleich ins Auge fällt.

Einfachheit und Luxus

Umso mehr setzen sich die Ausstellungsmacher und das Publikum mit Überfluss oder Einschränkung, mit Einfachheit oder Luxus auseinander. Eindrücklich Uli Westphals «Lycopericum III», eine Fotocollage, die das riesige Spektrum an Formen und Farben von Tomaten zeigt. «Die Gemüseabteilung im Supermarkt suggeriert Überfluss », sagt Sattler, «bietet aber nur zwei, drei verschiedene Sorten an.» Westphal überlässt die Sortenvielfalt nicht alleine den Saatgutbanken, sondern kultiviert die ausgefallensten Gemüse selbst. Daraus ist eine fotografische Sammlung von nicht standardisierter Pflanzennahrung entstanden. Drei seiner Fotocollagen sind an der Ausstellung zu sehen.

Zurück zur Natur

Einfachheit, zurück zur Natur: Mitten im grossen Saal lädt vor einer Tafel mit einem Leitsatz des amerikanischen Schriftstellers und Philosophen Henry David Thoreau ein Zelt und eine Feuerstelle zum Verweilen. «Wer zurück zur Natur geht, sucht nicht die mönchische Askese, er sucht einen Mehrwert », sagt Sattler. Auf die heutige Zeit übertragen kann dies durchaus groteske Formen annehmen. «Ein Zeltlager suggeriert Einfachheit», sagt der Kurator und weist auf das aus leichtesten Materialien hergestellte Zelt und den Schlafsack hin. Paradox: Der Wunsch nach Einfachheit wird mit Hightech-Material erfüllt.

Paradoxes

Dieses Paradox gibt es auch beim Design zu beobachten. Davon zeugen der Elektron-Stuhl aus dem Jahr 1927 von Max Ernst Haefeli oder eine Kreation der Möbelfabrik Horgenglarus: Schlicht in der Erscheinung, aufwendig in der Herstellung.«Weniger ist Mehr» ist zum Slogan einer Überflussgesellschaft geworden. Dies soll den Architekten Hans Poelzig zum minimalistischen Gebäude der Neuen Nationalgalerie in Berlin zum Ausspruch veranlasst haben: «Wir bauen einfach, koste es, was es wolle.»

Den Objekten Luft lassen

Wie Ekstase und Askese durchaus ineinandergreifen, zeigt ein Video der Hardrock-Gruppe Straight Edge von 1983. Die Band, die gegen Alkohol, Drogen und vorehelichen Sex kämpft, flippt auf der Bühne ekstatisch aus. «Da ist Verzichts- und Exzesskultur vereint», bringt es Sattler auf den Punkt. Gegenüber zeigt der schwedische Fotograf David Magnusson in seiner Reihe «Purity» Vater-Tochter-Paare, die eher an Hochzeitpaare erinnern.

Gelungene Umsetzung

Szenograf Jean-Lucien Gay hat eine optisch ruhige Ausstellung gestaltet, kein ekstatisches Chaos. Er setzt auf Farbgestaltung – erdige Rot- und kräftige Blautöne. Aber dem Thema entsprechend reduziert. «Wir haben gebrauchte Messeteppiche zugeschnitten und wieder zusammengesetzt», sagt Gay. «Ein Upcycling», wie e

Autor

Höfner Volksblatt & March Anzeiger

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Publiziert am

13.05.2015

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www.schwyzkultur.ch/UZN9A7