Die Hujässler mit Dani Häusler, Klarinette (von links), Markus Flückiger, Schwyzerörgeli, Sepp Huber, Kontrabass, und Reto Kamer, Klavier, begehen ihr 20-Jahr-Jubiläum und blicken auf ihr Schaffen zurück, das über zehn veröffentlichte Tonträger umfasst. Bild: PD
Die Hujässler mit Dani Häusler, Klarinette (von links), Markus Flückiger, Schwyzerörgeli, Sepp Huber, Kontrabass, und Reto Kamer, Klavier, begehen ihr 20-Jahr-Jubiläum und blicken auf ihr Schaffen zurück, das über zehn veröffentlichte Tonträger umfasst. Bild: PD

Musik

«Die Hujässler sind ein Freundschaftsprojekt»

Die Hujässler, die den Begriff der neuen Volksmusik geprägt haben, gibt es nun schon seit zwanzig Jahren. Schwyzerörgeler Markus Flückiger blickt zurück auf die Anfänge – und sagt, was heute anders wäre.

Mit Markus Flückiger sprach Florian Arnold


Florian Arnold: Markus Flückiger, die Hujässler haben es geschafft: Nach vier Takten im Radio weiss man, wer da spielt. Wie war das möglich?


Markus Flückiger: Vielleicht kann man von einem eigenen Stil reden. Dabei waren die Hujässler ursprünglich der Gegenpol zu Pareglish, bei denen Dani Häusler und ich dabei waren. Mit den Hujässlern wollten wir urchige Ländlermusik machen, weil uns das fehlte. Als es Pareglish nicht mehr gab, haben wir begonnen, auch eigene Musik mit den Hujässlern zu spielen.


Was ist Ihre Beschreibung des Hujässler-Stils?


Im Vergleich zu konventioneller Ländlermusik haben wir unseren Stil harmonisch und rhythmisch erweitert. Uns war der Groove immer wichtig, und das Harmonische fehlt der traditionellen Ländlermusik ein wenig. Es sind oft die gleichen drei Akkorde, die wir einfach ausgebaut haben.


Viele Leute haben das Gefühl, es stecke Balkan in Ihrer Musik.


Wir haben eigentlich nie Balkanmusik gehört, aber wenn man rhythmisch etwas ausprobiert, kann es bald so tönen. Wir wurden auch schon mit irischer Musik verglichen, was wir ebenfalls nicht bewusst eingebaut haben. Dani und ich hatten früher aber eine Vorliebe für skandinavische Volksmusik. Solche Elemente wurden bewusst übernommen, weil es uns einfach gefiel. Unsere typische Innerschweizer Besetzung gibt aber einiges vor, sodass wir immer noch sehr «ländlerig» blieben.


Wie wichtig ist es Ihnen, dass man die Wurzeln heraushört?


Wir können und wollen das nicht verleugnen. Den Rucksack, mit dem wir aufgewachsen sind, wollen wir nicht abschütteln, der gehört einfach dazu.


Trotzdem ist mit Ihrer Formation der Begriff «neue Volksmusik» entstanden.


Wir waren nicht die Einzigen, die diese Aufbruchstimmung mitgeprägt haben. Wegen uns hätte es aber diese Bezeichnung nicht gebraucht. Denn wir machen keinen Unterschied zwischen alter und neuer Volksmusik. Die Veranstalter und Medien brauchten einfach eine neue Schublade. Alles, was nicht mehr so tönte, wie die letzten 100 Jahre, hat man da reingepackt. Ich habe schon oft überlegt, wie man diese Stilrichtung noch nennen könnte, aber mir ist nichts Schlaueres in den Sinn gekommen.


Es ist einfach nach 20 Jahren nicht mehr ganz neu. Bedeutet das, dass das Entwicklungspotenzial dieser Stilrichtung langsam aufgebraucht ist?


Man kann immer noch etwas erfinden, das es noch nicht gab. Die Frage ist, ob es nötig ist. Manchmal habe ich das Gefühl, dass man das Ziel nicht erreicht, wenn es ums Verrecken anders tönen muss und man sich zwingt, etwas Neues zu machen.


Viele Bands stecken einmal während ihrer Karriere in der Krise. Wie sah das bei den Hujässlern aus?


Eine Krise gab es nicht. Aber die Interessen sind schon etwas auseinandergegangen. Keiner von uns legt den Fokus auf die Hujässler, denn es ist kein Projekt, bei dem wir Tourneen von 30 Konzerten planen. Es ist viel mehr ein Freundschaftsprojekt. Wir sind jung zusammengekommen und hatten Freude am Spielen. Das ist immer so geblieben.


In den Anfangszeiten galten Sie als «schräge Vögel».


Das war so zu dieser Zeit. Wenn wir heute anfangen würden, hätten wir niemals dieselbe Aufmerksamkeit wie damals. Wir waren damals fast die Einzigen in der Ländlerszene, bei denen es anders tönte – und dies mit wenig Veränderungen. Heute haben es die Jungen viel schwerer, mit etwas Neuem aufzufallen, weil es viele davon gibt.


Sind vielleicht sogar zu viele da?


Nein, ich finde es super, dass so viel Neues ausprobiert wird. Bei manchen Jungen aus der neuen Volksmusikszene fehlt vielleicht manchmal etwas der Hintergrund. Für sie ist es dafür spannend, später wieder alte Musik kennenzulernen. Bei uns war das umgekehrt. Unser Ziel war es aber nie, etwas zu verändern, sondern etwas zu erweitern. Denn viel Altes ist gut und muss gar nicht verändert werden. Das ist das Schöne: Die Volksmusik wurde breiter.


Sahen das konservative Ländleranhänger zu Ihrer Anfangszeit nicht anders und haben Sie geächtet?


Das war so. Aber das hatte einfach mit der Erwartung zu tun. Wir waren jung und kamen aus der Ländlerszene, aber plötzlich haben wir anders getönt. Einige waren enttäuscht, weil es halt nicht mehr so war wie früher. Diese haben dann gemerkt, dass sie nicht zu den Hujässlern kommen müssen. Dafür konnten wir neues Publikum erschliessen.


Dann haben Sie Anteil am Volksmusikboom?


Ich glaube, auf dem Land hatte Volksmusik immer einen grossen Stellenwert. Die neue Volksmusik als Genre ist aber in andere Kreise vorgedrungen. Vor zwanzig Jahren wurde man von der Hochschule oder vom Schweizer Musikpreis ausgeschlossen, wenn man Volksmusik gemacht hat. Durch die qualitative Erweiterung, welche die neue Volksmusik mit sich gebracht hat, wurde man dort plötzlich akzeptiert.


Heute sind Sie Dozent an der Hochschule Luzern. Welches sind Ihre Erfahrungen?


Es wird damit dies möglich, was früher gefehlt hat. Junge Leute, welche die Volksmusik zum Beruf machen wollen, haben so die Möglichkeit, sich eine grosse Grundbildung zu holen. Das hohe Wissen fliesst dann in die Volksmusik ein.


Verändert sich die Musik dadurch grundlegend?


Man muss die Verhältnisse sehen. Die paar Studenten, die jährlich abschliessen, verändern nicht die ganze Volksmusik. Aber auch sie sorgen für eine Erweiterung. Aber: Was sich die wirklichen Spezialisten in gewissen Stilrichtungen angeeignet haben, kann die Hochschule nicht lehren. Deshalb braucht es auch weiterhin die Laienszene. Diese gegeneinander auszuspielen, wäre falsch.


Aber man stellt Vergleiche an.


Das wird leider gemacht. Man hat zum Teil falsche Erwartungen. In der Klassik hat sich das schon länger etabliert, dass es Profis und Laien gibt. Was man auch nicht vergessen darf, ist, dass wir nicht nur Bühnenmusiker ausbilden, sondern auch Schwyzerörgeli- oder Hackbrettspieler, die an den Schulen lehren.


Sie feierten das 20-Jahr-Jubiläum kürzlich am Volksmusikfestival in Altdorf. Gibt es weitere Jubiläumsanlässe?


Unser Jubiläum hat sich als Aufhänger für das Konzert in Altdorf angeboten. Wir spielten quer durch unsere Tonträger, von den Anfängen bis zum aktuellen Repertoire. Ein Jubiläumsanlass ist nicht geplant.


Sie stellen am 14. September im «Sternen » in Aeschi bei Spiez Ihre CD vor. Ist sie schon fertig?


Aufgenommen ist sie, ich bin aber noch am Mischen. Sie kommt offiziell dann im Herbst auf den Markt.


Spielen die Hujässler auch noch in der Region Schwyz?


Ja, am 20. Oktober im Restaurant Biberegg in Rothenthurm.


Und wohin geht die Reise der Hujässler noch?


Das wissen wir selber noch nicht. Was ich sagen kann, ist, dass wir uns auf der CD zum 20-Jahr-Jubiläum ein «back to the roots» gegönnt haben. Es wird wieder recht urchig tönen.


Bote der Urschweiz / Florian Arnold

Autor

Bote der Urschweiz

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Kategorie

  • Musik

Publiziert am

09.06.2018

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