Dies & Das
«Ich habe nicht den Eindruck, dass Schwyz ein härteres Pflaster ist»
Seit 100 Tagen leitet Monika Twerenbold die Schwyzer Denkmalpflege. Sie redet über ihren Start, ihre Ziele und Wünsche und sagt, weshalb die Denkmalpflege nicht nur in Schwyz einen schweren Stand hat.
Mit Monika Twerenbold sprach Jürg Auf der Maur
Jürg Auf der Maur: Sie sind seit rund 100 Tagen die neue Schwyzer Denkmalpflegerin. Wie wurden Sie aufgenommen in Schwyz?
Sehr gut. Ich hatte einen steilen Start, weil mit meinem Amtsbeginn gleichzeitig die Europäischen Tage des Denkmals mit Führungen, Referaten und Podiumsgesprächen starteten. Aber im Amt und im geschäftlichen Umfeld wurde ich sehr herzlich empfangen.
Worauf haben Sie sich am meisten gefreut, als Sie sich entschieden, nach Schwyz zu kommen?
Auf vieles! Was ist für Sie Denkmalpflege? Denkmalpflege ist für mich eine Kultur des Dialogs auf der Basis von Vertrauen. Man arbeitet prozessorientiert und muss Freude an Architektur und Geschichte haben, aber auch offen sein für Neues. Dies alles mit einem gesunden Respekt für das Gewachsene.
Denkmalpflegerin in Schwyz zu sein, ist doch ein Harakiri-Job. Sie können es kaum allen recht machen. Sie stehen ständig unter Druck der Bauherren oder der Öffentlichkeit.
Es stimmt. Eine Denkmalpflegerin ist an verschiedenen Fronten tätig. Aber gerade das macht doch den Job auch interessant. Klar, es gibt Entscheide oder Geschäfte, die weniger angenehm sind. Überwiegen tun jedoch die schönen Tätigkeiten.
Was denn?
Wenn es gelingt, zusammen mit einer Bauherrschaft die beste Nutzung für ein Gebäude zu finden, eine Restaurierung erfolgreich abzuschliessen oder die Freude an einem alten Haus zu wecken. Da erlebe ich immer wieder sehr viel Schönes.
Mein Eindruck von aussen: Die Denkmalpflege hat überall einen schweren Stand. Aber im Kanton Schwyz ist es noch eine Spur schwieriger.
Ich erlebe das nicht so. Ich habe nicht den Eindruck, dass Schwyz da ein härteres Pflaster ist. Es gibt in allen Kantonen immer wieder Widerstand gegen einzelne Denkmalschutzentscheide.
Aber Schwyz hat immer wieder national für Schlagzeilen gesorgt.
Ja, das stimmt. Es gab in der letzten Zeit ein Thema, welches stark in der Öffentlichkeit stand. Aber ich denke nicht, dass Schwyz hier im nationalen Vergleich eine ausserordentliche Rolle spielt.
Die jüngste Umfrage des «Boten» zeigt: Die grosse Mehrheit der Befragten denkt, dass der Denkmalschutz einen viel oder eher zu hohen Stellenwert geniesst.
Meine Erfahrung ist anders. Nur schon wenn ich unseren Stellenetat betrachte. Wir müssen uns mit 120 Stellenprozenten in der Bauberatung begnügen. Das ist nicht viel für die reichhaltige Kulturlandschaft, die Schwyz bietet. Zudem können wir von der Denkmalpflege her gar nicht so viel machen. Uns fehlen zum Teil auch rechtliche Grundlagen.
Die das neue Denkmalschutzgesetz nun bringen soll?
Ja, ich wünsche mir tatsächlich, dass wir mit einem neuen Gesetz verbesserte Rechtssicherheit haben, insbesondere mit einem neuen, umfassenden Inventar.
Immerhin: In Brunnen will man seit Jahren im Dorfkern alte Häuser abreissen. Es geht nicht voran.
Das sind oft Einzelfälle, in die viele Personen involviert sind. Dass etwas nicht realisiert werden kann oder dass es unter Umständen länger dauert, bis es vorwärtsgeht, hängt zudem nicht immer von der Denkmalpflege ab. Im Weiteren sind die Gemeinden für ihre Ortsbilder zuständig und müssen entsprechende Planungsinstrumente wie das Isos, das Inventar der nationalen Ortsbilder der Schweiz, ernst nehmen – was leider nicht immer geschieht.
Ein Konflikt zwischen Denkmalschutz und Privateigentum existiert doch?
Ja, aber die Denkmalpflege hat auch die Aufgabe, das öffentliche Interesse zu vertreten. Eigentumsbeschränkungen zum Schutz von Baudenkmälern liegen nach dem Gesetz allgemein im öffentlichen Interesse. Es kann nicht sein, dass ein erhaltenswertes 400- bis 500-jähriges Haus aufgrund eines Besitzerwechsels plötzlich abgebrochen werden kann, nur weil der neue Besitzer den Wert des Hauses anders sieht.
Was ist speziell an Schwyz?
Das sind insbesondere die prachtvollen Herrenhäuser, zum Teil mit Gartenanlagen und Kapellen als eigentliche Ensembles, im und um den Flecken Schwyz. Diese Herrenhäuser machen die einzigartige Kulturlandschaft aus. Aber auch die spätmittelalterlichen Blockbauten sind sehr bedeutend und im Kanton Schwyz besonders zahlreich erhalten.
Umstritten sind die Abbruchbewilligungen in Steinen. Welche Linie vertreten Sie hier?
Ich kenne den Fall Steinen noch zu wenig, um ihn zu kommentieren. Aber ich habe generell zu den spätmittelalterlichen Holzbauten eine enge Beziehung. Es ist ein wunderbares System, wie diese Blockbauten erstellt wurden. Ich habe einen hohen Respekt vor diesen Gebäuden. Es gilt, ihnen Sorge zu tragen. Sie gehen ja bis zur Gründung der Eidgenossenschaft oder noch weiter zurück. Das sind einmalige Zeitzeugen und ein Schatz, zu dem wir Sorge tragen müssen.
Könnten diese Häuser tatsächlich touristisch besser genutzt und vermarktet werden, wie das der Präsident der Heimatschutzkommission vorschlug?
Das ist eine Möglichkeit. Das Haus Tannen in Morschach wird als Ferienhaus des Schweizer Heimatschutzes vermietet und wurde fachgerecht restauriert. Ich bin klar der Meinung, dass solche Häuser genutzt werden müssen.
Welche Ziele haben Sie sich gesetzt?
Ich will zusammen mit den Menschen im Kanton Schwyz fachgerechte Denkmalpflege machen und sorgfältige Restaurierungen begleiten. Wichtig ist mir, bedeutende Baudenkmäler in eine neue Zukunft zu überführen. Ein Ziel ist, dass wir ein neues Denkmalschutzgesetz und ein revidiertes Inventar erhalten.
Ein Streitpunkt im neuen Gesetz wird sein, ob ein einzelner Denkmalpfleger oder eine Denkmalpflegerin allein entscheiden soll, was geschützt wird, oder ob es dafür nicht eine Kommission braucht. Was möchten Sie?
Weder die kantonale Denkmalpflege noch eine Denkmalkommission entscheidet über eine Unterschutzstellung, dies macht der Regierungsrat. Und Fachkommissionen können für eine Denkmalpflege eine wertvolle Stütze im Sinne einer neutralen Fachberatung sein. Eine solche Fachkommission würde ich sehr begrüssen. Aber bei einer politisch zusammengesetzten Kommission habe ich grosse Bedenken.
Was machen Sie dann, wenn die Regierung oder ein Gericht nicht so entscheidet, wie Sie es als Fachfrau vorgeschlagen haben?
Es schmerzt, wenn ein Kulturgut ausgelöscht wird. Ich muss jedoch einen politischen Entscheid tragen können, aber ich möchte fachlich nicht hinterfragt werden.
Hat das zu Bewahrende heute allgemein einen schwereren Stand?
Es besteht in der Tat eine Gefahr, dass in der heutigen schnelllebigen Zeit das zu Bewahrende unter Druck gerät. Aber ich bleibe optimistisch. Die historische Qualität wird hoffentlich wieder an Bedeutung gewinnen. So sind es doch die historischen Gebäude, die meistens in Gemeindeporträts in den Vordergrund gerückt werden.
Bote der Urschweiz / Jürg Auf der Maur
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Bote der Urschweiz
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