Zusammenkunft: Fosco Dubini (rechts) mit seinem ehemaligen Lehrer Norbert Stocker.
Zusammenkunft: Fosco Dubini (rechts) mit seinem ehemaligen Lehrer Norbert Stocker.

Film

Schatzsuche in der Familiengeschichte

Zur Spezialvorstellung seines Dokumentarfilms «Die grosse Erbschaft» im Kino Mythen Forum weilte der in Köln lebende Regisseur Fosco Dubini am Freitagabend in Schwyz, wo er prägende Schuljahre erlebte.

Dieser Film um eine Erinnerungsthematik rief bei vielen Anwesenden Erinnerungen an die gemeinsame Kollegizeit der beiden Regisseure Fosco und Donatello Dubini zu Beginn der 70er-Jahre sowie an ihren am Urnersee gedrehten Film über Bayernkönig Ludwig II. (1993) hervor. Beide freuten sich auf die Klassenzusammenkunft zur Deutschschweizer Kinopremiere ihres jüngsten Films. Doch da Donatello im März an einem Krebsleiden verstorben ist, musste der Anlass ohne ihn stattfinden. Im Sinne einer Rückschau bekamen die Kinozuschauer einen Dubini- Kurzfilm aus dem Jahr 1974 zu sehen. Für Fosco Dubini war der Besuch des Kollegiums Maria Hilf bzw. der KKS eine prägende Zeit: «Damals waren Filme und Bücher unser Tor zur Welt.» Wie sein Bruder ist der Filmwissenschaftler dem Medium danach stets treu geblieben und machte sich vor wenigen Jahren daran, die bewegte Familiengeschichte filmisch zu rekonstruieren.

Begegnung mit vier Generationen

Innert vier Generationen hat sich die Familie Dubini in Norditalien, im Tessin, in der Deutschschweiz sowie in Deutschland niedergelassen. Gibt es da trotzdem eine Heimat? Das Haus des Grossvaters, ein «Palazzetto» für drei bis vier Generationen imTessiner Dorf Lodrino, bildete während Jahrzehnten den Mittelpunkt. Dort betrieben mehrere unverheiratete Onkel und Tanten der Regisseure bis zu ihrem Tod eine Metzgerei und einen Kolonialwarenladen. Innerhalb des Clans herrschten Geschlechtertrennung und Verschwiegenheit. Prägend für die Zeit waren aber auch Konflikte zwischen Tessinern und zugewanderten Italienern wie den Dubinis. Ein Erbschaftsstreit verhinderte einen rechtzeitigen Umbau, bevor das Haus 2001 in Flammen aufging und sich eine Aschedecke über alles legte. Die «Festung» der Einwanderer wurde schliesslich der örtlichen Burgergemeinde überlassen, die nach dem Abbruch des Hauses einen Parkplatz baute. Bevor das Haus abgetragen wurde, machten sich die Gebrüder Dubini auf die Suche nach einer geheimnisvollen, grossen Erbschaft, die noch irgendwo versteckt sein sollte. Neben dieser Handlung und der mündlichen Überlieferung durch Vater Dubini, der im Haus aufgewachsen ist, vermittelt der Film auch die Sicht der heutigen Kulturwissenschaft auf das Haus und seine Bewohner.

Richtigen Zeitpunkt gewählt

«Dadurch dass der Film erst vor Kurzem realisiert wurde, herrschte der nötige Abstand zur Vergangenheit, andererseits ist nun auch die letzte Gelegenheit für Gespräche mit den Protagonisten da», sagt Dubini, dessen 91-jähriger Vater im Film als sympathischer Geschichtenerzähler in Erscheinung tritt. «Auch wenn es nicht mehr existiert, habe ich das Haus noch im Kopf behalten, auch seine Gerüche aus Besuchen in meiner Kindheit sind noch präsent.» Als Inspiration bei den Dreharbeiten diente den Filmemachern Pasolinis «DasVerschwinden der Glühwürmer» als Metapher für Konsumismus anstelle einer bäuerlichen Mangelwirtschaft. Ungefähr in den 60er-Jahren sei eine radikale Veränderung eingetreten, welche die Leute im Dorf überrollt habe. Auch nördlich der Alpen habe es in dieser Zeitspanne solche Veränderungen gegeben, die dazu geführt hätten, dass Objekte viel schneller ausgetauscht werden und nicht mehr über Generationen gehortet werden, wie dies in jenem Haus lange der Fall war.

Bote der Urschweiz

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Bote der Urschweiz

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Kategorie

  • Film

Publiziert am

22.08.2011

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