Der Filmer Franz Kälin jun. (rechts) und sein Protagonist Jimmy Lienert (links).
Der Filmer Franz Kälin jun. (rechts) und sein Protagonist Jimmy Lienert (links).
Der Filmer und sein Protagonist - 1
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Der Filmer und sein Protagonist - 1

Film

Der Filmer und sein Protagonist

Franz Kälin junior drehte mit und über Christian «Jimmy» Lienert den Film «Der Förster und St. Benedikt»

Warum ein Film über Jimmy? Diese Frage kann Franz Kälin nicht abschliessend beantworten. Sein Protagonist erwies sich aber als Glückstreffer, denn Jimmy stellte sich als wunderbarer Erzähler heraus. Ab Freitag kann man in der Cineboxx diesen Erzählungen zuhören und zusehen.

Schon seit vier Jahren begleitet Franz Kälin die Idee eines Films über Jimmy Lienert: «Ich überlege oft, was es in Einsiedeln Interessantes für einen Film gäbe. Meistens springen mich die Ideen irgendwie an. So auch bei Jimmy. Eines Tages im 2019 lief ich bei Schneefall am Atelier von Jimmy vorbei, es hatte noch Licht und da war für mich klar: Jimmy und seine Kunst wären ein perfektes Thema! Also ging ich gleich rein und erzählte ihm von meiner Idee. Aber er war gar nicht begeistert …» Daran erinnert sich auch Jimmy: «Hör uuf! Meinte ich zu Franz und sagte ihm ab, denn ich stehe nicht so gerne im Mittelpunkt. Aber er liess nicht locker und hakte ein paar Mal nach …»

Er musste überredet werden …

Und Franz’ Hartnäckigkeit zahlte sich aus. Denn Jimmys Frau und einige Freunde konnten diesen schliesslich doch zur Zusammenarbeit überreden. «Und ich bin froh, habe ich ein Jahr nach der Anfrage zugesagt!», meint Jimmy heute. Die beiden verstanden sich sehr gut und es entwickelte sich eine Freundschaft. Die Dreharbeiten liefen von Anfang 2021 bis Ende 2022. Unzählige Male trafen sich die beiden, woraus etwa fünf Stunden Gesprächszeit resultierten und viele Aufnahmen von Jimmys Arbeit entstanden. Aus den Erzählungen von Jimmy ergab sich der Inhalt des Filmes. Und Franz hat-te Glück: Jimmy hat eine interessante Familiengeschichte zu erzählen, das war Franz im Vorfeld nicht bewusst. Und so war schnell klar: Aus den geplanten 20 Minuten über das künstlerische Schaffen von Jimmy ergibt sich etwas Grösseres. «Ich hatte im Vorfeld kein Drehbuch, Jimmy war mein Drehbuch! Als wir begannen, merkte ich schnell, wie gut er erzählen kann. Er ahmt Personen nach, was sehr wertvoll ist», erinnert sich Franz an die spannende Drehzeit. Aufgrund der tollen Erzählweise brauche es auch keine Erzählerstimme. Ausser einem Interview mit Jimmys zwei älteren Schwestern kommt nur der Protagonist selbst im Film vor. Nicht einmal die Fragen von Franz hört man. Es scheint, als erzähle Jimmy alles dem Publikum selbst.


Ein-Mann-Produktion



Fertig geschnitten wurde der Film Mitte Februar und es wurde ein 90-minütiger Film daraus. «Es fielen viele gute Szenen dem Schnitt zum Opfer. Aber das ist ein gutes Zeichen für den Inhalt des Filmes und zeigt, dass ich genug Material habe», meint Franz. Nach den letzten kosmetischen Eingriffen ist der Film nun bereit fürs Publikum. «Franz und ich haben uns sehr gut verstanden und tolle Gespräche geführt. Es war wahnsinnig spannend, die ganzen Dreharbeiten hautnah mitzuerleben», schaut Jimmy zurück. Wie es zum Titel kam, daraus macht Franz noch ein Geheimnis: «Das bezieht sich auf eine der Geschichten im Film, mehr sei hier noch nicht verraten …» Das Hauptthema des Films sei ganz klar Jimmy als Künstler – oder einfach als Mensch. Vieles habe sich so ergeben während den Gesprächen. Im Anschluss hat Franz einige Episoden filmisch umgesetzt und zum Teil auch nachgestellt. Ansonsten wirken einfach die Erzählungen von Jimmy.


Der 19. Film von Franz Kälin



Seit 1982 dreht Franz Kälin Filme. Und immer wieder sind Einsiedeln und seine Bewohner das Hauptthema. Auch fürs nächste Projekt hat er schon wieder Ideen: «Zurzeit arbeite ich an einem Spielfilmprojekt zusammen mit Roli Ochsner. Wir wissen aber noch nicht, ob es zustande kommt.» Warum seine Themen so gut funktionieren? «Ich weiss es nicht! Vermutlich, weil die Filme regional sind. Und ich es aus Leidenschaft mache, was man sicher spürt», daher brauche er auch keinen Ausgleich zu seiner Arbeit – schliesslich empfinde er seinen Beruf als Filmemacher als Berufung, praktisch als Hobby. «Und ich mache es so, wie ich Lust und Freude habe, daher wirken meine Filme ungekünstelt », erzählt der 61-Jährige. Trotzdem oder gerade deshalb sind seine Filme sehr professionell gemacht. Und stammen aus einer Hand – Franz Kälin übernimmt auch die ganze Nachbearbeitung des Filmes selber. «Einerseits ist das eine Kostenfrage und andererseits kann ich es einfacher umsetzen, wie ich es mir vorstelle. Das Projekt mit Jimmy bot sich sogar an, es ganz alleine zu realisieren. Der Vorteil dabei: Jimmy vergass die Kamera und erzählte einfach drauflos.» Zum Glück arbeitet Franz immer so, dass er zuerst die Kamera installiert und erst danach mit dem Protagonisten spricht. So verpasst er nichts. Er mache diese Arbeit einfach wahnsinnig gerne und hatte grosse Lust auf dieses Projekt. Einzig das Plakat hat er nicht selber erstellt, da half ihm sein Neffe Michael Birchler. Was bei den Gesprächen der beiden herausgekommen ist, sieht auch Jimmy an der Premiere diese Woche zum ersten Mal, zusammen mit rund 200 weiteren geladenen Gästen. Etwas mulmig ist ihm schon, sich bald so gross auf der Leinwand zu sehen. Aber er freut sich sehr darauf, den Film auch endlich zu sehen. Für die Öffentlichkeit läuft er dann ab Freitag – voraussichtlich ausschliesslich in der Cineboxx, im «Hauskino» des Einsiedler Filmemachers Franz Kälin. Auf Ende Jahr ist eine DVD geplant, worauf noch viele Extraszenen zu sehen sein werden. 

Einsiedler Anzeiger / Angela Suter

Filmografie Franz Kälin junior



Warum gerade ich?
1982, Fiction, 82 min, S-8

Pflichtbewusst
1983, Short Fiction, 7 min, S-8

Absolut Normal
1984, Fiction, 90 min, 16 mm

Eiskalte Begegnung
1984, Sport Action, 27 min, 16 mm

Quality Time
1985, Sport Action, 29 min, 16 mm

Missverständnis
1985, Short Fiction, 5 min, 16 mm

Die Strassenflieger
1986, Fiction, 70 min, 16 mm

Telephon
1987, Short Fiction, 8 min, 35 mm

Rammpass
1990, Fiction, 86 min, 35 mm

Holz schläike mid Ross
1991, Documentation, 33 min,
16 mm, mit Karl Saurer

Die Klostermühle in Schwyz
1993, Documentation, 26 min,
16 mm, mit Horst Züger

Örgelidokter
1996, Documentation, 42 min, 16 mm

Turpäland
2001, Documentation, 90 min, 35 mm

Im Schatten der Madonna
2013, Documentation, 90 min,
DCP, mit Benno Kälin

Larvenschnitzer Sepp Birchler
2016, Documentation, 13 min, DCP

Foti Fränzel
2016, Documentation, 93 min,
DCP, mit Benno Kälin

Von Mönchen und Pilgern
2017, Documentation, 45 min,
DCP, mit Benno Kälin

Schindlemacher
2020, Documentation, 40 min, DCP

Der Förster und St. Benedikt
2022, Documentation, 90 min, DCP

Autor

Einsiedler Anzeiger

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Kategorie

  • Film

Publiziert am

28.02.2023

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www.schwyzkultur.ch/YuBhMp