Seit bald einem halben Jahr als neue Denkmalpflegerin im Kanton Schwyz tätig: Monika Twerenbold. Bild Claudia Hiestand
Seit bald einem halben Jahr als neue Denkmalpflegerin im Kanton Schwyz tätig: Monika Twerenbold. Bild Claudia Hiestand

Dies & Das

«Uns fehlen wichtige Grundlagen zum Arbeiten»

Griffigere Richtlinien, mehr Transparenz, klare Zuständigkeiten: Denkmalpflegerin Monika Twerenbold begrüsst die Revision des Denkmalschutzgesetzes. Dass keine Denkmalschutzkommission geschaffen wird, bedauert sie.

Mit Monika Twerenbold sprach Claudia Hiestand


Claudia Hiestand: Vor zwei Wochen verabschiedete der Kantonsrat das revidierte Denkmalschutzgesetz. Sind Sie zufrieden mit dem Ergebnis?


Monika Twerenbold: Mehr oder weniger. Der Prozess des revidierten Denkmalschutzgesetzes wurde von meinem Vorgänger Thomas Brunner begleitet. Meine Mitwirkung beschränkte sich nur auf einige wenige Detailfragen.


Der Kantonsrat hat entschieden, dass keine Denkmalschutzkommission geschaffen wird. Sie hingegen sprachen sich im Vorfeld deutlich dafür aus. Warum?


Ich hätte mir eine neutrale Fachkommission aus Fachleuten wie Architekten, Denkmalpflegern oder Kunsthistorikern sehr gewünscht. Gerade bei heiklen Fällen kann eine neutrale Fachkommission die Denkmalpflege unterstützen und bestärken.


Der Kantonsrat argumentierte damit, dass dies die Verfahren unnötig in die Länge ziehen würde.


Tatsächlich würden gewisse Verfahren länger dauern. Aber dafür hätte die Denkmalpflege wie gesagt bei strittigen Fragen des Denkmalschutzes auf eine breitere fachliche Beurteilung zurückgreifen können. Der Kantonsrat hat nun entschieden. Diesen Entscheid muss ich akzeptieren.


Was bringt das neue Denkmalschutzgesetz konkret?


Das bisher geltende Gesetz stammt aus dem Jahr 1927 und ist veraltet und lückenhaft. Das Gleiche gilt für das rund 40jährige Kigbo, das kantonale Inventar geschützter Bauten und Objekte. Das neue Gesetz schafft mehr Rechtssicherheit, also mehr Klarheit bei den Begrifflichkeiten, Zuständigkeiten, Abläufen und Verfahren. Die kantonale Denkmalpflege wird im Baubewilligungsverfahren inskünftig Nebenbestimmungen, zum Beispiel Auflagen, formulieren können. Im Bereich Ortsbildschutz wird die Denkmalpflege im Baubewilligungsverfahren jedoch nur noch zu Ortsteilen, die im Bundesinventar ISOS mit dem höchsten Ziel der Substanzerhaltung festgesetzt sind, zur Beurteilung beigezogen. Ausserdem wird ein neues kantonales Schutzinventar erarbeitet. Das ist dringend nötig, denn uns fehlen die entsprechenden wichtigen Grundlagen zum Arbeiten.


Das heisst?


Wenn wir heute Schutzobjekte bearbeiten, haben wir oft ganz unterschiedliche Informationen über sie. Die einen sind gut dokumentiert. Bei anderen müssen wir die Informationen zuerst aufwendig zusammensuchen. Wenn bereits ein Inventar mit einer Beschreibung, einer Baugeschichte und aussagekräftigen Fotos vorliegen würde, könnten wir viel effizienter arbeiten.


Wenn das Kigbo nun überarbeitet wird, kommen zu den 987 bestehenden Schutzobjekten vermutlich weitere hinzu, oder?


Einerseits ja. Aber es ist genauso gut möglich, dass sich im Kigbo Schutzobjekte finden, die gar nicht mehr schutzwürdig sind und die man herausnimmt. Vor allem können wir endlich all jene historischen Bauernhäuser, die eine Spezialität unseres Kantons sind, systematisch erfassen und abwägen, welche davon erhaltenswert sind und welche nicht. Der definitive Entscheid liegt dann beim Regierungsrat.


Welche Konsequenzen hat es für einen Eigentümer, dessen Haus infolge dieser Inventarisierung in das Schutzinventar aufgenommen wird?


Wenn er das Haus umbauen und restaurieren möchte, muss er die baulichen Massnahmen mit der Denkmalpflege absprechen. Zudem kann er an denkmalpflegerelevante Baumassnahmen Subventionen beantragen.


Kommt es vor, dass ein Gebäude mit Schutzcharakter irreparabel beschädigt oder gar abgerissen wird und die Denkmalpflege erst im Nachhinein davon erfährt?


Ja, das kann vorkommen.


Also kann ich mich an der Denkmalpflege vorbeimogeln.


Wir sind nicht Polizisten, die in den Dörfern herumfahren und schauen, ob interessante Objekte umgebaut werden. Wir sind diesbezüglich auf die Gemeinden angewiesen, die uns das melden. Sie wissen am besten darüber Bescheid, welche Häuser auf ihrem Gemeindegebiet stehen. Nebst dem Kigbo gibt es auch weitere erhaltenswerte Objekte, die zum Beispiel im Bauernhausinventar erfasst sind. Dieses Inventar ist nicht behördenverbindlich. So geht immer mal wieder ein schützenswertes Objekt verloren.


Ärgert Sie das?


Natürlich bedaure ich jeden Verlust. Mit der Zeit wird man jedoch pragmatisch. Ich muss damit leben können.


Wie erleben Sie die Zusammenarbeit mit Eigentümern, die bei ihrem Schutzobjekt baulich intervenieren möchten?


Unter dem Strich als sehr gut. Viele Eigentümer haben Freude an ihrem Objekt, reagieren entsprechend auf uns und haben gute Ideen. Aber es gibt auch weniger verständnisvolle Eigentümer. Dann versuchen wir, diesen für die Geschichte seines Hauses zu sensibilisieren und gemeinsam mit ihm die beste Nutzung für das Gebäude zu finden. Wichtig ist, dass der Eigentümer einen guten Planer mit im Boot hat, der mit seiner Architektur nicht ein neues Denkmal setzen möchte, denn das Denkmal steht ja schon. Dazu braucht es Respekt vor dem Bestehenden.


Wird Ihre Arbeit manchmal als Einmischung empfunden?


Das kommt dann vor, wenn der Bauherr Auflagen nicht einhalten will. Das kann Konflikte geben. Deshalb ist es wichtig, dass der Bauherr möglichst früh mit uns Kontakt aufnimmt und wir gemeinsam einen Weg finden. Denkmalpflege ist eine Kultur des Dialogs und des gegenseitigen Vertrauens. Alle müssen Kompromisse machen.


Die Schwyzerinnen und Schwyzer finden, die Denkmalpflege hat in ihrem Kanton einen zu hohen Stellenwert. So das Ergebnis einer Umfrage. Alarmiert Sie das?


Es überrascht mich. Der Druck auf die historischen Häuser nimmt aufgrund der baulichen Entwicklung im Kanton Schwyz seit Jahren zu. Schwyz hat im Vergleich zu anderen Kantonen wenig Schutzobjekte, nämlich rund 987. Das entspricht zwei Prozent des gesamten Baubestands. Gleichzeitig sind wir in der Denkmalpflege personell sehr schlank unterwegs, sodass wir gar nicht die Möglichkeit haben, strikt zu intervenieren. Ich frage mich, wo hier das starke Gewicht der Denkmalpflege sein soll.


Sie sagen, der Kanton Schwyz hat vergleichsweise wenig Schutzobjekte. Welche Arten von Bauten sind das?


Es sind zum Beispiel die mittelalterlichen Bauernhäuser, die in der Schwyzer Kulturlandschaft sehr wichtig sind, aber auch wertvolle Herrenhäuser aus der Zeit vom Mittelalter bis zum 19. Jahrhundert, Sakralbauten, Klöster und Industriedenkmäler. Es gibt aber auch interessante jüngere Bauten aus den 1940er, 1950er und 1960er Jahren. Bei ihnen ist der Kanton Schwyz eher zaghaft, sie ins Schutzinventar aufzunehmen.


In Ausserschwyz ist die ehemalige Möbelfabrik Rüttimann in Siebnen zurzeit im Fokus des Interesses.


Ja, das Ganze ist ein sehr interessanter Prozess, auch für uns. Die Eigentümerschaft hat einen Wettbewerb gemacht. Wir haben uns dort eingebracht und einen guten Weg gefunden, wie wir einen Teil dieser Fabrik in eine neue Generation überführen können, wo Alt und Neu zusammenspielen. Einzig in Bezug auf die Passerelle sind wir noch am Diskutieren.


Welche spannenden Objekte gibt es ausserdem in March und Höfen?


In Tuggen haben wir ein sehr altes, wertvolles Steinhaus mit Wandmalereien gefunden. In Lachen bin ich zurzeit in die Ortsplanung involviert. Es geht um die Aufwertung des Dorfkerns. Es ist erfreulich zu sehen, wie man Plätze aufwertet und die Schutzobjekte neu in einen gestalteten Aussenraum integriert. Die Restaurationsarbeiten auf der Ufnau konnten ebenfalls erfreulich abgeschlossen werden.


Für Schlagzeilen sorgte im letzten Sommer die Absicht eines Bauherrn, einen Riegelbau an der Seestrasse 211 in Bäch abreissen zu wollen, obwohl das Haus im Kigbo ist. Wie kommt er dazu?


So einfach kann man ein Gebäude, das im Kigbo ist, nicht abreissen. Dazu muss es zuerst aus dem Kigbo entlassen werden. Damit das geschehen kann, gibt es bestimmte Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen. Letztlich entscheidet immer der Regierungsrat, wir geben nur eine Fachmeinung ab.


Ist die Bevölkerung zu wenig dafür sensibilisiert, dass die Denkmalpflege von Gesetzes wegen den Auftrag hat, wertvolle Bauten zu schützen und zu erhalten?


Vermutlich ist es tatsächlich eine Frage des fehlenden Bewusstseins. Etwas zu schützen hat für mich mit Geschichten sowie mit einem Verständnis für alte Techniken, Materialien und der Gestaltung von Bauten zu tun. Aber auch mit Erinnerung. So wie wir wertvolle Dinge unserer Eltern und Grosseltern aufewahren und unseren Kindern weiterreichen, so sollten wir auch Kulturgüter an die nächste Generation weitergeben.

Autor

Höfner Volksblatt & March Anzeiger

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Kategorie

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Publiziert am

19.02.2019

Webcode

www.schwyzkultur.ch/q47RR1