Musik
«… Macht mir den Himmel auf und schliesst die Hölle zu»
Am Samstagabend wurde in der Kirchgemeinde Höfe die «Johannespassion» aufgeführt. Das 300 Jahre alte und sehr berühmte Werk klingt erstaunlich frisch und leicht, ohne an Dramatik einzubüssen.
Die reformierte Kirche in Wilen war bis auf den letzten Platz besetzt, als Alexander Seidel zum Konzert begrüsste. Nicht viele Worte, nur dass die «Johannespassion » heute den Zyklus der österlichen Passionen abschliesst und dass die vorgetragene Fassung sehr selten wiedergegeben werde. Bach habe dieses Werk ein Jahr nach der Uraufführung umformuliert, es gebe keine autorisierte Originalpartitur.
Letzte Stunden eines Lebens
Bach richtete das Werk hauptsächlich am Evangelium des Johannes aus (Joh. 18 und 19). Das Vokalensemble Höfe und der Projektchor Höfe eröffneten je vierstimmig mit der Ankündigung, dass « … er für uns geopfert wird». Entlang dieser Leidensgeschichte vor den Toren Jerusalems singen Evangelist (Michael Mogl, Tenor), Jesus (Bastian Thomas Kohl, Bass), Pilatus (Jonathan Sells, Bass), und in zwei kurzen Soli Petrus (Samuel Reid Navarro) und die Magd (Marie Chapeau). Selbst wer die Ostergeschichte nicht kennt, oder wer sie nicht glaubt, wird durch die Musik gleich einem Sog in die bitteren und unmenschlich klingenden Schilderungen hineingezogen: Leiden, Schlagen, Marter, Sterben.
Ein Chor wie wogende Wellen
Das Orchester New Sagittarius Consort Zürich leistet ausdrucksvoll den Hauptpart. Ebenso machtvoll wogt der Chorgesang auf und nieder, oft in Frische und Leichtigkeit, bald schwer und dramatisch. Die barocken Musikinstrumente tragen auch die wunderbaren Arien in Alt (Annekathrin Laabs) und Sopran (Carmela Konrad), welche den Begriff Passion poetisch ausbreiten.
Was den Karfreitag begründet
Die intensiven Klänge erzeugen Bilder und Emotionen. Der erschütterte Jünger Petrus nach dem Verrat: «… und ging hinaus und weinete bitterlich »; der anschwellende Chorgesang: «Kreuzige, kreuzige», und später: «Weg, weg mit dem, kreuzige ihn.» Nein, es gab kein Entrinnen vor den jüdischen Hohepriestern für den tapferen Jesus, der in prophetischen Worten sein eigenes Ende ankündigte und bis zuletzt auch an seine Mutter dachte. Rund zwei Stunden dauert die «Johannespassion BWV245» von Johann Sebastian Bach. 40 Auftritte besingen das Leiden und der Tod des «Judenkönigs», an den bis heute Millionen Menschen glauben. Dieses Werk des Barockmeisters Bach ist nun 300 Jahre alt geworden. Und noch immer suchen Menschen nach Antworten: «Mein teurer Heiland », so Chor und Solist, «lass dich fra-gen, da du nunmehr ans Kreuz geschlagen. Und selbst gesagt: Es ist vollbracht. Bin ich vom Sterben freigemacht?» Kein Zweifel, dass diese Fragen nach dem ewigen Leben den Komponisten Bach (1685–1750) wohl täglich umgetrieben haben. Er hatte mehrere Kinder an den Tod verloren. Doch der glauben kann, hat es vielleicht einfacher: Er kommt zur hoffnungsvollen Einsicht – wie damals vor 300 Jahren wohl alle Christen: «Das Grab so euch bestimmet ist, so ferner keine Not umschliesst, Macht mir den Himmel auf und schliesst die Hölle zu», sangen die Chöre vor dem tosenden Schlussapplaus.
Höfner Volksblatt und March-Anzeiger / Johanna Mächler
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