Erwin Füchslin leitet die Let’s Go Big Band, die er vor dreissig Jahren zusammen mit Freunden gegründet hat. Foto: Magnus Leibundgut
Erwin Füchslin leitet die Let’s Go Big Band, die er vor dreissig Jahren zusammen mit Freunden gegründet hat. Foto: Magnus Leibundgut
Von Tuten und Blasen hat die Formation wahrlich eine grosse Ahnung: Die Let’s Go Big Band, wie sie leibt und lebt, an einem ihrer legendären Auftritte. Foto: zvg o
Von Tuten und Blasen hat die Formation wahrlich eine grosse Ahnung: Die Let’s Go Big Band, wie sie leibt und lebt, an einem ihrer legendären Auftritte. Foto: zvg o

Musik

«Wir sind unserem Stil dreissig Jahre lang treu geblieben»

Sie ist aus der Einsiedler Musikszene nicht mehr wegzudenken: Die Let’s Go Big Band. Am Samstag feiert die Formation ihren 30. Geburtstag. Der Bandleader Erwin Füchslin blickt zurück: «Es war auch in menschlicher Hinsicht fantastisch – wir hatten wenig Wechsel in der Band.»

Magnus Leibundgut: In vier Tagen geht das Jubiläumskonzert der Let’s Go Big Band über die Bühne. Gibt es noch Tickets für die Geburtstagsparty?


Erwin Füchslin: Da wir keinen Vorverkauf führen, gibt es nur Tickets an der Abendkasse – es gibt keine Reservationen.

Big-Band-Musik ist Liebhabermusik: Dementsprechend werden nicht Massen von Besucherinnen und Besuchern in das Kultur- und Kongresszentrum kommen.


Wir erwarten etwa 200 bis 300 Gäste. Wenn es einen grösseren Publikumsaufmarsch gibt, würde uns das natürlich riesig freuen.

Dreissig Jahre sind kein Pappenstiel: Haben Sie sich je im Traume vorstellen können, dass Ihre Band länger als drei Jahrzehnte Bestand haben könnte?


Ich habe nie daran gedacht, wie lange unsere Band existieren würde. Ich habe zumindest vor dreissig Jahren keine Pläne geschmiedet. Wir legten einfach los, und es entstand etwas Grossartiges. Wir haben in dieser langen Zeit zahlreiche Projekte erfolgreich über die Bühne gebracht, den Solisten Denise Steinegger, Marcel Friedrich, Edgar Schmid und Erwin Lorant eine Plattform geboten und sind mit Yasmine Meguid, Kent Stettler, Miriam Dee, Stefan Berger, Nadja Räss, Bonnie Jeanne Taylor, Renée Rousseau, Janet Dawkins, Christine Elisabeth Jaccard und Maja Brunner und vielen mehr aufgetreten. Es war vor allem auch in menschlicher Hinsicht fantastisch – wir hatten wenig Wechsel in der Band: Die Musiker sind wichtiger als meine Person.

Zusammen mit Freunden gründeten Sie im Jahr 1992 die Let’s Go Big Band. Haben Sie damals damit gerechnet, dass Sie einmal so erfolgreich sein würden?


Nein, nie und nimmer! Klar waren wir von Anfang an ehrgeizig, haben an uns und unseren Programmen gefeilt, wollten unsere Musik Schritt für Schritt weiter entwickeln. Aber der Hintergrund der Gründung der Band war ein ganz simpler: Wir liebten diese Musik und wollten hier in Einsiedeln auch solche Musik spielen. Ich war in dieser Zeit als Trompeter bei der Swiss Army Big Band unter der Leitung von Pepe Lienhard. Für mich war Pepe Lienhard ein grosser Meister, dem ich viel verdanke und der mich viel von diesem Handwerk gelehrt hat. Durch ihn konnte ich auch ein grosses Big-Band-Netzwerk aufbauen.

Wie hat sich der Sound der Let’s Go Big Band in den letzten drei Jahrzehnten gewandelt?


Wir sind unserem Stil dreissig Jahre lang treu geblieben und spielen vornehmlich traditionellen Swing. Big Bands kamen in den USA bereits in den 20er-Jahren auf und waren stilprägend für die Swing-Ära. Meine musikalischen Vorbilder waren Glenn Miller, Benny Goodman, Count Basie und viele mehr. Ich liebe ihre Musik! Wir sind aber offen für andere Stilrichtungen und spielen auch funkige, rockige, poppige und Latin-angehauchte Stücke. So sind wir daran interessiert, ein gemischtes, abwechslungsreiches Programm zu gestalten.

Welche Höhen und Tiefen hat Ihre Band in dieser Zeit erlebt?


Einer der Höhepunkte war ein Jubiläumskonzert, an dem wir an einem Abend sämtliche Solisten der letzten zehn Jahren präsentieren konnten. Legendär und unvergesslich waren die Kantonalbank-Konzerte, an denen wir zum Beispiel zwei Mal pro Tag vor 1300 Besuchern spielen konnten: Fantastisch, eine Stimmung wie ein einem grossen Stadionkonzert! Moralischer Tiefpunkt war derweil ein Konzert im Horgner Kongresshaus Schinzenhof, das wir gemeinsam mit einer bekannten Persönlichkeit bestritten hatten: Kaum achtzig Leute hatten das Konzert besucht, das ein richtiger Flop geworden ist und uns ein grosses Defizit beschert hat. Just dieses Defizit hat uns dann dazu bewogen, im Jahr 2005 einen Verein zu gründen. Ein schwerer Schlag für die Band war der grosse Verlust unseres Leadposaunisten Franz Kälin in diesem Juli, der am letzten Schultag vor den Sommerferien unerwartet verstorben ist.

Blasmusik hat es schwer in diesen Zeiten: Die Jugend bevorzugt andere Instrumente. Wie steht es um den Nachwuchs in der Let’s Go Big Band?


Wir haben das Glück, dass wir austretende Mitglieder unserer Formation immer wieder mit jüngeren Kräften ersetzen können. Wir haben in diesem Sinne weniger ein Nachwuchsproblem, wie es Blasmusikgesellschaften zum Teil haben. Jugendliche spielen in der Tat lieber Klavier und Gitarre statt Blasinstrumente. Das Leben ist vergänglich: Auch ich werde eines Tages den Bandleader-Posten weiterreichen. Hauptsache ist, dass die Band weiterlebt. Zurzeit ist das aber noch kein Thema aufzuhören. Wir reflektieren immer wieder gemeinsam, wie es weitergehen soll.

Wovon träumen Sie als Bandleader noch?


Ich sehe das Ganze realistisch und pragmatisch: Ich träume weniger davon, einen grossen Fernsehauftritt zu haben oder an Festivals aufzutreten. Viel wichtiger ist mir, dass wir ein gutes Team haben, gerne zusammenspielen, einen offenen Umgang leben in gegenseitiger Wertschätzung und in aller Freundschaft: Dass es menschlich stimmt und die Leute glücklich und zufrieden sind. Meine Vision ist: Dass die Band einen gelungenen Weg in die Zukunft findet und nach meiner Zeit weiterlebt.

Würden Sie gerne in den 50erund 60er-Jahre leben?


Ich hätte gerne in jener Zeit gelebt – nicht nur wegen der Musik, sondern auch wegen den Werten, die damals in der Gesellschaft gelebt worden sind. Ich vermisse die Beständigkeit in der heutigen Zeit, in der alles sehr kurzlebig ist und über die Bühne geht. Musikschüler geben heutzutage zu schnell auf und hängen ihr Instrument an den Nagel, wenn sich ihr Interesse auf etwas anderes verlagert. Sich auf die Musik und ein Instrument einzulassen, ist etwas aus der Mode geraten: Das ist schade.

Was zeichnet einen guten Bandleader und Musiklehrer aus?


Es braucht Einfühlungsvermögen und Sensibilität für diesen Beruf: Man sollte seine Schüler, Kinder wie Erwachsene, gerne haben. Es braucht eine Strategie und ein Rezept, um den richtigen Ton im Musikunterricht zu finden: Ein guter Musiklehrer sollte sich auf jeden einzelnen seiner Schüler individuell einstellen und ausrichten können, denn jeder Schüler ist verschieden, und das macht es auch so spannend. Man sollte seine Sprache den Schülern anpassen und eine Trickkiste parat haben, um die Leute für die Musik begeistern zu können. Wichtig ist auch, mit einer facettenreichen Literatur die Schüler abzuholen, die ihnen Freude bereitet.

Sie arbeiten als Musiklehrer, Dirigent und Musiker. Welchen Stellenwert geniesst die Let’s Go Big Band in Ihrem Leben?


Die Band hat einen sehr hohen Stellenwert in meinem Leben und ist ein Pfeiler meiner Tätigkeitsfelder. Ich bin überzeugt davon, dass, wenn ein Verein gut geführt wird, dieser auch Erfolg hat und gerade jüngere Leute anzieht. Es spricht sich herum, wenn in einer Band oder in einer Musikgesellschaft eine gute Stimmung herrscht. Das strahlt nach aussen.

Was erwartet das Publikum am Samstag, um 20 Uhr, im Kulturund Kongresszentrum Zwei Raben in Einsiedeln?


Es gibt ein tolles Feuerwerk an Big-Band-Musik, mit dem wir ein ganz spezielles 100-Jahr-Jubiläum feiern: Fünfzig Jahre Musikschule Einsiedeln, dreissig Jahre Let’s Go Big Band und zwanzig Jahre Swing4you. Nervös bin ich zwar nicht gerade, aber doch etwas angespannt, ob denn am Samstag alles klappen wird: Heute Abend findet die einzige gemeinsame Probe mit Swing4you statt. Es werden alte bekannte Titel aus den vergangenen dreissig Jahren, aber auch neue Titel extra für das Jubiläumskonzert zu hören sein. So werden wie gewohnt auch unsere bandeigenen Solisten ihre virtuosen Soli zum Besten geben.

Das Jubiläumskonzert geht am Samstag, um 20 Uhr, im Kultur- und Kongresszentrum Zwei Raben über die Bühne. Türöffnung und Begrüssungsapéro ab 19 Uhr. Eintritt dreissig Franken. Jugendliche unter 16 Jahre gratis.

Autor

Einsiedler Anzeiger

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Kategorie

  • Musik

Publiziert am

27.09.2022

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