Der alte Trafoturm beim Maihof in Schwyz.
Der alte Trafoturm beim Maihof in Schwyz.
Trafostationen – Hommage an eine Architekturform, die nicht mehr gebaut wird - 1

Literatur

Trafostationen – Hommage an eine Architekturform, die nicht mehr gebaut wird

Im Herbst 2013 ist das zweite Buch der Steinerin Yvonne Scheiwiller in Schwyz erschienen. Sie hat dafür während dreier Jahre in der ganzen Schweiz recherchiert und dabei industriearchäologische Ausflüge in den Beginn der Elektrifizierung der Schweiz gemacht, aber auch originelle Arten der Umnutzung für die hohen Gebäude mit kleiner Grundfläche gefunden.

Das Buch soll gluschtig machen, diese Kleinbaute bewusst wahrzunehmen. Wer weiss – vielleicht überlegt sich der eine oder die andere, selbst einen Trafoturm zu erwerben, um ihm ein zweites Leben als Wohnung, Liebesnest, Bibliothek, Bar, Fledermausrefugium, Bierbrauerei, Gedenkhalle oder Meditationsort zu geben.

Was sind Turmtrafos?

Turmtrafos sind hohe Kleinbauten mit wenig Grundfläche, die aus Stein, Backstein, Holz oder Beton, von 1890 bis 1950 erstellt worden waren. Der im Kraftwerk hergestellte Strom wird mit hoher – zum Transport geeigneter – Spannung bis zum Transformator geleitet und auf die vom Endverbraucher benötigten 230/400 V heruntertransformiert. An einer anderen Stelle verlässt der transformierte Strom den Transformator, um zum Endkonsumenten zu gelangen. Die Türmchenform ist heute nicht mehr nötig, weil die Schweiz zu einem grossen Teil verkabelt ist. Zu- und Wegführung erfolgen unterirdisch.

Noch hunderte alte Stationen

In der Schweiz gibt es noch hunderte von alten Trafostationen in der Form eines Türmchens oder „Drahthüsli“. Grundsätzlich gilt es, für die überflüssig gewordenen Trafotürme eine neue Nutzung zu finden. Viele Turmtrafos sind auch heute noch Transformatoren – allerdings hat der heutige Apparat in einem Bruchteil der oft grossen Gebäude Platz.

Umnutzung von Turmtrafos

Findige Leute haben andere Nutzungsmöglichkeiten für Turmtrafos gefunden. In einem Engadiner Internat ist dies heute der Kletterturm. In Möhlin und Bulle ist der Trafo der Mittelpunkt eines ganzen Einfamilienhauses und in Rapperswil sogar Firmensitz. Im Engelbergertal ist ein junger Mann daran, seinen grossen Trafo zu einem Liebesnest auszubauen. In Ottikon oder Chur dienen die originellen Gebäude als Gartenpavillons. In Schaffhausen, Andelfingen, Wädenswil, Rehetobel oder Bischofszell sind zahme und wilde Tiere in die hohen Gebäude eingezogen: Kaninchen, Fledermäuse, Vögel, Insekten, Blindschleichen. In Grenchen oder Huttwil entstanden darin Vereinslokale. In Läufelfingen ist der Trafo sogar Mittelpunkt eines Tierfriedhofs geworden und in Zürich wird darin Bier gebraut. Häufig dienen die Kleingebäude als Remise, Lager, Werbeträger oder WC, wie zum Beispiel in Pfaffhausen, Wangen bei Olten oder Scuol.

Das Umfeld von Turmtrafos

Interessant ist auch das Umfeld, in dem sich die Trafohäuschen befinden: oft auf dem Land, aber an Orten, die schon früh industrialisiert waren und heute in einen Dornröschenschlaf gefallen sind: alte Spinnereien, Webereien, Schokoladefabriken, Kammfabriken, Gerbereien, Carbidfabriken, Leimfabriken oder Hotelpaläste und sogar ein Gefängnis. Besonders turmtraforeich sind die ländlichen Gebiete des Kantons Zürich; Wald im Zürcher Oberland ist ein eigentliches Trafoparadies. Im Umfeld des Goetheanums gibt es sogar einen Anthroposophentrafo von Rudolf Steiner.

Turmtrafos im Kanton Schwyz

Im Kanton Schwyz sieht man an der Architektur der Häuschen, wer die Gegend elektrifiziert hat. In Freienbach steht ein Flaschentrafo B26 der Elektrizitätswerke des Kantons Zürich EKZ. Die eleganten Flaschen gibt es in der kleinen Version B6 und der grossen Version B26 sonst nur im Kanton Zürich. Flaschentrafos – aber aus Stein – gibt es erst wieder in Montreux. Der auf den ersten Blick befremdlich wirkende Trafo beim Bahnhof Einsiedeln ist aber ein typisches „modernes“ Beispiel der EKZ aus den 1930er Jahren. Der innere Kantonsteil ist von der CKW und dem EWS elektrifiziert worden. Die CKW sind mit wenigen, aber sehr typischen Trafos in Küssnacht vertreten: Typisch für die CKW sind die mächtigen Gebäude, der vierpässige Oculus (Ochsenauge in vierteiliger Blütenform) und das ausgebuchtete Türschloss. In Morschach steht der schlanke Trafo des Elektrizitätswerkes Altdorf. Das EBS hat keine Turmtrafos aufgestellt, ist aber seit der Gründung des „Eigenwerks“ selbst stolze Eigentümerin vieler solcher Kleinbauten, die noch vom EWS erstellt worden waren. Bei der Gründung des EBS war die hohe Zeit der Turmtrafos nämlich schon wie

Autor

SchwyzKulturPlus

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Kategorie

  • Literatur

Publiziert am

19.11.2013

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