Haben im Dorfbachquartier ein Juwel entdeckt: Archäologin Ulrike Gollnick und Denkmalpfleger Thomas Brunner stehen vor der einstigen Aussenfassade mit Fenster des Hauses aus dem Jahre 1308.
Haben im Dorfbachquartier ein Juwel entdeckt: Archäologin Ulrike Gollnick und Denkmalpfleger Thomas Brunner stehen vor der einstigen Aussenfassade mit Fenster des Hauses aus dem Jahre 1308.
Von aussen nichts zu sehen: Der Kern dieses Hauses im Dorfbach datiert von 1310. Über die Jahre wurde immer wieder angebaut. Bilder Christoph Clavadetscher
Von aussen nichts zu sehen: Der Kern dieses Hauses im Dorfbach datiert von 1310. Über die Jahre wurde immer wieder angebaut. Bilder Christoph Clavadetscher

Dies & Das

Sensationsfund im Dorfbach

Im Rahmen des grossen Bauprojekts im Schwyzer Dorfbachquartier wurden sensationelle Entdeckungen gemacht. Zwei Häuserkerne datieren von 1308 und 1310. Unter der Täferung schlummerte noch eine Stube mit Wandmalereien.

Der kantonale Denkmalpfleger Thomas Brunner traute seinen Augen nicht, als die Archäologin Ulrike Gollnick in einem Abbruchobjekt im Dorfbach unter einer Täferung ein Fenster aus dem Mittelalter freilegte. Die Denkmalpflege war eigentlich nur vor Ort, weil man vermutete, dass die einstige Mühle eventuell aus dem 16. Jahrhundert stammen könnte. Dass der Häuserkern nun aus dem Jahr 1308 stammt, also aus dem Mittelalter, war die grosse Sensation. Man schaute noch genauer hin und fand auch im Nachbarshaus eine im Original erhaltene Stube von 1310, Wandmalereien von 1520, eine alte Münze und einen Lederbeutel.

Dorfgeschichte wird umgeschrieben

Das Quartier im Dorfbach galt seit jeher als Arbeiterquartier. «Dies kann man nun so nicht mehr sagen», korrigiert der kantonale Denkmalpfleger Thomas Brunner die Dorfgeschichte. Überraschend gefundene mittelalterliche Häuserkerne bestätigen den einstigen Wohlstand.

Bis ins 16. Jahrhundert zurück

Das Schwyzer Dorfbachquartier um den Gütschweg wird umgestaltet. Mehrere alte Häuser werden abgerissen und durch drei Wohnblocks mit 24 Wohnungen ersetzt. Die Abbruchobjekte haben es aber – im wahrsten Sinne des Wortes – in sich. Bislang wusste man, dass die ehemalige Mühle und das Nachbarshaus im Gütschweg gemäss einer alten Karte mindestens 1746 schon gestanden haben müssen. «Wir vermuteten aber, dass die Häuser eventuell bis ins 16. Jahrhundert zurückreichen könnten», erklärt Brunner. Aus diesem Grund nahm man einen Augenschein vor Ort und erlebte eine Überraschung nach der anderen (siehe Box), bis man die Gewissheit hatte, dass die Mühle 1308 und das Haus nebenan 1310 erbaut wurde.

Arbeiter kamen erst viel später

Über die Jahre wurde an die alten Holzhäuser immer wieder angebaut und innen die Wände übertäfert und tapeziert. Die nun freigelegten Kerne dürften die Geschichtsschreiber ins Schwitzen bringen.Aufgrund der stattlichen Grösse der mittelalterlichen Häuser und den später angebrachten Wandmalereien kann gemäss Brunner nicht mehr davon gesprochen werden, dass der Dorfbach immer ein Arbeiterquartier gewesen sei. «Es waren Herrenhäuser aus Holz», so Brunner. Erst sehr viel später liessen sich dort die Arbeiter nieder.

Stube von 1310 mit Malereien

Die Funde im Dorfbach sind eine grosse Sensation. Das Holz ist über 1000 Jahre alt, Stuben um 1310 sind im Original erhalten, und sogar eine alte Münze wurde gefunden. Schwyz.

Denkmalpfleger Thomas Brunner und Mittelalter-Archäologin Ulrike Gollnick wurden von Sensationsfunden überhäuft. Zunächst hat Gollnick an einer Stelle in der alten Mühle mit dem Hammer das Täfer entfernt – zum Vorschein kam ein Fenster, dass typisch für Häuser aus dem frühen 14. Jahrhundert ist. Danach suchte man weiter und entdeckte die beiden alten Häuserkerne mit der ebenfalls für diese Zeit typischen Raumaufteilung. Eine Analyse des Holzes ergab, dass die Weisstannen 1308 beziehungsweise 1310 geschlagen wurden und bis ins 10. Jahrhundert zurückreichen – tausendjähriges Holz also. Nachdem man alles freigelegt hatte, kam im unteren Haus eine gut erhaltene Stube zum Vorschein mit Malereien, die später, etwa 1520, hinzugefügt wurden. Zu sehen sind fürs Mittelalter typische Motive, etwa die Kreuzigungsszene, eine Vase mit Nelken, eine Gans (Verbindung zum Schwyzer Schutzpatron St. Martin), Räben und Granatapfel. In den Wänden fand man zudem wohl aus Aberglaube hineingepfropfte Wertsachen, etwa einen Lederbeutel, gefüllt mit Gewürzen, oder einen Basler Rappen (16. Jahrhundert). Ein Haus mit einer 700-jährigen Geschichte verschwindet.

Bote der Urschweiz

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Bote der Urschweiz

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Publiziert am

24.10.2013

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