«Ausdruck teuflischer Wut» – so beschreibt der Schwyzer Schriftsteller Meinrad Inglin in zwei seiner Werke die rotbraune Dämonenmaske, was denn auch die Gesichtszüge aus unterschiedlichen Perspektiven eindrücklich belegen. Bild Hans Steinegger
«Ausdruck teuflischer Wut» – so beschreibt der Schwyzer Schriftsteller Meinrad Inglin in zwei seiner Werke die rotbraune Dämonenmaske, was denn auch die Gesichtszüge aus unterschiedlichen Perspektiven eindrücklich belegen. Bild Hans Steinegger

Literatur

Die «Dämonenmaske» im Inglin-Haus

In zwei Werken des Schriftstellers Meinrad Inglin spielen eine Holzmaske und ein Schlossermeister symbolhafte Rollen. Dokumente in Inglins Nachlass führen zu Anton Gwerder – ein Sonderling mit verstörten Aktionen soll er gewesen sein. Darum nannten die Schwyzer ihn «Herr Kannalles» …

Dieleihweise Rückkehr der über 150 Jahre alten Holzmasken «Talibasch» und «Välädi» aus dem Landesmuseum Zürich ins Dorf Steinen hat nicht nur im Umfeld eingefleischter Fasnächtler rege Beachtung gefunden. So verwundert es nicht, wenn seither da und dort daran erinnert wird, dass auch anderswo im Kanton Schwyz noch ähnlich wertvolle Holzlarven aus dem 19. Jahrhundert und früher zu finden seien. Genannt werden etwa die zwölf Groteskmasken im ehemaligen Turmmuseum in Schwyz oder die umfangreiche Sammlung von «Rölli»-Masken im Marchmuseum. Auch in Einsiedeln sind je eine «Mummerie»- und «Johee»-Larve im Privatbesitz erhalten geblieben, die um 1800 von Josef Meinrad Fuchs geschnitzt wurden.

Holzmaske literarisch verarbeitet

Weniger bekannt sein dürfte, dass in Schwyz noch eine sehr eigenwillige Holzmaske aus dem Nachlass des Schriftstellers Meinrad Inglin (1893– 1971) existiert – zurzeit wohl bewahrt von Norbert und Elisabeth Stocker, den heutigen Eigentümern des Inglin-Hauses im Grund. Doch, was weiss man über diese Maske? Einige Antworten und Hinweise dazu gibt uns der Schwyzer Schriftsteller selber. Bekanntlich war Inglin nicht nur ein aktiver Fasnächtler, sondern er liess wiederholt auch Land, Leute und Brauchtum in seine Werke einfliessen. So hat er 1949 sogar die «Schwyzer Dämonenmaske», wie die ausdrucksstarke Larve in alten Dokumenten genannt wird, in seinem Roman «Werner Amberg» literarisch verarbeitet. In der prägnanten Beschreibung ist denn auch Form und Farbe des Originals zweifelsfrei zu erkennen. Nur wird die Larve von einem «Wilden Mann» getragen, der längst aus der Rott verschwunden ist. Meinrad Inglin schreibt: «Unter diesen Maskeraden nun, die rottenweise durch die Strassen zogen und zur Trommel tanzten, gab es neben lustigen, schönen und hässlichen Gestalten einen wilden Mann, der ein unheimliches Gesicht hatte, eine düster bemalte alte Holzmaske, zähnefletschend, plattnasig, mit einem Ausdruck teuflischer Wut. Dieser rotbraune Dämon fiel mir sogleich auf, wie er dumpf brüllend dahertanzte, er war kein Menschenwesen, und am wenigsten ahnte ich in ihm einen vermummten Bekannten, der mir etwas schenken wollte.»

Ausserhalb der Alltagsnormen

Überdies hat Inglin in den Romanen «Die Welt in Ingoldau» und «Werner Amberg» verschiedene andere Szenen aus der Schwyzer Fasnacht festgehalten – von der Rott über die Gestalten Teufel und Wildmann bis zum «Nüsslen». Als närrische Elemente stehen sie alle für die «verkehrte Welt», die ja namentlich Ordnung und Regeln für eine beschränkte Zeit ausser Kraft setzt. Im «Werner Amberg» ist es zudem «Meister Daniel», der als umtriebiger Fasnächtler die Alltagsnormen sprengt. Er versucht nämlich, auf dem Dorfplatz einen grossen Luftballon zu starten, was ihm jedoch misslingt; später zieht er sogar mit einem ungeheuren Drachen durchs fasnächtliche Dorf. – Doch genau da kreuzen sich Realität und Literatur: Denn im Roman steht das närrische Treiben symbolisch für die Lebenssituation und den Seelenzustand des jungen Amberg und künftigen Dichters. Durch schulische Misserfolge und allgemeine Orientierungsnot gerät er nämlich aus dem Gleis, nach bürgerlichen Massstäben sogar ins Abseits. Und so fühlt er sich bald einmal nur noch als «Esel am Berg» oder seinem Namen entsprechend «am-Berg»!

Fantasiereicher Schlossmeister

Die Romanfigur Meister Daniel hat einen realen Hintergrund, die Inglin jedoch als Urgestalt literarisch verfremdet. Es handelt sich nämlich um Anton Gwerder (1857–1933), der am oberen Schwyzer Dorfbach, im heutigen Haus Ehrler an der Rickenbachstrasse, eine Schlosserei betrieb. Er hatte das Gebäude 1883 erworben und 1895, nach einem gerichtlichen Vergleich, das Recht auf Wassernutzung erhalten. Denn der Schlosser und Schmied benötigte die Wasserkraft sowohl für die Betreibung schwerer Hämmer als auch zum Antrieb verschiedener Maschinen via Transmission. Der in weiten Kreisen bekannte Schlossermeister verlebte schliesslich seinen Lebensabend im Altersheim Jonathal bei Wald

Autor

Bote der Urschweiz

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Kategorie

  • Literatur

Publiziert am

29.01.2014

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