Musik
Sprungbrett für den Orchesternachwuchs
Es ist schade, wenn Jugendliche mit klassischer Musikausbildung das Instrument nach der Schulzeit beiseitelegen. Um ihnen eine Plattform zu bieten, wurde das Einsiedler Jugendsinfonieorchester (EJSO) gegründet. Das Bedürfnis ist da. Rund zwanzig Streicherinnen haben sich auf ihr erstes Konzert vorbereitet. Am Sonntagabend feierten sie Premiere.
Im Saal des Oekonomiegebäudes herrschte eine familiäre Atmosphäre. Die fünfzig bereitgestellten Stühle waren besetzt. Schon nach den ersten Takten von Antonio Vivaldis «Concerto per Archi in Sol minore RV 152» war klar, dass dieses junge Sinfonieorchester auf eine grosse Bühne gehört. Beschwingt und mit Leichtigkeit übertrugen die Streicherinnen Vivaldis virtuose Melodien auf das begeisterte Publikum.
Junge Männer sind willkommen
Der Barock-Komponist Vivaldi hatte in einem Mädcheninternat gearbeitet und Orchesterwerke für Mädchen geschrieben. Das passt, denn aktuell sind die Teilnehmenden ausschliesslich weiblich. Männliche Musiker sind jedoch herzlich willkommen. Die Gründungsidee des EJSO ist, jungen Streichern zwischen 14 und 25 Jahren eine Plattform zu bieten, um Erfahrungen für grosse Sinfonieorchester wie Wood and Metal Connection (WMC) oder den Orchesterverein (OVE) zu sammeln. Im Frühling 2025 wurde das Orchester auf Initiative der Musikschule und den obigen Vereinen gegründet. Geleitet wir das EJSO von Michi Mächler und Elisabeth Köstler. Vor den Sommerferien gab es für die Interessierten ein Treffen und nach zehn Proben und zwei Probevormittagen war die Formation bereits konzertreif. Glücklicherweise hat die Besetzung gleich gepasst, so dass der Klangausgleich gewährleistet ist. Die Stückwahl gefiel, die Motivation blieb konstant hoch. Vor dem Konzert meinte Michi Mächler: «Ein wenig Nervosität darf natürlich nicht fehlen, doch vor allem freuen wir uns auf die Premiere.»
Von Barock bis in die Moderne
Das «Minuetto e Trio» von Luigi Boccherini steckt voller melodischem Charme und klanglicher Raffinesse. Schelmisch zupften sich die Streicherinnen durch längere Passagen und weckten mit ihrer grandiosen Interpretation Erinnerungen an die Gaunerkomödie «Lady Killers». Von Benjamin Britten wurden Auszüge aus «Simple Symphony» gespielt. Damit alle Themen angespielt werden konnten, wurde das Stück neu arrangiert und als Uraufführung dargeboten. Das Werk basiert auf Kindheitserinnerungen von Britten und wurde im zwanzigsten Jahrhundert für Schulorchester geschrieben. Die vier Sätze kamen temperamentvoll daher, mal ungestüm, mal sentimental, langsam und schwer. Fantastisch war der 2. Satz ohne Bogen, jedoch durchgehend in spielerischem Pizzicato. Zum Schluss gab es etwas Rustikales und Schwungvolles von Béla Bartok, die rumänischen Volkstänze. Die Streicherinnen zeigten souverän, wie Volkstänze akkurat gespielt werden, ohne kitschiges Gefiedel.
Aus der Violine Klänge gezaubert
Die musikalische Leiterin des EJSO, Elisabeth Köstler, bereicherte das Konzert mit zwei Solostücken. Eines war vom schlesischen Barock-Musiker, Heinrich Ignaz Franz Biber. Er komponierte die sogenannten Rosenkranz-Sonaten für den Erzbischof von Salzburg. Jede der fünfzehn Sonaten hat ein Gebet des Rosenkranzes zum Thema. Bei der vorgetragenen Passacaglia waren die Flügelschläge des Schutzengels herauszuhören. Mit der Ciaconna von der Schweizerin Johanna Winkelmann gab es eine Kostprobe von moderner Musik, die gleichzeitig eine Uraufführung in Einsiedeln bedeutete. Das Stück ist technisch hochkarätig. Elisabeth Köstler hat auf bewundernswerte Art aus der Violine bisher unvorstellbare Klänge gezaubert und musikalisches Handwerk vom Feinsten vorgeführt.
Einsiedler Anzeiger / Anita Chiani
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Einsiedler Anzeiger
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