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Was genau Volksmusik ist, das kann keiner sagen
Die spannende Sonderausstellung lässt zwar die Frage nach dem Erfinder der Volksmusik offen, bringt aber die Erkenntnis, wie vielfältig sie ist.
Schon jetzt kann man ruhig behaupten, dass diese Sonderausstellung im Forum Schweizer Geschichte Schwyz auf grosses Echo stossen wird. Irgendwo, irgendwann und irgendwie ist jedermann schon mit Volksmusik in Kontakt geraten und bringt damit in verschiedenstem Ausmass Interesse mit. Kommt noch dazu, dass sich die traditionelle Volksmusik in den letzten dreissig Jahren enorm weiterentwickelt hat und 2007 sogar zum Hochschulfach geworden ist. Die Ausstellung führt die Besuchenden zuerst geschickt durch die Welt der Instrumente. Vier werden eingehend in ihrer Bedeutung, Geschichte und Herkunft vorgestellt: das Alphorn, das Hackbrett, die Zither und natürlich das Schwyzerörgeli. Dabei sind auch ganz spezielle Exponate zu sehen, wie etwa eines der legendären «Langnauerli», etwa 1870 erbaut, oder ein im 19. Jahrhundert aus einer krumm gewachsenen Tanne gefertigtes Alphorn. Mehr Instrumente habe man aus Platzgründen schlicht gar nicht ausstellen können, erklärte Co-Kuratorin Laura Rompietti.
Die Eichhorns waren Pioniere
Relativ umfangreich wird die Geschichte des Schwyzerörgeli präsentiert. Ab 1883 hat es die Volksmusik regelrecht «revolutioniert». Mit dabei und richtungsweisend war dabei neben dem Nussbaumerli vor allem auch die Harmonikafabrik Eichhorn in Schwyz. Alois Eichhorn und seine beiden Söhne Josef und Karl waren eigentliche Pioniere, die pro Jahr Hunderte von Örgeli hergestellt haben. Immer wieder erleben die Besuchenden in der Ausstellung Aha-Erlebnisse. Dass das Alphorn erst ab 1920 dank dem Jodlerverband grosse Verbreitung gefunden hat, ist so ein Moment. Oder dass Johannes Brahms 1876 Alphorntöne in seine erste Symphonie eingebaut hat. Oder dass die «Bettelblaserei» bei Touristen keinen guten Ruf gehabt hat.
Publikum darf auf die Bühne
Die ganze Ausstellung ist interaktiv ausgelegt. Die Besuchenden können Töne abrufen und Videosequenzen, oder können sogar selbst am «Mischpult» eine Kapelle oder eine Naturjuuz-Formation zusammenstellen. Auch steht Alphornstar Lisa Stoll virtuell für einen eigentlichen Bläserkurs zur Verfügung oder Loris Imlig für das Schwyzerörgeli. Wer möchte, kann live auf die «Stubete-Bühne». Ein Alphorn, ein Schwyzerörgeli und ein Hackbrett stehen bereit und dürfen probiert und bespielt werden. Dabei wird man nicht dem Schicksal überlassen, sondern gut begleitet, sodass auch absolute Laien die ersten stimmigen Töne erzielen können. Dies auch zur Unterhaltung der übrigen Ausstellungsbesuchenden.
Volksmusik kann nie starr sein
Eine zentrale Aussage der Ausstellung hält fest, dass die Volksmusik gerade in den Krisen- und Kriegsjahren des letzten Jahrhunderts wesentlich zur nationalen Identität beigetragen hat. Die Ländlermusik als Tanzmusik der Unterschichten ist in den Kriegsjahren übers Radio stark verbreitet worden und hat so zum nationalen Zusammenhalt beigetragen. Die Ausstellung zeigt auch, dass Volksmusik nie starr sein kann. Sie sei immer in Bewegung, erklärte Kuratorin Sibylle Gerber. Die Ausstellung scheut sich auch nicht, die Spannung zwischen Puristen und dem Experiment aufzuzeigen, die Grenzlinien zur Folk-Musik oder Probleme der zu starken Kommerzialisierung. Ebenso wird das oft heikle Thema angesprochen, ob nun eine Melodie einfach neu arrangiert oder schlicht geklaut worden ist. Volksmusik wird zudem immer wieder als Projektionsfläche genutzt, instrumentalisiert, für Produkte, Meinungen und Haltungen. Und schliesslich ist es unmöglich, die Volksmusik zu definieren oder zu erklären, wo und von wem sie «erfunden» worden ist. Diese Antwort muss auch die Ausstellung offen lassen. Wichtig ist die Erkenntnis, dass die Volksmusik vielfältig ist, ein bunter Strauss. «Der Volksmusik geht es gut, die Wurzeln werden gepflegt, und es entstehen immer wieder neue Blumen», betonte Nadja Räss bei der Eröffnung der Ausstellung.
Hinweis
Sonderausstellung «Volksmusik». Forum Schweizer Geschichte Schwyz, bis 3. Mai 2026. Öffnungszeiten Dienstag bis Sonntag, jeweils 10 bis 17 Uhr. Während der Ausstellungsdauer finden 43 Führungen und Veranstaltungen statt.
Bote der Urschweiz / Josias Clavadetscher
Autor
Bote der Urschweiz
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- Musik
- Volksmusik
Publiziert am
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