Dies & Das

Ist es der Hans oder nicht?

Der bärtige Mann thront stolz auf einem der schönsten Brunnen weit und breit. Ob es sich wirklich um den Namensgeber der Anlage handelt, ist nicht gesichert.

Man findet sie in vielen historischen Schweizer Städten, die prächtigen Renaissance-Brunnenanlagen mit einem stattlichen Mändel auf der Brunnensäule. In Zug gibt es zwei besonders erwähnenswerte Exemplare. Zum einen den um 1540 erbauten Kolinbrunnen auf dem gleichnamigen Platz der reich ausgestattete Pannerherr soll angeblich Peter Kolin zeigen – und zum anderen den sogenannten Schwarzmurerbrunnen auf dem Hirschenplatz. Wir nehmen hiermit Letzteren etwas genauer unter die Lupe. Auch seine Bezeichnung bezieht sich auf die Figur auf der Säule. Inwiefern der Bezug aber gefestigt ist, bleibt wohl wie auch beim Kolinbrunnen nie ganz gesichert. 


Beim geharnischten Mann soll es sich um einen gewissen Hans Schwarzmurer handeln. Der Mitte 15. Jahrhundert vermutlich in Zürich geborene Landsmann wird um 1496 und ab 1504 als Zuger Ratsherr und ab 1508 als Zuger Ammann erwähnt. In einem entsprechenden Eintrag vom Zuger Historiker Renato Morosoli im Historischen Lexikon der Schweiz wird Schwarzmurer als umstrittener Söldnerhauptmann bezeichnet sowie als bedeutender eidgenössischer Gesandter in der Epoche der ennetbirgischen Feldzüge in Oberitalien. Im Zuge der Einsetzung von Herzog Maximilian Sforza von Mailand um 1512 und beim Frieden mit Frankreich um 1516 soll Eidgenosse Schwarzmurer eine zentrale Rolle gespielt haben. Bereits zuvor aber hat er sich scheinbar militärisch verdient gemacht, namentlich in den Schlachten von Grandson und Murten im Jahre 1476.


Die Bezeichnung «Schwarzmurerbrunnen» ist eine von mehreren. Dass der bärtige Geselle der Zuger Ammann sein soll, ist insofern nicht gesichert, als das Wappen der Schwarzmurer auf dem Schild, das der Ritter hält, erst 1891 im Rahmen einer Erneuerung der Brunnenfigur aufgemalt wurde. Bis dahin nämlich zeigte der Schild das Zuger Wappen. Es kommt hinzu, dass der Brunnen in der Stadlin-Chronik als «Kronenbrunnen» bezeichnet wird. Ein historischer Eintrag nämlich besagt, dass der mann by dem cronenbrunnen um 1688 eine Hellebarde in die Hand erhalten habe. Dieser Name des Brunnens dürfte sich anscheinend auf das seit mindestens 1496 dort existierende Gasthaus Krone bezogen haben. Denselben Hintergrund hat die alternative Bezeichnung «Hir­schen­brunnen» der Platz heisst ja offiziell bis heute so. Hier scheint das einst östlich vom heutigen Brunnenstandort existierende Gasthaus Hirschen Pate gestanden zu haben – und nicht etwa der Hirschkopf im Wappen der Schwarzmurer, welches ja erst Ende des 19. Jahrhunderts auf dem Schild angebracht wurde. Als man die ganze Brunnenanlage im Jahre 1987 einer Restaurierung unterzog, wurde das Schwarzmurer- wieder mit dem ursprünglichen Zuger Wappen ersetzt.


Ob hier auf der Brunnensäule nun der tüchtige Hans Schwarzmurer stolz über den Platz schaut oder ein anderer edler Ritter die Renaissance-Anlage mit drei Wasserröhren ist ein herrlicher Zeitzeuge im alten Zuger Stadtbild. Der Luzerner Bildhauer Jörg Schlosser zeichnet verantwortlich für die in den Jahren 1548 und 1549 errichtete Säule und die Figur. Das grosse achteckige Brunnenbecken stammt aus der Barockzeit. Es wurde um 1700 von einem Sarmenstorfer Steinmetz aus Mägenwiler Kalkstein angefertigt.


Im Rahmen eines ab 1966 geplanten Ausbaus der Zeughaus- und Neugasse sowie der Neugestaltung des Hir­schen­platzes sollte der Schwarzmurerbrunnen verschoben werden, um dem Platz ein ästhetischeres Bild zu verleihen. Der Brunnen stand damals näher zur Neugasse und lag faktisch auf dem Durchgangsweg der Fussgänger. Im Jahre 1969 schliesslich wurde der Schwarzmurerbrunnen nach Osten an seinen heutigen Standort versetzt. Optisch mit Sicherheit ein Gewinn, bildet er so zusammen mit der Münz und dem Gloriettli ein historisches Ensemble. (Andreas Faessler)


HinweisMit «Hingeschaut!» gehen wir wöchentlich mehr oder weniger auffälligen Details mit kulturellem Hintergrund im Kanton Zug nach. Frühere Beiträge finden Sie unter www.zugerzeitung.ch/hingeschaut

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Zuger Zeitung

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Publiziert am

15.07.2015

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