Vor allem auch Konzerte mit Spitzenbesetzung werden für Veranstalter im Kanton Schwyz sehr schnell zum Risiko: hier Musical-Star Eveline Suter im «Gaswerk» in Seewen. Archivbild: Josias Clavadetscher
Vor allem auch Konzerte mit Spitzenbesetzung werden für Veranstalter im Kanton Schwyz sehr schnell zum Risiko: hier Musical-Star Eveline Suter im «Gaswerk» in Seewen. Archivbild: Josias Clavadetscher

Dies & Das

Der reiche Kanton hat kein Geld für Kultur

Der Schwyzer Bruno Steiner ist von Basel aus daran, die Schwyzer Kulturpolitik kritisch zu durchleuchten – sie hat es nötiger als je.

In vielen Bereichen rangiert Schwyz jeweils ganz vorne in den Ratingtabellen, in Sachen Kulturförderung aber nicht. Schwyz trägt ganz abgeschlagen die rote Laterne von allen Kantonen und besitzt nicht einmal ein Kultur- oder Fördergesetz. Jetzt scheint etwas Bewegung in die Sache zu kommen. Den Anstoss dazu hat die kantonale Kulturkommission selber gegeben, eher bewusst als unbewusst. Sie hat mit einem Werkbeitrag an den in Basel tätigen Schwyzer Kunstschaffenden Bruno Steiner eine Arbeit in Auftrag gegeben, welche sich mit der staatlichen Kulturförderung auseinandersetzen wird. Steiner stellt die Frage, wieso der reiche Kanton Schwyz kein Geld für Kultur ausgibt und nicht ausgeben will. Die zentrale Frage sei, wieso Schwyz die eigene Kultur derart vernachlässige. Im Dossier zu seinem Werkbeitrag äusserte Steiner bereits eine Vermutung, dass vielleicht die gelebten Traditionen, die omnipräsente Brauchtums- und Laienkultur derart in der Tradition verwurzelt sei, dass man glaube, dass «Kultur gratis ist».


Steiner erhält nun regional Schützenhilfe


Der Gersauer Roger Bürgler, seit 30 Jahren in verschiedensten Sparten als Kulturschaffender tätig, stellt genau die gleichen Fragen. Es könne doch nicht sein, dass der reiche Kanton Schwyz mit seiner Niedrigsteuerpolitik «null Franken aus der Staatskasse für die Kultur aufwendet». Das sei geradezu grotesk und «kein Ruhmesblatt für einen Kanton, der doch so sehr auf Lebensqualität setzt». Bürgler ortet in der Kulturszene selber entweder Lethargie oder sogar Resignation. Darum sei er gespannt, was Steiners Konzept ergeben und auslösen werde.


Minimalistische Kulturpolitik wird durchleuchtet


Der Kanton Basel-Stadt gibt pro Einwohner gegen 1300 Franken im Jahr für Kultur aus, der Kanton Schwyz knapp 90 Franken. Schwyz bildet seit Jahren das Schlusslicht, sogar mit zwei roten Laternen. Denn in praktisch allen anderen Kantonen werden auch Gelder aus der Staatskasse ins Kulturleben investiert, in Schwyz nur aus dem Lotteriefonds. Die 90 Franken pro Kopf sind also gar keine kantonale Leistung. Es gibt auf Schwyzer Boden kein Kunsthaus und keine staatliche Bühne, keine offizielle Galerie und keine staatlichen Forschungsprojekte. Alles, was läuft, ist privat organisiert. Ausgerechnet aus der Antipode Basel wird nun diese minimalistische Schwyzer Kulturpolitik durchleuchtet. Der aus Schwyz stammende Künstler Bruno Steiner ist von der Schwyzer Kulturkommission mit einem Werkbeitrag von 15000 Franken für sein Konzept «Kulturfragen» unterstützt worden. Steiner wird sich darin kritisch mit der staatlichen Kulturförderung in Schwyz auseinandersetzen. Die Kulturkommission hat sich damit – offensichtlich ganz bewusst – selber eine Laus in den Pelz gesetzt. Sie will erfahren, woran, von aussen gesehen, die Schwyzer Kulturpolitik krankt. Steiner wird 2020 und 2021 dazu insgesamt acht öffentliche Events durchführen. Sie werden ihm das Material für sein Exposé zu dieser Thematik liefern.

An der Situation selber schuld


Vieles ist allerdings selbst verschuldet. Das kann man schon jetzt sagen. 2017 hat das Parlament einem Kulturförderungsgesetz klar zugestimmt, das Volk hat es aber mit 50,7 Prozent Nein-Stimmen abgelehnt. Darauf haben sich die Kulturschaffenden selber an der Nase genommen, weil sie im Abstimmungskampf zu wenig organisiert aufgetreten sind. Das darauf gebildete «Aktionskomitee Schwyz Kultur» hat zwar Kulturtische organisiert, Erhebungen durchgeführt und Vorstösse angekündigt, ist aber nicht weitergekommen. Nun hofft man offenbar auf einen Anstoss von aussen. Aber auch kantonsintern machen sich wieder Stimmen bemerkbar. Einerseits weil der Kanton wieder einen Überschuss von 120 Mio. und ein Eigenkapital von 411 Mio. Franken schreibt. Anderseits weil ab 2021 Schwyz nach erfolgter Kündigung keine Beiträge mehr an Kulturbetriebe in Luzern und Zürich leisten wird. Darum droht, dass freiwillige Beiträge aus den Lotteriegeldern an diese Institutionen gesprochen und damit dem kantonalen Kulturschaffen fehlen werden. In der neuesten Ausgabe der Verbandszeitschrift des Schwyzer Wirtschaftsverbands H+I greift Roger Bürgler, Gersau, dieses Thema auf. Er ist seit 30 Jahren als Kulturschaffender in verschiedensten Sparten tätig und weiss, wovon er schreibt. So fragt er sich, warum diese unhaltbare Situation nicht öffentlich wahrgenommen wird und keine Debatten stattfinden. Auch stellt er fest, dass von den Kulturschaffenden selber kaum mehr Begehrlichkeiten zu spüren sind. «Ist dies Lethargie oder Resignation?», fragt sich Bürgler. Denn speziell seien es neue Projekte, Startups und junge Kunstschaffende, die sich nicht unterstützt fühlten. Die Erhebungen von Bruno Steiner zielen offenbar sehr auf die Frage, ob in Schwyz kulturelles Schaffen jeglicher Art einfach als «selbstverständlich hingenommen wird». Er will ergründen, ob für eine Verbesserung nicht einfach das Denkmuster ändern müsse, dass Kultur gratis sei.

Bote der Urschweiz / Josias Clavadetscher

Autor

Bote der Urschweiz

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  • Dies & Das

Publiziert am

02.03.2020

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www.schwyzkultur.ch/YjKXvC