Literatur
Es muss nicht alles in den Rahmen passen
Judith Keller führte die Besucher der Lesung im Schlossturm in Pfäffikon mit Kurz- und Kürzestgeschichten zum Puls von Menschen und Tieren, die sich in ihrer Umgebung eigenwillig eingerichtet haben.
Wenn Guido wählen könnte, würde er in seinem Leben alles noch einmal genau so machen, wie er es bereits gemacht hat. Denn er will auf keinen Fall etwas bereuen.» Oder: «Es kam ihr im Wald ein Löwe entgegen. Aber da sie nicht im Zoo war, beachtete sie ihn nicht.» Diese und Dutzende andere Kürzestgeschichten sind Beispiele von Judith Kellers literarischen Schreibens. Jeder Satz nimmt eine unerwartete Wende, oft mit feinem Humor ergänzt. Auch viel Tiefsinniges lässt sich entdecken. Im aktuellen Buch «Ein Tag für alle » sind zudem einige längere Texte zu finden. Ganze drei Seiten oder 4 .30 Minuten lang, dauert der Text «Ein gastliches Fell». Darin führen unglaublich viele Verstrickungen während einer Zugfahrt immer wieder zum nassen Fell eines Schafes, zu Ordnung, Unordnung und schliesslich zu dicken Krähen, die dem Boden den Meister zeigen.
Literatur der Bruchstücke
Schon zum dritten Mal wurde Judith Keller vom Verein Pro Schlossturm Pfäffikon zu einer Lesung am historischen Ort eingeladen. Regula Weber stellte die Autorin vor und moderierte den Gedankenaustausch mit dem Publikum. Judith Keller gab Einblicke in ihr Schaffen. In den Kurztexten kommen Menschen, Tiere und manchmal auch Gegenstände vor, die zuweilen ein unerwartetes Eigenleben entwickeln. «Literatur kann Ausdruck sein von Bruchstücken, die wir wahrnehmen », erklärte die Autorin am Beispiel von Tafeln in Wäldern, welche Wildtiere beschreiben. «Da fragte ich mich schon, wie die Tiere wohl uns Menschen sehen.»
Raum für neue Welten
Kellers Texte sprengen oftmals die üblichen Rahmen. «Der literarische Weg geht vom Wissen weg und lässt auch Raum offen für neue Welten.» So entwickeln denn einzelne Figuren immer wieder neue Gedanken – wie etwa das Schaf, das eine ganze Reihe von Verstrickungen ermöglicht. Oder Odile, die gerne schläft: «Gegen Abend fiel Odile in ein tiefes Schaf. Sie hängte es nicht an die grosse Glocke.» Judith Keller ist in Altendorf aufgewachsen und lebt jetzt in Zürich. Seit vier Monaten ist sie Mutter von Zwillingen. Für ihr literarisches Schreiben erhielt sie bisher mehrere Auszeichnungen und Preise sowie einen Werkbeitrag der Zentralschweizer Literaturförderung. Nach «Die Fragwürdigen » und «Oder» ist «Ein Tag für alle» das dritte Buch von Judith Keller im Rahmen der Textreihe «edition spoken script» des Verlags Der gesunde Menschenversand.
Höfner Volksblatt und March-Anzeiger / Frieda Suter
Autor
Höfner Volksblatt & March Anzeiger
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- Literatur
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