Literatur
Über drei Onkel in Amerika
Drei Männer aus dem Talkessel Schwyz wanderten in jungen Jahren nach Amerika aus. Es verschlug die jungen Burschen an denselben Ort in Kalifornien. Annemarie Regez hat ein Buch über sie geschrieben. So kommt es, dass 85-jährige Männer Bücher signieren.
Heute ist die Schweiz ein Einwanderungsland. Wie die Geschichte zeigt, war es früher ein Auswanderungsland. Die Hoffnung auf Arbeit lag einst im fernen Amerika. Drei, die dort ihr Glück fanden, sind Frank und Koni aus Steinen sowie Gummel aus Oberschönenbuch. Da sassen sie nun am Donnerstagabend in der ersten Reihe in der Kantonsbibliothek in Schwyz neben Nationalrat Ruedi Lustenberger, Zentralpräsident Verband Schweizerischer Schreinermeister und Möbelfabrikanten (VSSM): Frank Auf der Maur und Franz «Gummel» Schmidig, die in Kalifornien mit einer Küchenschrankfabrik Geld gemacht haben. Konrad Rickenbach, der Dritte im Bunde, musste aus gesundheitlichen Gründen auf die Reise in die Schweiz verzichten.
«Das könnte ich machen»
Annemarie Regez, Schriftstellerin und Bibliothekarin der Kantonsbibliothek in Schwyz, hat ein Buch über die drei Auswanderer geschrieben. Sie ist über ihren Mann Jürg Auf der Maur mit Frank Auf der Maur verwandt. Das Paar reiste 1995 zum ersten Mal gemeinsam zum Onkel in Amerika. Es folgten weitere Reisen, und so kam es, dass bei einem gemeinsamen Essen Franz Schmidig dabei war. Der gesellige Gummel ist ein begnadeter Geschichtenerzähler. An diesem Abend kramte er Anekdoten seiner Anfangszeit in Kanada hervor, denn er wanderte über Kanada in die USA ein. Annemarie Regez’ erster Gedanke war: «Das müsste man aufschreiben.» Ihr zweiter: «Das könnte ich machen.» Gummel und Frank waren sofort dabei, mit einer Bedingung: Nur mit Konrad Rickenbach. Die drei Männer verbindet nämlich eine lebenslange Freundschaft. Vier Monate später reiste die Schriftstellerin mit Aufnahmegerät wieder nach Kalifornien. An der Buchvernissage sagte sie: «Ich bin dankbar, dass sie mir so viel Vertrauen geschenkt haben.» Von Anfang an sei es ihre Absicht gewesen, sich zurückzuhalten und die Personen selber sprechen zu lassen. Dabei musste sie akzeptieren, dass ihr die Männer nicht alles erzählt haben.
Muss keine Leseratte sein
Die Zurückhaltung spürt man im Buch. Nie drängt sich die Autorin auf, nie wertet sie. Sie lässt die Männer sprechen, zeichnet ihr Leben auf, gibt Hintergrundinformationen zu Zeitereignissen und früheren Lebensumständen und zum prosperierenden Ort Pleasanton, in den es die drei Protagonisten Mitte der 50er-Jahre verschlug. Sie bleibt ihrer klaren Sprache treu. Es ist nicht einfach, drei Schicksale in ein Buch zu verpacken, ohne sich auf Nebengeleisen zu verlieren. Annemarie Regez gelingt es. Das Buch liest sich ring. Es wird aufgelockert durch die Fotos von Esther Michel. Albert Grossmann, der die Jugend in Steinen mit den Auswanderern verbracht hat und an der Vernissage von damals erzählte, meinte: «Man muss dafür nicht eine Leseratte sein.» So gingen die Bücher schon beim Apéro weg wie frische Weggli. Die strahlenden Auswanderer waren die umschwärmten Stars, die ihre Bücher signierten.
«Wild auf den Westen»
von Annemarie Regez mit Fotos von Esther Michel ist im Helden Verlag erschienen.
Bote der Urschweiz
Autor
Bote der Urschweiz
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- Literatur
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