Dominic Zaalberg, genannt Zaali, ist Eventmanager in der Eventbar Gaswerk Seewen. Eben hat der Konzertherbst begonnen. Bild: Silvia Camenzind
Dominic Zaalberg, genannt Zaali, ist Eventmanager in der Eventbar Gaswerk Seewen. Eben hat der Konzertherbst begonnen. Bild: Silvia Camenzind

Dies & Das

«Das Publikum entscheidet kurzfristiger, oft erst an der Abendkasse»

Dominic «Zaali» Zaalberg, einer der drei Geschäftsleiter im «Gaswerk» in Seewen, ist Eventmanager. Er erforscht täglich das Ausgehverhalten der Schwyzerinnen und Schwyzer. Sein Fazit: Sie mögen eher Kommerzielles und sind wenig probierfreudig.

Mit Dominic Zaalberg sprach Silvia Camenzind


Silvia Camenzind: Das «Gaswerk» gehört zu den schönsten Eventlokalen der Schweiz – Rang 16 von über 500 Nominierten. Was bedeutet das Ihnen und Ihrem Team?


Dominic Zaalberg: Es zeigt, dass wir das richtige Auge beim Einrichten gehabt haben. Wir wollten von Beginn an Charakter in das von uns gemietete Lokal bringen. Wir wollten auf keinen Fall ein Aula-Feeling. Das schätzen unser Publikum und die Bands. Das Industrielle, das Holz und das Warme geben dem «Gaswerk» Charakter. Wir haben nicht auf diese Auszeichnung hingearbeitet, denn in erster Linie wollen wir gute Anlässe bieten.


Der Buddy-Bar-Sommer ist zu Ende. Welches Fazit ziehen Sie?


Es war die beste Saison bisher. Auch Juli und August, bei uns sonst eher schwächere Monate, hatten wir viele Gäste.


Die Buddy Bar hat Atmosphäre. Wie haben Sie diese an diesem verkehrsreichen Ort geschaffen?


Wir wollten das Feeling von der Badi, an die die Buddy Bar angelehnt ist, mitnehmen. Wir haben hier aber keinen See, dafür eine viel befahrene Strasse und eine Bahnlinie. Dank Abschirmungen, Pflanzen und gutem Sound fallen Strasse und Bahnlinie nicht mehr auf. Man gewöhnt sich an Nebengeräusche. Es steckt viel Arbeit dahinter. Mehr als eine Woche stellten wir zu fünft die Bar auf, eben haben wir zu fünft an einem Tag wieder alles weggeräumt.


Im «Gaswerk» ist Eintritt ab 18. Hat sich das bewährt?


Bei BandX beispielsweise kommen Jugendliche, bei Kunz ganze Familien. Bei Partys hingegen schauen wir strikte auf das Mindestalter 18 Jahre. Kontrolliert man beim Eintritt die Identitätskarte, braucht man dies an der Bar nicht mehr zu tun. Das vereinfacht die Abläufe.


Das «Gaswerk»-Publikum ist gemischt. Macht ihr das bewusst?


Wir wollen für alle – von 18 bis 99 Jahre – Veranstaltungen bieten. So können wir vielfältig fahren, und ich kann über alle Genres hinweg Anlässe buchen. Die schönsten Abende sind jene, an denen sich Jung und Alt und Leute über Genres hinweg vermischen.


Gibt es eine Alters- oder Zielgruppe, die das «Gaswerk» noch vermehrt ansprechen möchte?


Das ist saisonbedingt. Ich buche halbjährlich, mal hat es mehr Jüngere, mal mehr Ältere. Mit der Oper von Kultur-Schock oder mit einem Ländlerabend erreichen wir neue Leute. Wahrscheinlich berücksichtige ich die Metallszene zu wenig. In diesem Gebiet bin ich halt selber nicht zu Hause.


Der Konzertherbst hat begonnen. Wie läufts?


Wir machen wieder eine Kleinkunstreihe, dies auch wieder, um vom Aula-Feeling wegzukommen. Sie läuft sehr gut im Vorverkauf. Auch die Headliner laufen gut. Es gibt kleine Konzerte, da ging bisher noch gar nichts. In den dreieinhalb Jahren, in denen wir nun geöffnet haben, zeigt sich: Das Publikum entscheidet sich immer kurzfristiger und oft erst an der Abendkasse.


Wie erspüren Sie, was beim Publikum in der Region ankommt?


Wir sind selber unterwegs und sprechen mit den Leuten. Im Frühsommer haben über tausend Leute an einer Online-Umfrage mitgemacht. Ich habe diese ausgewertet, gehe die Liste immer wieder durch und höre auch dort rein, wo nur zwei, drei verschiedene Leute einen Künstler, eine Künstlerin genannt haben.


Erforscht das «Gaswerk»-Team das Ausgehverhalten der Schwyzerinnen und Schwyzer? Wie ticken sie?


Das machen wir täglich – es ist schwierig. Manchmal buche ich etwas, und es kommen 30 Leute. An anderen Events in unserem Programm denke ich, ich bin froh um 50 Nasen, und es kommen 150. Das Publikum ist spontaner geworden. Mein Wunsch ist, dass es auch zu Unbekanntem ins «Gaswerk» kommt. Ich würde gerne Sachen buchen, von denen ich weiss, dass sie kommerziell nicht laufen. Würden aber mehr Leute auf die «Gaswerk»-Homepage gehen, sich das Video anschauen und, obwohl ihnen der Künstler unbekannt ist, zu uns kommen, dann könnte man kulturell vielfältiger fahren. Wir gehen eher dem Kommerz nach, weil das Schwyzer Publikum wenig probierfreudig ist.


Erstmals findet eine Breakdance-Battle im «Gaswerk» statt. Kommen Inputs für solche Events von aussen?


In diesem Fall kam die Anfrage von der Strumble Crumble Crew. Wir sind offen für alles, es muss nicht immer eine Party oder ein Konzert sein. Wir versuchen, auch anderes durchzuführen, und sind froh, wenn Leute etwas selber in die Hand nehmen und organisieren. Da helfen wir.


Was zieht mehr: eine megabekannte Band oder eine lokale, die viele Leute aus der Region kennen?


Beides kommt an, das ist gleichwertig. Eine regional bekannte Band kann ebenso viele Leute holen wie eine national bekannte. Die Leute kommen, wenn sie die Bandmitglieder kennen oder wenn sie einen Song den ganzen Tag im Radio hören.


Wie viel Zeit verschlingen die Büroarbeit und das Organisieren?


Seit wir die Geschäftsleitung auf drei Personen aufgeteilt haben, versuche ich, nur noch tagsüber im Büro zu sitzen. Geschätzte 90 Prozent entfallen auf das Eventmanagement, 30 Prozent auf die Geschäftsführung allgemein. Es ist, je nach Saison, ein 100- bis 200-Prozent-Job, weil man am Abend auch da und dort noch hilft.


Was gefällt Ihnen an Ihrem Job?


Die Abwechslung. Ich bin überhaupt kein Büromensch, doch einer muss es machen. Manchmal ist es reine Routine, manchmal sind es coole Events, die man anreissen darf. Ich sage jeweils: Wir haben hier einen grossen Spielplatz. Wir können machen, was wir wollen. Wir müssen uns einfach Mühe geben.


Sie sagten vorhin, Sie arbeiten je nach Saison 200 Prozent. Ist ein Verschleiss spürbar?


Extrem. Mitte Dezember freue ich mich plötzlich auf die Pause an Weihnachten. Dasselbe im Sommer. Zweimal im Jahr spüre ich das. Das ist natürlich eine Organisations- und Delegationsfrage. Ich versuche, dies immer besser zu machen. Fragen Sie mich in einem Jahr nochmals.


Welches sind Ihre persönlichen Highlights diesen Herbst?


Ich freue mich auf Zibbs und auch auf Brandhärd. Mit den Basler Hip-Hoppern kommt bei mir ein Jugendgefühl auf. Ich freue mich auch auf Marc Amacher, denn ich bin im Blues und Rock zu Hause. Crimer bringt seinen Achtzigerjahre- Sound in extrem guter Qualität. Es gibt so vieles, ich kann mich nicht festlegen.


Hören Sie sich die Konzerte an?


Ich bin kein Konzertgänger und nie vorne dabei. Beginnt das Konzert, bin ich da, erledige dazwischen aber andere Sachen und mache Fotos und Filmli. Ich höre kein Konzert von A bis Z. Meine grösste Freude ist, wenn ich am Ende vor der Tür stehe und sehe, dass die Leute mit einem Lachen rausgehen. Noch besser ist, mit einem Ohr zu hören, was sie vom Konzert gehalten haben.


Bringt es Ihnen etwas, dass Sie selber früher in einer Band Musik gemacht haben?


Anfangs ja, weil ich den gesamten Ablauf bereits kannte. Ich wusste, wie Musiker ticken, wie ein Soundcheck funktioniert. Umgekehrt spürt man, wenn jemand meine Seite nicht kennt. Beim Buchen zum Beispiel, wenn Bands keine Ahnung haben, was es heisst, eine Veranstaltung zu organisieren und zu finanzieren.


Welche Strategien und Ziele verfolgen Sie für die nächsten Jahre?


Mein Ziel wäre, einmal Hecht und Patent Ochsner im «Gaswerk» zu haben, ohne dass man den Eintrittspreis auf 150 Franken anheben müsste. Wir wollen auch in Zukunft unsere Linie weiterfahren, dies immer den Bedürfnissen des Publikums angepasst. Wir möchten das Ganze unter das Dach einer Kulturkommission bringen, damit wir weniger kommerziell fahren müssten und auch einmal etwas ins Programm nehmen könnten, von dem wir wissen, dass nur 50 Leute kommen statt die 350, die wir bräuchten. Damit wir das bieten können, sind wir auf Subventionen aus. Bisher erhalten wir für teils Projekte Unterstützung. Das ist zwar cool, auf die 150 bis 170 Anlässe im Jahr jedoch ein Tropfen auf den heissen Stein. Da bleiben wir dran.


Bote der Urschweiz / Silvia Camenzind

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Bote der Urschweiz

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Publiziert am

22.09.2018

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