Murat Temel und seine Kollegin Jennifer Furer arbeiteten nur zu zweit an dem grossen Projekt: «Es war viel Arbeit, aber das war es wert.» Bild: PD
Murat Temel und seine Kollegin Jennifer Furer arbeiteten nur zu zweit an dem grossen Projekt: «Es war viel Arbeit, aber das war es wert.» Bild: PD

Film

«Uns ging es oftmals schlecht»

Der 30-jährige Wollerauer Murat Temel drehte mit einer Kollegin einen Dokumentarfilm über den «Fall Rupperswil».

Alle Augen sind diese Woche auf einen kleinen Ort im Kanton Aargau gerichtet: auf Schafisheim, wo der Prozess des Vierfachmörders von Rupperswil, Thomas N., abgehalten wird. Seine Tat erschütterte vor rund zwei Jahren das ganze Land, man spricht von einem der schlimmsten Verbrechen der Schweizer Kriminalgeschichte. Eine Tat, die so unglaublich ist, dass zwei Journalisten der Zeitung «20 Minuten », Murat Temel und Jennifer Furer, die Geschichte zwei bis drei Monate vor dem Prozess noch einmal aufrollen wollten und beschlossen, einen Dokumentarfilm darüber zu drehen. Für Murat Temel, der in Wollerau aufwuchs, ein Herzensprojekt. «Die Arbeit an diesem Film wird mich durch meine ganze Karriere begleiten», ist sich Temel sicher. Nicht nur, weil er als Videojournalist den ersten Dokumentarfilm von «20 Minuten» drehte und somit ein bisschen Zeitungsgeschichte schrieb, sondern auch weil man eine solche Geschichte schlicht «niemals wieder vergessen kann».


Sich gegenseitig therapiert


Murat Temel und seine Kollegin beschäftigten sich während Wochen sehr intensiv mit dem Fall. «Manchmal sass ich bis Mitternacht im Büro, um am Videoschnitt zu arbeiten», so der 30-Jährige. Es sei ihm sehr wichtig gewesen, dass der Film gut ankomme – vor allem, weil das Thema so viele Menschen bewege. Die beiden Journalisten interviewten für den rund 26-minütigen Film unter anderem den Gemeindepräsidenten von Rupperswil, einen leitenden Arzt der forensischen Psychiatrie und gar eine Augenzeugin, die Carla Schauer sah, als sie das Geld auf der Bank besorgte. Aber wie schafft man es, dass einem das Ganze nicht zu nahe geht? «Als Journalist muss man schon versuchen, eine gesunde Distanz zu wahren. Das war in diesem Fall aber sehr schwierig», sagt Murat Temel, der inzwischen in Zürich lebt. Es sei ein sehr komisches Gefühl gewesen, in Rupperswil zu drehen. «Wir gingen mit viel Respekt an die Sache. Uns war es sehr wichtig, den Leuten im Dorf nicht zu nahe zu treten.» Auch vor dem Haus der getöteten Familie zu stehen, sei erdrückend gewesen, «wenn man sich vorstellt, was dort drin passiert ist». Es ging den beiden also doch nahe. «Ja, so etwas nimmt dich schon mit. Uns ging es oftmals ziemlich schlecht», gibt Temel zu. «Aber wir haben viel miteinander geredet, uns somit sozusagen gegenseitig therapiert und geholfen.»


Hautnah mit dabei


Am Dienstagmorgen, als der Prozess gegen den Mörder Thomas N. begann, war Murat Temel in Schafisheim vor Ort. «Es herrschte eine angespannte Atmosphäre », so Temel, der inzwischen seit zehn Jahren Filme dreht. «Nur schon zu wissen, dass der Mörder in der Nähe ist, war ein komisches Gefühl.» Auch er habe die brutale Anklageschrift gelesen, wo unter anderem der Missbrauch am 13-jährigen Davin detailliert beschrieben ist. «Etwas vom Schlimmsten, was ich je gelesen habe.» Murat Temel wünscht sich, dass der Täter nie mehr in die Gesellschaft zurückkehren darf. Für seinen Film erhielt er viel positives Feedback. Der Dokumentarfilm wurde bereits rund 300 000 Mal geschaut. Eine Zahl, auf die der Videojournalist stolz ist: «Es war wirklich viel Arbeit. Das zeigt, dass es sich gelohnt hat.» Es sei ein kleiner Traum für ihn in Erfüllung gegangen, dass er seinen ersten Dokumentarfilm drehen durfte. Seine Passion hat der ehemalige Höfner im Filmemachen gefunden. Er wurde auch schon für einen Kurzfilm, den er gedreht hat, ausgezeichnet. «Man hat mir immer das Gefühl gegeben, ich könne nichts erreichen. Ich wollte allen das Gegenteil beweisen.» So wechselte er von der Real- in die Sekundarschule, von da aus ging er an die Kantonsschule in Pfäffikon und studierte schliesslich an der Universität Zürich, wo er seine Leidenschaft für die Filmwelt entdeckte. «Mein Traum wäre es, irgendwann einen Spielfilm zu drehen.» Bis dahin sei er aber mit seinem Job mehr als zufrieden: «Ich finde es schön, dass man mit Filmen etwas in den Menschen auslösen kann.»


Höfner Volksblatt und March-Anzeiger / Jamina Straub

Autor

Höfner Volksblatt & March Anzeiger

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Kategorie

  • Film

Publiziert am

16.03.2018

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