Regisseur, Drehbuchautor, Produzent, Schriftsteller und Jazzmusiker: Rolf Lyssy im Forum Schweizergeschichte. Bild Desirée Schibig
Regisseur, Drehbuchautor, Produzent, Schriftsteller und Jazzmusiker: Rolf Lyssy im Forum Schweizergeschichte. Bild Desirée Schibig

Dies & Das

Konfrontation mit Attentat

Gestern Nachmittag wurde im Forum Schweizergeschichte in Schwyz ein höchst bemerkenswerter Film des bekannten Schweizer Regisseurs Rolf Lyssy gezeigt. Der Film «Konfrontation» erzählt die Geschichte von David Frankfurter, der 1936 in Davos den NSDAPLandesgruppenleiter Gustloff erschoss.

Das Forum Schweizergeschichte zeigte den Film im Rahmen der aktuellen Ausstellung «Hast du meine Alpen gesehen? Eine jüdische Beziehungsgeschichte». Rolf Lyssy, Regisseur des bekannten Films «Die Schweizermacher», war vor Ort anwesend und stand im Anschluss für Fragen zur Verfügung. Lyssy wurde 1936 geboren und ist selber jüdischer Abstammung. Der Film «Konfrontation – Das Attentat von Davos» wurde 1975 produziert und zeigt die Hintergründe zur Geschichte des jüdischen Medizinstudenten David Frankfurter, der 1936 in Davos den NSDAP-Landesgruppenleiter Wilhelm Gustloff erschoss. «Ich kann nicht mehr das Unglück des jüdischen Volkes ertragen, es hat mir die Lebensfreude genommen», gab der aus Jugoslawien stammende Sohn eines streng orthodoxen Oberrabbiners vor Gericht zu Protokoll.

Auseinandersetzungmit Attentaten

In Deutschland hatte er den Beginn der Judenverfolgungen nach der Machtergreifung der Nazis selber miterlebt. Die Tat wurde in Deutschland sofort zur judenfeindlichen Stimmungsmache genutzt, und die deutsche Propaganda konstruierte eine «Mitschuld der Schweizer Hetzpresse». Einen solchen Zusammenhang bestritt der Schweizer Bundesrat. Er veranlasste aber eine strengere Handhabung der Pressegesetze, und er verbot die Landesleitung und Kreisleitungen der NSDAP in der Schweiz, die NSDAP selber aber nicht. In der Schweizer Bevölkerung selber war die Tat sehr umstritten. Die einen werteten die Tat als Attentat mit politischem Hintergrund, die anderen als gemeinen Mord. Frankfurter wurde 1936 in Chur wegen Mordes zu 18 Jahren Gefängnis verurteilt, nach dem Krieg 1946 jedoch freigesprochen. Sein lebenslänglicher Landesverweis wurde erst Ende der 60er-Jahre aufgehoben. Indem Lyssy die Tat in seinem Film nicht wertet, gelingt ihm eine generelle Auseinandersetzung mit Attentaten.

Widerstand leisten

Nicht nur die Geschichte, auch die Machart des Films ist äusserst interessant. Lyssy wollte einen Spielfilm mit möglichst genauer Rekonstruktion der Verhältnisse machen, hat dafür aufwendig recherchiert, mit Zeitzeugen gesprochen, Gerichtsprotokolle studiert und den Attentäter Frankfurter interviewt, der am Schluss des Films selber zu Wort kommt. Immer wieder lässt er auch Zeitdokumente in den Film einfliessen. In der anschliessenden Diskussion zum Film spannte Lyssy den Bogen in die Gegenwart. Der Mensch an sich sei träge und bequem. Manchmal brauche es einen Gewaltakt, um die Menschen aufzurütteln. Das faschistische Gedankengut sei bei Weitem nicht verschwunden, die Geschichte wiederhole sich immer wieder. Er erinnerte dabei an die aktuellen erschütternden antisemitischen Tendenzen in Ungarn.

Bote der Urschweiz

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Bote der Urschweiz

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Publiziert am

22.08.2011

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