Die Stimmen und Initianten (v.l. Uhrzeigersinn): Musiker David Bürgler, Martina Grond (Mutter), Christoph Clavadetscher (Vater), Martina Clavadetscher (Autorin), Jo Reichmuth (Grossmuter), Nina Kolberg (Emma). Es fehlt Christoph Fellmann (Stimme im Kopf)
Die Stimmen und Initianten (v.l. Uhrzeigersinn): Musiker David Bürgler, Martina Grond (Mutter), Christoph Clavadetscher (Vater), Martina Clavadetscher (Autorin), Jo Reichmuth (Grossmuter), Nina Kolberg (Emma). Es fehlt Christoph Fellmann (Stimme im Kopf)

Bühne

Wenn Würmer in unserem Dreck wühlen

Acht Kapitel in acht verschiedenen Räumen ergeben ein Ganzes. Und dieses Ganze geht ziemlich bachab.

Nur schon das Begehen dieses altehrwürdigen Hauses an der St. Martinstrasse 40 in Schwyz ist ein Erlebnis. 100-jährig ist es und wird momentan vom Architekten Ivan Marty renoviert. Man taucht inmitten dieser Baustelle in andere Zeiten ein. Dicke Mauern, unzählige Nischen, Holzdecken und gemusterte Tapeten. Dieser Kulisse wird zurzeit Leben eingehaucht. Autorin Martina Clavadetscher und David Bürgler, Musiker, Produzent, Komponist, haben ein Kurzhörspiel erschaffen. Der Besucher kann acht Räume des Hauses betreten und darin einzelne Kapitel der Geschichte hören. Je nach Lust und Laune können die Zimmer und Dialoge beziehungsweise Monologe gewechselt werden. Nach allen einzelnen Kapiteln ist es dem Betrachter und Zuhörer überlassen, die Geschichte wie ein Puzzle zusammenzusetzen.

«Am Fundament knabbern»

Eine Familie geht bachab: Der Vater denkt nur an die Börsenzahlen, die Mutter mittlerweile mehr als nur ans Kochen und Aufräumen, und die kleine Emma spült Regenwürmer den Abfluss runter. Die Grossmutter, die verwirrt ist, aber als einzige klar wirkt, sagt: «Lass die Würmer besser frei. Sie sollen sich ausbreiten. Es spielt eh keine Rolle mehr. Sie sollen ruhig etwas am Fundament knabbern. Und an den teuren Anzügen.» Was witzig wirkt im Stück, ist gleichzeitig traurig. Martina Clavadetscher packt Gesellschaftskritik in Worte, die – durch die Grossmutter ausgesprochen – treffend daherkommen, aber von Seiten der Familie ignoriert werden. «Die Russen kommen nicht mehr wirklich, die Deutschen sowieso nicht, weisst du, der ganze Dreck kommt jetzt von innen», sagt die alte Dame zu Emma. Und wenn am Schluss alles bachab geht, bleiben nur noch die Erinnerungen ans Schöne, die Stimmen im Kopf: «Das Alte geht, das Neue kommt, etwas bleibt. Das Fundament, die Seele, die kann man nicht übermalen und renovieren. » Die Seele des Hauses an der St. Martinstrasse war an der Premiere vomMittwochabend spürbar. Bald werden neue Menschen dieses Haus beseelen. Und neueGeschichten schreiben.

Hinweis

«Bachab» wird noch am 3., 8., 9., 15., 16., 23. und
24. September jeweils um 20.00 Uhr aufgeführt.



Informationen

www.hoerspielhaus.ch

Bote der Urschweiz (Nicole Auf der Maur)

Autor

Bote der Urschweiz

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Kategorie

  • Bühne

Publiziert am

02.09.2016

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www.schwyzkultur.ch/mEwU4K