Bühne
Ein Popart-Märchen im Technogewand
Schrill, bunt und laut ist das diesjährige Kollegitheater. Und gut. Die Liebeskomödie «Leonce und Lena» von Georg Büchner kommt völlig entstaubt und mit viel Zeitgeist daher.
Die vom Vater (Aaron Gwerder) angedrohte Zwangshochzeit von Prinz Leonce (Tobias Wiget) aus dem Königreich Popo mit der ihm noch unbekannten Lena (Milena Nigg), Prinzessin vom Königreich Pipi, treibt den melancholischen (Traum-)Prinzen in die Verzweiflung.
Die grosse Langeweile
Auf seiner Flucht ins italienische «Dolce far niente» begegnet er Prinzessin Lena. Nicht wissend, dass dies seine von König Peter ausgewählte Braut ist, verliebt er sich in sie. Die Überraschung bei der Rückkehr zur Hochzeit ist dann gleich eine doppelte. Ein Happy End mit fahlem Beigeschmack. Die Komödie, die Georg Büchner kurz vor seinem Tod mit nur 23 Jahren 1836 geschrieben hat, ist eigentlich eine Parabel auf die damaligen provinziellen Kleinstaaten im Deutschen Bund. Das Politische hat nun Klaus Opilik, seit Jahren Regisseur und Produktionsleiter des Kollegitheaters, in den Hintergrund gestellt. Viel mehr geht es um dekadente Langeweile, absurde Zeitvertreibe und das genüssliche Nichtsnützen, geschweige Nichtskönnen. Die fast 200-jährige Geschichte ins Heute zu stellen, ist absolut sinnvoll und kann wunderbar in den Kontext des Zeitgeists der Jugendlichen gestellt werden. Nicht dass diese etwa derart gelangweilt oder unnütz wie Büchners Protagonisten sind, doch unsinnige und unkritische Handlungen sind alleweil da. Die virtuelle Welt lässt grüssen.
Ein köstliches Vergnügen
So erzählen Klaus Opilik, sein 22-köpfiges Ensemble und ein grosser Stab hinter der Bühne die Komödie in knalligen Farben und mit stampfendem Technosound. Die Bühne ist ganz in Weiss gehalten und wirkt wie ein riesiges Bett. Hier kann sich Prinz Leonce seiner Langeweile und Melancholie hingeben, und sein Hofstaat folgt ihm blind. Nur vom Freitod kann der Prinz mit Rockstar-Attitüden von seinem dussligen Diener Valerio abgehalten werden. «Hör doch auf mit dieser Kurt- Cobain-Romantik», sagt dieser treffend. Das Kollegitheater 2014 passt in den Reigen der Produktionen der letzten Jahre. Freche und überraschende Interpretationen von Bühnenklassikern, aufwendiges Dekor, gewitzter Einsatz von Sprache, Tanz und Musik und ein sehr intensives, körperliches Spiel der Darstellerinnen und Darsteller. Dies alles ist für alle Beteiligten zweifelsfrei Herausforderung wie Lebensschule gleichermassen und für das Publikum ein herrliches Vergnügen.
Bote der Urschweiz
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Bote der Urschweiz
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- Bühne
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