Literatur
«Man merkt, dass man anders ist»
Die Autorin Martina Clavadetscher hat so viele Geschichten im Kopf, die bringt sie ihr Leben lang nicht alle aufs Papier.
Mit Martina Clavadetscher sprach Silvia Camenzind
Sie sind Hausautorin des Luzerner Theaters. Was machen Sie da genau?
Ich bin während einer Spielzeit am Theater angestellt. Die Hausautorenschaft beinhaltet, dass man ein Stück schreibt, das zur Aufführung kommt. Was kürzlich geschah. Dazu kommen noch weitere Projekte. Es ist ein Förderprogramm des Stücklabors Basel, das junge Theaterautorinnen und -autoren fördert. Nicht nur am Luzerner Theater, sondern auch in Basel und Bern gibt es für jede Saison eine Hausautorin oder einen Hausautoren.
Wie kamen Sie zu diesem Job?
In der letzten Spielzeit habe ich «Die kleine Hexe» in Schweizer Mundart übersetzt, das gefiel anscheinend sehr. So haben sie mich gefragt. Simpel eigentlich: Ich bin gefragt worden.
Ist es eine Vollzeitstelle?
Das ist schwierig zu sagen. Überhaupt die Frage, ob Schreiben in Vollzeit geschieht. Irgendwie schon, vielleicht sogar noch mehr, weil man die ganze Zeit darüber nachdenkt. Natürlich gibt es intensivere Zeiten und dann wieder Zeiten, die ruhiger sind. Es ist nicht so, dass ich täglich acht Stunden in Luzern verbringe.
Sie haben mit «My only friend, the end» ein Theater über die Langeweile, über Freundschaft und Suizid Jugendlicher in ländlichen Gebieten, konkret in Brunnen, geschrieben. Wie nahe fühlen Sie sich den unter 20-Jährigen?
Sie sind nicht nur gelangweilt, sie verarbeiten auch Schmerz, denn einer fehlt. Es war nicht schwierig, mich in sie hineinzuversetzen oder wieder in meine eigene Jugend zurückzugehen. Die ganze Wut und der Wunsch nach Ausbruch, die Sehnsucht, dass etwas passiert, liegen mir wohl immer noch nahe. Aber jeder hat noch etwas Jugendliches in sich, man verdeckt dies einfach besser, wenn man vermeintlich erwachsen ist.
Hat es auch Autobiografisches in diesem Stück?
Auf eine Art und Weise ist es mir schon sehr nahe. Es spielt hier, hat mit meiner eigenen Jugend zu tun, aber es ist keineswegs so, dass ich alles entsprechend erlebt habe. Man bedient sich natürlich der Erinnerungen.
Waren Sie an der Uraufführung in Luzern mit der Umsetzung zufrieden?
Die jugendlichen Laienspieler haben das super gemacht, mit einer unglaublichen Bühnenenergie. Natürlich gibt es immer Sachen, bei denen man denkt, dass hätte man auch anders umsetzen können, aber im Ganzen bin ich sehr zufrieden.
Gab es schon Aufführungen Ihrer Stücke, bei denen Sie dachten: Nein, so habe ich es nicht gemeint?
Das gab es auch schon. Aber da ist oft schon vorher der Wurm drin. Mittlerweile arbeite ich meist mit Menschen, die ich kenne und von denen ich weiss, wie sie sind und wie sie den Inhalt meiner Stücke sehen. Hat man einen gemeinsamen Nenner, sollte so was eigentlich nicht passieren.
Eben konnten Sie in Leipzig an der Buchmesse lesen. Wie war es?
Es war ein grossartiges Erlebnis. Aber auch sehr hektisch. Die Messe selbst ist riesengross, nichts, was man entspannt geniessen könnte. Aber der Kontakt zu anderen Autoren und die Tatsache, dass ich dort meine Erzählung «Sammler» präsentieren konnte, waren sehr schön. Aber auch anstrengend, weil ich gleich nach der Premierenfeier von «My only friend, the end» nach Leipzig flog und kaum geschlafen hatte.
Wie war es, aus Ihrem Buch «Sammler » vorzulesen?
Ich war zu diesem Zeitpunkt ziemlich müde, sodass ich das einfach gemacht habe (lacht).
Ergaben sich neue Kontakte?
Ja. Sehr angenehm ist zudem immer wieder die Erfahrung, dass andere Menschen ja dasselbe machen wie ich. Ich fühlte mich sehr verstanden. Es tut gut, zu spüren: Was ich mache, ist eben doch das Richtige.
Fühlen Sie sich hier manchmal etwas verloren?
Verloren klingt zu negativ. Es ist nicht so, dass die meisten Leute verstehen, was alles in einem vorgeht. Ich fühle mich nicht grundsätzlich missverstanden. Ich fühle mich nicht alleine, aber trotzdem so ein bisschen …
…als gehöre man nicht hierhin?
Manchmal ja, aber manchmal gehöre ich wieder total hierhin. Man merkt einfach, dass man etwas anders ist.
Halt eine Künstlerin?
Ich bin einfach i
Autor
Bote der Urschweiz
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