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Der Meisterfälscher Beltracchi spricht über seinen genetischen Defekt
Der Anlass mit dem Künstler aus Meggen war schon lange ausverkauft. 280 Personen kamen in den «Waldstätterhof» in Brunnen.
Wolfgang Beltracchi kam am Donnerstag mit seiner Frau Helene nach Brunnen. Im bis zum letzten Platz ausverkauften Saal im «Waldstätterhof», das waren 280 Personen, flog dem Meisterfälscher Bewunderung entgegen. Der Künstler machte es den Leuten leicht, er war locker, spontan und sprach mit Schalk und Offenheit über sein Leben und die Kunst. Das Gespräch leitete René Scheu. Er erklärte eingangs, Wolfgang Beltracchi habe Werke gemalt, wie die Künstler sie gemalt hätten, wenn sie in Hochform gewesen wären. Er habe Lücken gefüllt. Bis eine Fälschung aufflog. 2010 kam es zum Gerichtsfall. Wolfgang und Helene Beltracchi wurden verurteilt. Heute haben sie sich eine neue Existenz aufgebaut und leben in Meggen, das Beltracchi als «den Gully der Schweiz» bezeichnet, weil es da so viel regne. Ein hoher Jugendstilsaal sei sein Atelier. Er lebe am schönsten See der Schweiz. Die Berge aber seien nicht sein Ding. Er male sie nicht, und er klettere nicht hinauf. Er werde in Meggen häufig angesprochen, aber immer nett. Wolfgang Beltracchi hat eine Gabe, er selber nennt es einen genetischen Defekt. Schaut er sich ein Bild an, erkennt er die Handschrift. «Ich assimiliere sie, ich sehe, wie ein Werk entstanden ist.» Beltracchi kann die Handschrift eines Künstlers, wie dieser den Pinsel führt, sofort erfassen. Was in Kunstschulen «Sehen lernen» heisst, das konnte er schon immer. Von 12 bis 17 Jahren lernte er viel, indem er seinem Vater, einem Kirchenmaler half. «Ich bin unter Engeln aufgewachsen», lacht der Künstler. An der Kunstschule habe er sofort realisiert, dass er malen könne. Dass andere dies nicht so gut könnten, teils habe er es besser gekonnt als die Professoren, das habe ihn ins Grübeln gebracht. «Was soll man da überhaupt?»
«Ein Bild muss gefallen, dafür kauft man es»
Thema waren auch der Kunstmarkt und das fabrikmässige Produzieren von Kunstwerken. Doch nur für wenige Bilder gibt es einen Markt. Tausende liegen in Lagern. Laut Beltracchi ist keine Anlage inflationärer als die Kunst. Er gab dem Publikum einen einfachen Tipp: «Man muss Kunst nicht bewerten. Ein Bild muss gefallen, dafür kauft man es.» Es gibt in Museen Bilder, offiziell von grossen Namen, in Realität aber von Beltracchi. Da gehe er jeweils zügig daran vorbei. Auf eine Frage aus dem Publikum, ob er an die Biennale in Venedig oder an die Art Basel gehe, sagte der Künstler: «Solche Veranstaltungen kann ich nicht besuchen, das gibt Stress.» Und auf die Frage, was er im Leben anders machen würde, wenn er könnte, sagte er: «Ich würde kein Titanweiss verwenden.» Es war die Farbe, wegen der seine Fälschung aufflog. Ansonsten gefiel ihm das Malen mit 30, und er findet es heute mit 74 noch toll. Im Anschluss an das kurzweilige Gespräch kauften die Leute Beltracchis Bücher und standen Schlange. Er signierte und unterhielt sich entspannt mit seinen Fans.
Bote der Urschweiz / Silvia Camenzind
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Bote der Urschweiz
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