Durch die elektronische Buchausleihe profitieren auch Ausserschwyzer von der Kantonsbibliothek in Schwyz. Bild: Andrea Müller
Durch die elektronische Buchausleihe profitieren auch Ausserschwyzer von der Kantonsbibliothek in Schwyz. Bild: Andrea Müller

Literatur

Bibliotheken müssen sich neu erfinden

Die Besucherzahlen der Kantonsbibliotheken gehen weiter zurück. Doch diese steuern dem Trend erfolgreich entgegen – dank der elektronischen Buchausleihe und auch dank einer neuen Ausrichtung.

Seit Jahren sind die Besuchszahlen in den meisten Zentralschweizer Bibliotheken rückläufig. So zählte beispielsweise die Bibliothek Zug 2016 knapp 180000 Besucher – 2012 waren es noch mehr als 200000. Der technologische Wandel scheint den Institutionen keine rosige Zukunft vorherzusagen. Doch neueste Erhebungen zeigen, dass die Bibliotheken dem Negativtrend erfolgreich entgegenwirken können: Mit neuen Angeboten und zusätzlichen digitalen Möglichkeiten haben sich die Bibliotheken in den letzten Jahren an die Kundenbedürfnisse angepasst. Dies scheint sich gelohnt zu haben. Denn bei den elektronischen Ausleihen sind im vergangenen Jahr in sämtlichen Kantonsbibliotheken der Zentralschweiz neue Rekordwerte verzeichnet worden. Es ist also nicht so, dass die Leute grundsätzlich weniger lesen. Betrachtet man das Gesamttotal der Ausleihen, verzeichnen fast alle Zentralschweizer Bibliotheken nur leichte Rückgänge. Das liegt unter anderem daran, dass die Besucherzahl nicht direkt mit den Ausleihen zusammenhängt – denn wer elektronisch auf seine Lektüre zugreift, wird nicht als Besucher registriert.


Die Bibliothek hat neue Aufgaben


Seit Juni 2013 sind alle grossen Zentralschweizer Bibliotheken Teil der Digitalen Bibliothek Zentralschweiz (DiBiZentral). Auf dieser Plattform können alle Personen, die einen gültigen Bibliotheksausweis besitzen, online auf über 50000 Medien zugreifen. Dieses Angebot wird auch in Zug immer reger genutzt – 2016 betrug der Anteil der digitalen Medien an den Totalausleihen bereits 11 Prozent. Dies entspricht mehr als 73000 elektronischen Ausleihen. «Wir möchten alle Leute ins digitale Zeitalter mitnehmen und führen daher in Zusammenarbeit mit Pro Senectute auch Kurse für ältere Leute durch», sagt die Leiterin der Bibliothek Zug, Pia Rutishauser. Nichtsdestotrotz: Die Ausleihe physischer Medien sowie die Besucherzahlen sind in beinahe allen Kantonen rückläufig. Pia Rutishauser nennt Gründe für den Rückgang: «Mit dem Internet und dem technologischen Wandel ist es viel einfacher als früher, sich Wissen anzueignen. Vor nicht allzu langer Zeit musste man sich zur Informationsbeschaffung stets in eine Bibliothek begeben.» Zudem seien Bücher in den letzten Jahren billiger geworden und der Gratiszugang auf Online-Nachrichten und Texte habe den Besucherrückgang ebenfalls verstärkt. In der Kantonsbibliothek Nidwalden beträgt der Anteil der elektronischen Ausleihen bereits mehr als ein Drittel. Die Leiterin der Bibliothek, Brigitte Dönni, ist sich sicher, mit DiBiZentral eine neue Kundschaft anzusprechen: «Die elektronische Ausleihe ist ein Zusatzangebot, dass in unserer Bibliothek die physische Ausleihe nicht konkurrenziert. Besonders grosser Beliebtheit erfreuen sich auch die Hörbücher, die online und offline gehört werden können.» Ähnlich sieht es in der Kantonsbibliothek Schwyz aus. Im vergangenen Jahr wurden dort 185000 Bücher ausgeliehen, davon jedes fünfte in elektronischer Form. Der Kantonsbibliothekar Markus Rickenbacher weiss, weshalb die elektronischen Ausleihen auch in Schwyz zugenommen haben: «Dank der Möglichkeit, Medien ortsunabhängig herunterzuladen, können alle Kantonsbewohner von ihrer Bibliothek profitieren. So nutzen mittlerweile auch vermehrt Ausserschwyzer unser erweitertes Angebot.» In Schwyz sind die Besucherzahlen seit Jahren konstant Rickenbacher meint dazu: «Wir hatten nach der Einführung von DiBiZentral tatsächlich einen marginalen Besucherrückgang zu verzeichnen. Seither ist es uns aber gelungen, die Besucherzahl zu halten.» Man versuche die Bibliothek als sogenannten «dritten Ort» zu gestalten – sie soll ein Treffpunkt zum Verweilen, Austauschen und Diskutieren sein. Identisch sieht man es in der Kantonsbibliothek Uri. Co-Leiterin Martina Wüthrich sieht eine Chance: «Wir arbeiten daran, vermehrt als Treffpunkt wahrgenommen zu werden. Die Bring-Hol-Funktion steht nicht mehr alleine im Zentrum – vielmehr wird die Bibliothek auch zu einem Verweilort für alle.»


Nicht überall ist die Ausleihe gratis


Weitreichende Unterschiede zwischen den Bibliotheken zeigen sich auch bei den jährlichen Gebühren: In Schwyz, Nidwalden, Luzern und Zug bezahlen die Kantonseinwohner nichts, können also alle Medien – egal ob physisch oder elektronisch – gratis ausleihen. Anders sieht es in Obwalden aus: die Nutzer zahlen hier 30 Franken pro Jahr. In Uri sind es gar 40 Franken. Obwohl mit DiBiZentral alle Zentralschweizer Zugriff auf dieselben elektronischen Medien haben, muss man als Bürger in einigen Kantonen also dafür bezahlen und in anderen nicht – abhängig von den finanziellen Entscheidungen des Kantons. In Luzern waren Bibliotheksgebühren trotz Sparmassnahmen noch nie ein Thema. Markus Rickenbacher von der Kantonsbibliothek Schwyz äussert sich skeptisch zu allfälligen Gebühren: «Eine Kantonsbibliothek hat den Auftrag, Schriftgut zu erhalten und Leseförderung zu betreiben. Dies sollte mit finanziellen Mitteln des Kantons geschehen.»


Bote der Urschweiz / Chiara Stäheli

Autor

Bote der Urschweiz

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Kategorie

  • Literatur

Publiziert am

14.03.2018

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