Plötzlich geht Christoph von Goumoëns zum Flügel und zupft an den Saiten. Seine Schwester Annette hat er im Einkaufswagen stehen gelassen.
Plötzlich geht Christoph von Goumoëns zum Flügel und zupft an den Saiten. Seine Schwester Annette hat er im Einkaufswagen stehen gelassen.
Einmal James Bond sein ist der grösste Wunsch von Christoph. Eigentlich: Immer James Bond sein – im Anzug, mit Fliege und gezogener Waffe. Bilder: Christian Ballat
Einmal James Bond sein ist der grösste Wunsch von Christoph. Eigentlich: Immer James Bond sein – im Anzug, mit Fliege und gezogener Waffe. Bilder: Christian Ballat

Bühne

James und sein Bond-Girl auf der Bühne

Annette von Goumoëns und ihr Bruder Christoph überraschten im Chupferturm mit Lebens- und Filmszenen.

War es Theater oder einfach das Leben, das am Samstag auf der Schwyzer Chupferturmbühne von der Theaterschaffenden Annette von Goumoëns und ihrem Bruder Christoph – er hat Trisomie 21, bekannt auch als Downsyndrom – gezeigt wurde? «Wir versuchen, mit Einsatz von theatralischen Möglichkeiten, möglichst authentisch das Leben eines Geschwisterpaars zu zeigen», antwortet die Luzernerin. Immer wieder wird sie gefragt, wie denn das gemeinsame Aufwachsen mit ihrem zwei Jahre älteren Bruder gewesen sei. «Ich erzähle gerne davon und könnte das auch an einem Stammtisch tun.» Ein Theater schaffe aber einen intimeren Rahmen. «Die Leute kommen, weil sie uns sehen wollen. Da fällt es leichter, uns so zeigen, wie unser Leben ist.» Tatsächlich bewegen sich Annette und Christoph von Goumoëns auf der Bühne fast wie in ihrer eigenen Stube. Sie lassen sich nicht ablenken durch fragende Blicke oder Husten aus dem Publikum. Sie lassen teilhaben an Erlebnissen, die sie bewegen. Nicht immer war es für Annette einfach, zusammen mit ihrem Bruder den Einkaufszettel der Mutter abzuarbeiten. Schräge Blicke waren das Wenigste, verletzende Worte sogenannt Normaler das Übliche. Darüber hinweg spielen die beiden Filmszenen nach, wobei der Name des jeweiligen Streifens aufgrund von Christophs Bewegungen zuerst erraten werden muss. Es kommt wie immer: Er will James Bond spielen. Seine Schwester muss in die Rolle des Bond-Girls schlüpfen – natürlich im Bikini. Da sie das hasst, ziert auch einmal eine Affenmaske das Gesicht der Bikinifigur.


Dem Flügel besondere Töne entlockt


Regelmässig kommt an diesem Abend der Flügel zum Einsatz, einmal bespielt von Annette, dann von Christoph. Letzterer entlockt dem Instrument besondere Töne, saitenzupfend oder mit fallen gelassenen Pingpong- und Tennisbällen. Der Saal ist berstend voll, die Aufführung ausverkauft. Zu Gast ist auch der Vereinszweig «Zyt ha» von Insieme Innerschwyz. Dieser Entlastungsdienst für Familien mit Menschen mit Beeinträchtigung feiert nach der Aufführung sein 30-jähriges Bestehen mit einem offerierten Apéro in der Kleinbühne Chupferturm, die ihrerseits mit einem Überraschungsprogramm am letzten Septembersamstag ebenfalls das 30-Jahr-Jubiläum feiern wird.


Bote der Urschweiz / Christian Ballat

Autor

Bote der Urschweiz

Kontakt

Kategorie

  • Bühne

Publiziert am

09.09.2019

Webcode

www.schwyzkultur.ch/26Mm6r