Am 18. Februar präsentiert Beat Hüppin seinen ersten Roman «Talwasser». Bild Hans-Ruedi Rüegsegger
Am 18. Februar präsentiert Beat Hüppin seinen ersten Roman «Talwasser». Bild Hans-Ruedi Rüegsegger

Dies & Das

Wenn ein Tal geopfert wird

Innerthal 1917: Der Fortschritt verlangt nach Elektrizität, und eine Talschaft wird diesem Fortschritt geopfert. In seiner Familiensaga «Talwasser» erzählt der Wangner Beat Hüppin die Geschichte der fiktiven Familie Dobler, deren Mitglieder ganz unterschiedlich auf den Bau der Staumauer im Wägital und die drohende Umsiedlung reagieren.

Besorgt flickt Mutter Dobler das Hirtenhemd des Jüngsten und wartet auf ihren Mann, der mit zwei seiner älteren Söhne schon lange vom Holzen zurück sein sollte. Endlich hört sie die vertrauten Schritte. Nicht das Unwetter,das über das Wägital niedergegangen ist, hat die drei länger im «Aubrig» sitzen lassen, auch nicht das Kafi Schnaps. Im Gasthaus wurde erzählt, dass das Staumauerprojekt, von dem seit 20 Jahren die Rede war, weiter verfolgt würde.



Die Mamä seufzte. Nun also doch! Man hatte es schon so lange gewusst, auch wenn viele Talleute es nicht wahrhaben wollten. […] Nur zwei Fragen beschäftigten die Mamä noch. So fragte sie knapp: «Wann soll denn jetzt gebaut werden?» «Nächstes Jahr soll es vor die Bezirksgemeinde kommen, heisst es. Falls diese das Projekt bewilligt, soll daraufhin gleich eine Aktiengesellschaft gegründet werden, und damit wäre dann auch die Finanzierung geregelt», antwortete Dölf. «Und wir?», war die zweite Frage, die die Mamä stellte. «Ein paar Jährchen bleiben uns sicher noch, bis wir unser Muusloch aufgeben müssen. So schnell geht das nicht.»

Was wäre wenn …

Der Wangner Beat Hüppin, Latein- und Deutschlehrer an der Kantonsschule Ausserschwyz, versetzt in seinem Roman «Talwasser» die Leserinnen und Leser ins Wägital vor 100 Jahren. Am Beispiel der fiktiven Familie Dobler erzählt er, wie die Wägitaler mit der Tatsache umgingen, dass ihre Heimat im Wasser eines Stausees versinken sollte. «Ich bin in der March aufgewachsen und habe als Junge die Probealarme gehört», sagt Beat Hüppin. «Das regt die Fantasie an: Was wäre wenn…» Er schildert in seinem Roman das einfache Leben der Wägitaler, wie Touristen die Bergwelt entdeckten, wie das Staudammprojekt vorangetrieben, gesprengt und betoniert wurde, wie die erste Familie ihren Hof verlassen musste und wie fremde Arbeiter ins Tal kamen.

Muuslöchler

Der Bau der 66 Meter hohen Mauer in der Schräh gab auch Innerthalern Arbeit. So arbeiten auch Söhne des Muuslöchlers, wie Dobler genannt wird, beim Bau der Staumauer mit. Und Doblers Jüngste war gar im Lohnbüro angestellt. Der Muuslöchler versuchte permanent, den Buben ins Gewissen zu reden: «Wie könnt ihr nur an eurem eigenen Grab mitschaufeln helfen? Ihr arbeitet in diesem Werk mit, obwohl es euch von eurem Heimwesen vertreiben wird. Ihr solltet euch als Verräter fühlen!» Aber als das fühlen sie sich nicht. Xaver, Doblers Ältester, packt eine Gelegenheit und sichert sich ein Stück Land in Tuggen. Aber der alte Dobler weigert sich, sich mit dem Gedanken einer Umsiedlung auseinanderzusetzen.

Kein Zurück mehr

Am 9. August 1924, also nur drei Wochen nach der endgültigen Schliessung der Drosselklappen, war der Pegel schon so weit gestiegen, dass das Wasser beinahe die Kirchenmauern berührte. Jetzt gab es wirklich kein Zurück mehr, jetzt ging Alt-Innerthal endgültig unter. […] Auch als das Wasser das Muusloch erreicht, will der Muuslöchler sein Heimet nicht verlassen. «Iäch gou, wänn iäch wott. Zwingen kann mich auf jeden Fall niemand. Faaräd ab!», sagt er zu Vertretern der Gemeinde, die ihn abholen wollen. Schliesslich lässt er sich doch noch umstimmen undzieht zu Xaver auf den Doblerhof in Tuggen.

Vielschichtiges Gemälde

Beat Hüppin verfolgt die Geschicke der Dobler-Familie während drei Jahrzehnten, von 1917 bis über den Zweiten Weltkrieg hinaus. Er zeichnet mit «Talwasser» ein vielschichtiges Gemälde einer Gesellschaft und einer Familie im Wandel, über Fortschritt und Heimat, über Religion und Freiheit, letztlich über Leben und Tod. Hüppins Charaktere kommen lebendig rüber: Da ist der Muuslöchler mit dem harten Wägitaler Grind, dort der vernünftige, vorausschauende und verantwortungsbewusste Xaver, die strenggläubige Albertinä oder das quirlige, aufmüpfige Agneysli. «Ich plante die Charaktere nicht von Anfang an», sagt Hüppin, «zu sehen, wie sie sich während des Schreibens herauskristallisierten, war spannend.» Beat Hüppin spickt seinen Roman mit zahlreichen Wägitaler Ausdrücken. «Das drängte sich auf,

Autor

Höfner Volksblatt & March Anzeiger

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Kategorie

  • Dies & Das

Publiziert am

12.02.2016

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www.schwyzkultur.ch/ZftDvA