Dank neuer Lebens- und Liebeslust wirbt Dr. Faust (Rafael Iten) ums Gretchen (Patrick Hediger). Das Drama nimmt trotz offensichtlicher Situationskomik seinen Lauf. Bild Roger Bürgler
Dank neuer Lebens- und Liebeslust wirbt Dr. Faust (Rafael Iten) ums Gretchen (Patrick Hediger). Das Drama nimmt trotz offensichtlicher Situationskomik seinen Lauf. Bild Roger Bürgler

Bühne

Ein lustvolles Drama – mal heiter und mal frivol

Das wohl bedeutendste deutschsprachige Bühnenstück in 75 Minuten und von zwei Männern gespielt. Das war dreimal im Theater Schwyz zu erleben.

Der Gedanke an sich ist schon etwas grotesk. «Faust» in 75 Minuten und nur mit zwei Schauspielern. Aber die Motivation dahinter, Goethes Bühnenklassiker schlechthin vor allem einem jungen Publikum näherzubringen, ist mehr als nur ehrbar und die Umsetzung im schlanken Rahmen als Tourneetheater konzipiert schlicht super.

Gretchen rappt

Die Initiative dahinter kommt vom gebürtigen Ibächler Patrick Hediger, der über viele Jahre die Produktionen der Küssnachter Theaterleute prägte und auch mit einigen kleineren Produktionen für Aufsehen sorgte. Hediger hat sich zusammen mit dem Zuger Rafael Iten intensiv mit Goethes erstem «Faust» auseinandergesetzt und das Stück auf ein Minimum runtergebrochen. Trotzdem sind die zentralen Szenen wie das Vorspiel und der Prolog, Fausts Verzweiflung im Studierzimmer, der Teufelspakt, das Gelage in Auerbachs Keller, die Gretchenfrage, die Walpurgisnacht und das finale Drama so verpackt, dass sie zumindest der Geschichte, wenn schon nicht unbedingt der Sprache, gerecht werden. Auf den Nenner gebracht, leicht verständlich und höchst unterhaltsam. Man muss sich nicht durch das Reclam-Büchlein durchgeackert haben und keine wissenschaftliche Abhandlung über den Bühnenklassiker gelesen haben, sondern ganz ins Theater gehen.

Heiterer Einstieg in den Klassiker

Die Leistungen von Patrick Hediger (u.a. Mephisto und Gretchen) und Rafael Iten (Dr. Heinrich Faust und etliche Nebenfiguren) sind überaus bewundernswert, der Bühneneinsatz Hochleistung. Und es gibt grossartige Momente. Vor allem wenn die Verse mit Musik unterlegt sind. Das schüchterne Gretchen, das seinen Monolog zu Coolios «Gangsta’s Paradise» rappt, ist alleine schon das Eintrittsgeld wert. «Faust entstaubt» ist ein köstliches Theatervergnügen. Frech, sarkastisch und auch ziemlich derb. Und trotzdem ist das lustvolle Drama in seiner Doppeldeutigkeit und im Kleid einer Komödie hervorragend für das junge Publikum geeignet. Der Text ist in Mundart, die Einführungen und die wichtigsten Verse jedoch in Bühnensprache. Das ist eine grossartige Idee. Und notabene hat «Faust entstaubt» bei den drei Vorstellungen im Theater Schwyz auch dem älteren Publikum sehr gefallen.

Bote der Urschweiz (Roger Bürgler)

Autor

Bote der Urschweiz

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Kategorie

  • Bühne

Publiziert am

28.09.2015

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