Film
Primarschüler drehen Kurzfilm – und werden nominiert
Die Filmwelt hielt unlängst Einzug ins Schulhaus Steg in Pfäffikon. Die Klasse von Regula Affolter drehte drei Filme – einer davon wird Mitte März an den Schweizer Jugendfilmtagen in Zürich vorgestellt.
Eigentlich wollte «Thommy » (gespielt von Julian) in der Bibliothek im Schulhaus Steg in Pfäffikon nur für einen Vortrag ein Buch über Bahnhöfe ausleihen. Durch eine Verkettung von Zufällen wird er zusammen mit zwei Freunden darin eingeschlossen. Und es ist Freitagabend … Statt Panik kommt schnell Erfindungsgeist auf – und auch Spass darf nicht fehlen. Wann hat man schon Gelegenheit, in einer Bibliothek herumzutollen? Zwei geben sich ganz dem Reiz des Verbotenen hin. Computer-Profi Jonesey (gespielt von Görkem) hackt sich indessen ins System, um den elektronischen Schliessmechanismus zu knacken. Natürlich ist diese Episode nie passiert – ausser im Kurzfilm «Freitagabend » von Liam, Miran, Mihajlo, Alidogan, Julian und Görkem. Die sechs gehen zu Regula Affolter im Schulhaus Steg in die sechste Klasse. Und sie werden ihren Film an den 49. Schweizer Jugendfilmtagen präsentieren, die vom 12. bis 16. März in Zürich stattfinden. Dort wird sich ihr Film in ihrer Kategorie mit sechs weiteren aus allen Landesteilen messen. «Wir sind schon recht aufgeregt», bekunden die sechs einhellig während eines kurzen Treffens am vergangenen Mittwoch. Schliesslich werden im Publikum rund 400 Personen anwesend sein. Liam, als einer der drei Regisseure, wird zudem eine kurze Rede zur Einführung halten.
Professionelle Unterstützung
Doch wie kam es dazu? «Vergangenes Jahr hat die PH St. Gallen erstmals ein Projekt ausgeschrieben mit dem Namen «Film vor 5», erzählt Klassenlehrerin Regula Affolter. Das Ziel: Schülerinnen und Schüler der 3. bis 6. Klasse sollen einen Kurzfilm produzieren – mit Unterstützung von fünf Ostschweizer Kulturschaffenden mit Filmerfahrung. Regula Affolter war von der Idee begeistert und hat sich für das Projekt gemeldet – dieses beinhaltet auch ein Crash-Kurs für Lehrpersonen. Und sie durfte mit ihrer Klasse teilnehmen – zwar gehört der Kanton Schwyz nicht zur Ostschweiz, «doch die Gemeinde Freienbach liegt wohl nahe genug», fügt sie mit einem Schmunzeln an. Unterstützung erhielt sie von der Regisseurin Raphaela Wagner, die der Klasse während zehn Stunden zur Verfügung stand. Und auf noch einen Film-Profi durften Regula Affolter und ihre Klasse zurückgreifen: Denn ihre Tochter Jasmin hatte unlängst die Film-Schauspielschule in Köln absolviert.
Drei Filme in fünf Tagen
«Wir hatten für das Projekt nur fünf Tage Zeit», erklärt Affolter. Also hiess es, die Klasse in drei Gruppen aufzuteilen, Drehbücher zu schreiben, Story-boards zu entwickeln und Szenen zu zeichnen. Und die Schülerinnen und Schüler mussten sich nicht nur mit der Schauspielerei, sondern auch mit filmtechnischen Kniffen wie 5-Shot-Regel und Urheberrecht auseinandersetzen. «In der Themenwahl und der Umsetzung waren die Schülerinnen und Schüler recht frei», führt Affolter aus. Allerdings mussten sie einige wenige Vorgaben der PH St. Gallen einhalten. Der Film durfte unter anderem nicht länger als fünf Minuten dauern und wurde nach Abschluss des Projekts in fünf Kinos gezeigt. Die Pfäffiker Klasse präsentierte ihre Werke in Wattwil. Herausgekommen sind unter der Ägide von Regula Affolter drei Kurzfilme: «Freitagabend», «Kick ins Herz» und «Drama um Moritz». Letzterer wurde für das beste Drehbuch ausgezeichnet, schaffte es aber nicht in die Ausmarchung für die Schweizer Jugendfilmtage. Obwohl Regula Affolter alle drei im Namen der Klasse einreichte – «in letzter Minute», wie sie gesteht.
Aufwendiger als gedacht
Rückblickend seien dies fünf sehr intensive, aber auch lehrreiche Tage gewesen. «Wir haben erkannt, wie hart es ist, auch nur einen kurzen Film zu produzieren», fügt Regula Affolter an. Vor allem Schnitt und Vertonung hätten es in sich gehabt. Dies bestätigt auch Julian aus dem «Freitagabend»-Team: «Das war die grösste Herausforderung. » Die anderen fünf nicken wissend. Den Text zu lernen sei vergleichsweise einfach gewesen, wie auch die schauspielerische Umsetzung – wenn auch einzelne Szenen mehrere «Takes» erforderten. Oftmals seien die Szenen nach dem Schnitt immer noch zu lang gewesen. Und für die Musik mussten sich die Schülerinnen und Schüler auf Websites umschauen, die gemeinfreies Tonmaterial anbieten. Zum Glück konnte die Klasse auch auf das Know-how von Jasmin Affolter zurückgreifen – sie machte sich nach dem Rohschnitt noch einmal ans Werk und sorgte für den nötigen Feinschliff. Die Dreharbeiten haben mitunter für Aufsehen gesorgt. So filmten die Schülerinnen und Schüler für «Kick ins Herz» am Bahnhof Pfäffikon. Zwar mit einem Handy, doch professionell mit Gimbal, einer Art Stativ, das kurze Kamerafahrten simulieren kann. Da sie für die Dreharbeiten den Bahnhof nicht absperren konnten, wurden sie natürlich auf ihr Tun angesprochen. Da hatten es die sechs in der Bibliothek einfacher. Diese war am Drehtag geschlossen und «Security» Mihajlo schaute, dass nicht zu viele schaulustige ihrer Neugier nachgaben.
Fortsetzung folgt …?
Und hat das Projekt Spass gemacht? «Auf jeden Fall», sind sich hierzu alle einig. Das «Freitagabend»-Team hungert sogar nach einem weiteren Film. «Wir haben bereits eine Fortsetzung geschrieben », verrät Julian. Diesen müssten sie allerdings in ihrer Freizeit umsetzen, was alle durchaus für möglich halten. Regula Affolter möchte erst mit einer neuen Klasse wieder an «Film vor 5» teilnehmen. Denn der Aufwand sei riesig und nicht jedes Jahr zu stemmen. Dennoch scheint er sich für alle gelohnt zu haben.
Höfner Volksblatt und March-Anzeiger / Franziska Kohler
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