Literatur

Geheimrat Goethe mit Charme und Witz vom Podest geholt

Lesung und Interview mit Charles Lewinsky am 2. Schwyzer Literaturfest.

Als das heute Samstag ausklingende 2. Schwyzer Literaturfest sich thematisch mit dem Universalgenie Goethe befasste, dann kam es um eine aktuelle Einordnung nicht herum. Eine davon hat Erfolgsautor Charles Lewinsky geliefert. Darum war er Gast an der Lesung im Kantonsratssaal. Lewinsky ist vor eineinhalb Jahren mit dem Roman «Rauch und Schall» aufgefallen. In Umkehrung des goetheschen Zitats hat er in dieser weitgehend fiktiven Handlung auch die Genialität des Dichterfürsten umgekehrt. Goethe, an Hämorrhoiden leidend, ist von seiner Schweizer – und Schwyzer – Reise zurückgekehrt nach Weimar und verzweifelt an einer Schreibblockade. In nicht eingestandener Not lässt Geheimrat Johann Wolfgang von Goethe dann seinen Schwager Christian August Vulpius ein Festgedicht schreiben, das er für sein eigenes Werk ausgibt. Das Verhängnis nimmt seinen Lauf, als Vulpius den Bestseller «Rinaldo Rinaldini» schreibt und gemäss freier Interpretation von Lewinsky mit Goethe in Gespräche verfällt, was gute Literatur ist und wie man das anstellt.

 

Verschnörkelter Stil, witzige Wendungen

Genüsslich hat Charles Lewinsky vor etwa 50 Personen im Kantonsratssaal mehrere Passagen aus seinem Roman gelesen. Deutlich wurde, wie er als Autor den klassizistischen und auch verschnörkelten Stil von Goethes Literaturwelt aufnimmt und gleichzeitig das Genie mit spürbarer Freude auch demontiert. Die Wendungen in der Handlung sind immer wieder unerwartet, viele Episoden sehr witzig und die Anspielungen oft sehr amüsant. Etwa wenn er Goethe sagen lässt, dass «der Tell-Stoff vielleicht doch eher etwas für Schiller sei». Lewinsky ist ein erfahrener Autor, der sehr gut recherchiert und um den Effekt beim Leser weiss. Mindestens ebenso interessant war das anschliessende Gespräch mit Charles Lewinsky, geleitet von Andreas Lukoschik. Hier überzeugte Lewinsky mit gradliniger Offenheit. Dass er triviale Texte verfasst hat und mit der TV-Serie «Fascht e Familie», den Sketches mit «Adam und Eva Chifler» oder dem Text für «Das chunt eim Spanisch vor» Grosserfolge einfahren durfte, ordnete Lewinsky in die Schublade des Autorenhandwerks ein. Eine Auftragsarbeit fürs Fernsehen, mit genauen Vorgaben zu Dauer, Anzahl Personen, Schauplatz und Publikumsgunst, sei etwas ganz anderes als das freie Schreiben. Das sei Gebrauchsarbeit. Von etwas habe seine Familie auch leben müssen. 

 

Schreiben ist zuerst einmal Handwerk

Generell sei Schreiben zuerst einmal Handwerk. Dazu kommen bei Lewinsky eine eiserne Disziplin und viel Lesearbeit. Inzwischen hat er erfolgreich 26 Bücher veröffentlicht. Das sei dann was anderes als die Auftragsarbeit. Schreibstau, wie bei Goethe, kenne er auch, aber dann helfe nur der selbst auferlegte Zwang zum Schreiben, so gehe es aus dem Graben heraus. «Recherchieren bringt einen auf neue Gedanken und Ideen.» Charles Lewinsky schilderte auch, wie er selber schreibt. Alles am Computer, weil so laufend Änderungen und Verbesserungen möglich seien. «Wer noch auf einer Hermes-Baby schreibt, der ist kein Autor, sondern ein Hemingway-Kopist.» Bücher jedoch lese er nicht am Bildschirm. Auch zur Allerweltsfrage, was gute Literatur ist, hat Lewinsky eine probate Erklärung. «Gute Literatur ist, wenn der Leser beim Lesen etwas gedacht hat.»

 

Bote der Urschweiz / Josias Clavadetscher

Autor

Bote der Urschweiz

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Kategorie

  • Literatur

Publiziert am

11.04.2025

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