Eine der vier Seiten, welche die Drucker vom schwarzkunstwerk Einsiedeln das Buch geschaffen haben. Bilder Yvonne Scheiwiller
Eine der vier Seiten, welche die Drucker vom schwarzkunstwerk Einsiedeln das Buch geschaffen haben. Bilder Yvonne Scheiwiller
Die Sulzer-Dampfmaschine in der ehemaligen Spinnerei Honegger-Wirth in Siebnen.
Die Sulzer-Dampfmaschine in der ehemaligen Spinnerei Honegger-Wirth in Siebnen.

Literatur

Schwyzer Industriekultur aufgespürt

Kirchen, Adels-Palais und Bauernhäuser fanden sich schon immer in Kunstführern und Dokumentationen, Industriebauten aber kaum. Das wird nun nachgeholt. Für den Kanton Schwyz hat Yvonne Scheiwiller auf private Initiative diese Arbeit geleistet.

In den nächsten Jahren sind die sechs Zentralschweizer Kantone daran, ein Inventar zur Erhaltung von industriellen Kulturobjekten anzulegen. Dazu gehören wird eine Bestandesaufnahme und am Schluss eine Publikation mit etwa 200 Objekten. Schneller als alle sechs Kantone war Yvonne Scheiwiller aus Steinen. Sie hat auf eigene Initiative und völlig verblüffend auch auf eigene Kosten den Kanton nach Industriezeugen durchsucht. Nun wird sie alles in einem Buch veröffentlichen.

Von Forschervirus erfasst

Die Initialzündung zu dieser Arbeit ist vor vielen Jahren gelegt worden. Yvonne Scheiwiller war damals, nach der Handelsschule am Theresianum Ingenbohl, 13 Jahre lang auf dem Notariat in Schwyz tätig. Dort hatte sie mit alten Gülten, grossen Folianten, mit Liegenschaftsgeschichte und Dokumentation zu tun. «Irgendwann bin ich auf das Industrie-Etablissement Brunnen gestossen», erinnert sie sich. Dieser Begriff habe sie nicht mehr losgelassen. Sie hat sich darauf für Industrie-Archäologie interessiert, im eigenen Kanton die Augen offen gehalten, immer wieder neue Spuren entdeckt und vor allem auch über 20 Jahre lang alles zum Thema gesammelt. Es wurde immer spannender. Scheiwiller hat nach dem Weggang vom Notariat an der Uni Zürich studiert, mit dem Lizenziat in Juristik abgeschlossen, war ein Jahr in China und ist heute beim Bund als Verwaltungsjuristin tätig: Die Faszination für Industriegeschichte aber blieb. «Statt eine Dissertation zu einer Rechtsfrage zu verfassen, habe ich mich lieber mit der Industriegeschichte im Kanton befasst», betont sie.

In der Freizeit auf denSpuren der Industriegeschichte

In der Freizeit und am Wochenende war sie auf den Spuren der Schwyzer Industriegeschichte. Scheiwiller hat sogar ihr Berufspensum reduziert, um an ihrem Projekt arbeiten zu können. Dazu gehörten viele Begehungen, Recherchen, zähe Nachforschungen und rund 160 Interviews und Gespräche. Gute Quellen waren das kantonale Amtsblatt, wenn es um Arbeitsrecht, Reglementierung und Baurecht ging, die Kunstdenkmäler-Bände im Kanton und dann die Zeitungen. Breit aber war die Quellenlage nicht. Denn selbst Unternehmen haben oft ihre eigene Geschichte nicht dokumentiert. Es war mühsame, zähe Detailarbeit.

500 Seiten starker Band

Nun liegt das Resultat einer vierjährigen Arbeit vor. Ende November erscheint ein 500 Seiten starkes Buch. Yvonne Scheiwiller zeigt darin die Industriekultur des Kantons auf, thematisch nach Branchen und Techniken gegliedert. Das beginnt bei den Mühlen undVerkehrswegen und führt über die Energieproduktion, die grosse Geschichte der Textil- und Möbelindustrie im Kanton bis zu ganz exotischen Anlagen und Geräten. Ausgeklammert wurden das Bankwesen, die Post, der Zeitungsdruck und die Wasserversorgungen. Vielleicht sind dies Themen einer Folgearbeit.

Das Ur-Faxgerät aus Einsiedeln

Scheiwiller ging es darum, dokumentarisch zu erfassen und zu publizieren, was sonst verloren gehen könnte oder schon fast verloren gegangen ist. Typisch sei zum Beispiel, wie fast überall die architektonisch gestalteten Transformatoren-Häuschen verschwunden sind. Oder die grösste Überraschung für sei sei gewesen, dass in Bäch am Krebsbach immer noch eine Papiermühle in Betrieb steht. Sie erzählt von den neogotischen Fenstern der Kraftwerkzentrale in Siebnen, von der Posamentenfabrik in Oberarth oder der weltweit exklusiven Zigerkrautreiberei in der March. Ebenso exklusiv ist die Erfindung von Pater Athanasius Tschopp und Meinrad Theiler, welche schon um 1840 (!) den Typotelegraphen entwickelt haben, eine Art Ur-Faxgerät. Der Bundesrat fand damals diese angebotene Erfindung nicht interessant genug. Ebenso bizarr mutet an, dass in der Linthebene bei Tuggen tatsächlich Erdölbohrungen durchgeführt worden sind. Scheiwiller hat noch viele andere Besonderheiten entdeckt und dokumentiert: Die Hammerschmitte im Steinertal, zimmergrosse Dampfmaschinen als Energielieferanten, besondere Kerzenprodukte, die Salzfaktorei in Bäch, das Fabrikli im Kaltbach, die

Autor

Bote der Urschweiz

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Kategorie

  • Literatur

Publiziert am

12.10.2010

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www.schwyzkultur.ch/i4QSvR